Rz. 45
Gemäß § 117 WpHG i. V. m. § 115 Abs. 2 Nr. 3 WpHG (bis 2.1.2018 §§ 37y und 37w WpHG) hat ein Halbjahresfinanzbericht wie ein Jahresfinanzbericht eine den Vorgaben des § 264 Abs. 2 Satz 3 HGB und des § 289 Abs. 1 Satz 5 HGB entsprechende Erklärung zu enthalten. Bei dieser Erklärung handelt es sich um die sogenannte "Versicherung der gesetzlichen Vertreter", die auch kurz als Bilanzeid bezeichnet wird. Dabei hat sich der europäische Normengeber insbesondere von dem US-Amerikanischen Sarbanes-Oxley Act 2002 leiten lassen. DRS 16.56 enthält den entsprechenden Text, den die zur Zwischenberichterstattung verpflichteten Gesellschaften im Halbjahresfinanzbericht übernehmen sollten. Da dem Adressaten der Zwischenberichterstattung in der Regel nicht sämtliche gesetzlichen Vorschriften geläufig sind, trägt die Beschränkung der Versicherung der Geschäftsführung nur auf den Halbjahresfinanzbericht eher zur Verwirrung bei, als dass diese zusätzliches Vertrauen – wie von den Normengebern eigentlich beabsichtigt – schafft. Gerade, wenn der Emittent sich für eine Quartalsberichterstattung entscheidet oder er dazu aufgrund von Zulassungsfolgepflichten einzelner Börsensegmente verpflichtet ist, sollte diese nach Ansicht des Verfassers auch den Text des Bilanzeides wie bei einem Halbjahresfinanzbericht enthalten.
Rz. 46
Da bereits in der Vergangenheit die gesetzlichen Vertreter die Verantwortung für die externe Unternehmensrechnung trugen, darf die Sinnhaftigkeit der Versicherung der gesetzlichen Vertreter (Bilanzeid) jedoch bezweifelt werden. Nach bestem Wissen muss der gesamte Vorstand versichern, dass der Konzernzwischenabschluss ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens bietet. Das Gleiche gilt auch für den innerhalb der unterjährigen externen Rechnungslegung hinzugekommenen Zwischenlagebericht. Darüber hinaus erstreckt sich die Versicherung auch auf die Angabe sowie die Darstellung der wesentlichen Chancen und Risiken der voraussichtlichen Geschäftsentwicklung des Unternehmens. Gerade der letzte Teil erweist sich dabei als problematisch, da es sich hierbei um Prognosen handelt. Die Formulierung "nach bestem Wissen" beschränkt eventuelle Strafen grundsätzlich nur auf vorsätzliches, nicht dagegen auf fahrlässiges Handeln des Vorstands bei der Abgabe der Erklärung. Durch die Beschränkung der Erklärung auf das Wissen des Vorstands geht die Wirkung grundsätzlich nicht weiter als bei der Unterzeichnung des Jahresabschlusses nach § 245 HGB. Dabei können bestimmte Fehler nach § 334 Abs. 1 HGB als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Auch Straftaten kommen nach § 331 HGB in Betracht, die mit Freiheits- oder Geldstrafe bewährt sind. In diesen Fällen ist der Jahresabschluss regelmäßig nichtig. Entsprechendes gilt nun wohl auch für die Halbjahresfinanzberichterstattung von Inlandsemittenten. Somit kommt dem sogenannten Bilanzeid im Ergebnis mehr eine Signalfunktion denn einer materiellen Verschärfung der bereits in der Vergangenheit bestehenden gesetzlichen Bestimmungen zu.
Rz. 47
Die Erklärung der Geschäftsführung zur Rechnungslegung, die zumindest für den Halbjahresfinanzbericht verpflichtend ist, geht nach deutschem Recht weiter als von der EU-Transparenzrichtlinie vorgegeben. Denn in Deutschland schließt der sogenannte Bilanzeid die Richtigkeit und Vollständigkeit der wesentlichen Chancen und Risiken nach der unter Wissensvorbehalt stehenden Beurteilung des Vorstands mit ein.
Rz. 48
Weder die Regelungen in den §§ 115 ff. WpHG (bis 2.1.2018 § 37w WpHG) noch DRS 16 schreiben ausdrücklich die Unterzeichnung des Zwischenberichts durch den Vorstand vor, wie es § 245 HGB für den Jahresabschluss tut. Das Gleiche gilt auch für Zwischenberichte nach IAS 34. Die Unterzeichnung des Zwischenberichts durch den Vorstand wird jedoch durch die Verfasser empfohlen, denn was ist ein Bilanzeid ohne ausdrückliche Autorisierung durch die Verantwortlichen wert? Dies kann zusätzlich auch als vertrauensbildende Maßnahme gegenüber dem Kapitalmarkt gesehen werden.