ESRS G1: Governanceaspekte


Was regelt ESRS G1?

Der EU kommt es mit der Nachhaltigkeitserklärung darauf an, das unternehmerische Verhalten in Richtung einer klimaneutralen, umweltschützenden und sozial den Menschenrechten entsprechenden Steuerung zu wandeln. Daher kommt der Verankerung der Nachhaltigkeitsaspekte in die Steuerungs- und Überwachungssysteme von Unternehmen auch eine besondere Bedeutung zu.

Die Bereiche Umwelt und Soziales betrachten die einzelnen Nachhaltigkeitsaspekte teilweise sehr kleinteilig und verlangen detaillierte Offenlegungspflichten. Diese unterliegen jedoch einer sehr ermessensbehafteten Einschätzung der Wesentlichkeit. Daher ist als zusammenhaltende Klammer die Berichterstattung über die Berücksichtigung der Aspekte auch in der Corporate Governance eine notwendige Ergänzung.

Unter Corporate Governance werden Systeme zur Unternehmensführung und deren Überwachung verstanden. Zudem kann die Glaubwürdigkeit der Informationen in der Nachhaltigkeitserklärung durch ergänzende Informationen über den im Unternehmen und insbes. in der Unternehmensführung gelebten Umgang mit Nachhaltigkeitsaspekten gesteigert werden.

Die EU hat die Angaben zur Governance aufgeteilt.

  • Einerseits finden sich diese als stets berichtspflichtige Passagen in den allgemeinen Angaben des ESRS 2 (Kapitel 3),
  • andererseits im ESRS G1, wobei hier grds. der Wesentlichkeitsvorbehalt gilt.

Inhalt des ESRS G1

Im ESRS G1 wurden auch Berichtspflichten integriert, die nach bereits bestehenden EU-Vorgaben notwendig sind, etwa aus der Finanzmarktregulierung (Verordnung (EU) 2019/2088 über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor) oder der Richtlinie (EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung.

Allerdings divergieren die Anwenderkreise und es gibt auch einige Angabepflichten, die so bislang noch nicht gefordert wurden, wie die Aufzählung verdeutlicht:

  • Allgemeine Offenlegung
    • GOV-1-G1: Die Rolle der Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane
    • IRO-1-G1: Beschreibung der Verfahren zur Ermittlung und Bewertung wesentlicher Auswirkungen, Risiken und Chancen (P)
  • Management von Auswirkungen, Risiken und Chancen
    • G1-1: Strategien in Bezug auf Unternehmenspolitik und Unternehmenskultur
    • G1-2: Management der Beziehungen mit Lieferanten
    • G1-3: Verhinderung und Aufdeckung von Korruption und Bestechung
  • Parameter und Ziele
    • G1-4: Bestätigte Fälle von Korruption und Bestechung (VO (EU) 2019/2088)
    • G1-5: Politischer Einfluss und Lobbying-Aktivitäten
    • G1-6: Zahlungspraktiken


Durch die Verlagerung einiger zentraler Informationen in ESRS 2 sind die ergänzenden Passagen vergleichsweise kurz. Zunächst werden im Zusammenhang mit den allgemeinen Abgaben des ESRS 2 mit ESRS 2 GOV-1 die Beschreibung der Rolle der Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane sowie mit ESRS 2 IRO-1 eine themenbezogene Beschreibung der Verfahren zur Ermittlung und Bewertung wesentlicher Auswirkungen, Risiken und Chancen verlangt. Dies ist – bei Wesentlichkeit – zu ergänzen um Informationen zur Unternehmenskultur und zum Geschäftsgebaren. Diese weisen einen großen Überschneidungsbereich mit der allerdings nur von kapitalmarktorientierten Unternehmen zu erstellenden Erklärung zur Unternehmensführung nach § 289f HGB auf.

Auffällig ist eine starke Fokussierung auf größere Unternehmen, da etwa eine GmbH unter 500 Mitarbeitenden gar keinen Aufsichtsrat zu bilden hat, so dass die Berichterstattung hier – wenn sie nicht ohnehin aufgrund fehlender Wesentlichkeit vermieden werden kann – sehr lückenhaft sein dürfte. Des Weiteren werden die in der CSRD geforderten Angaben zum Management der Beziehungen zu Lieferanten in ESRS G1-2 detailliert aufgegliedert gefordert. Ansonsten ist diese relevante Stakeholder-Gruppe in den themenspezifischen ESRS nur bzgl. der Mitarbeitenden in der Lieferkette direkt im Fokus von Angabepflichten. Allerdings finden sich für Mitarbeiter, betroffene Gemeinschaften oder Verbraucher und Endnutzer – jeweils unter dem Wesentlichkeitsvorbehalt –Angabepflichten in eigenen themenspezifischen Standards, wobei das Überspringen der Kunden als Stakeholder-Gruppe anzumerken ist.

Verhinderung und Aufdeckung von Korruption und Bestechung

Flankiert werden diese Angaben um die Bemühungen zur Verhinderung und Aufdeckung von Korruption und Bestechung (ESRS G1-3) sowie um Vorfälle in Bezug auf Korruption oder Bestechung (ESRS G1-4). Diese zeigen auf, wie im Unternehmen und in der Wertschöpfungskette die Governance gelebt wird. Abgerundet werden die stets nur bei Wesentlichkeit nötigen Angabepflichten um Informationen zur politischen Einflussnahme und Lobbytätigkeiten (ESRS G1-5) sowie zu Zahlungspraktiken (ESRS G1-6). Beide basieren auf Richtlinien der EU, die etwa mit dem Transparenzregister oder länderspezifisch umgesetzt wurden. Thematisch hätten die Zahlungspraktiken des Unternehmens mit Blick auf die Lieferanten auch mit dem Management der Lieferantenbeziehungen zusammengebracht werden können.

Offenlegung der Zahlungspraktiken

Besonders überraschend erscheint die letzte Offenlegungspflicht zu den Zahlungspraktiken, wo es um Folgendes geht:

  • die durchschnittliche Zeit, die das Unternehmen benötigt, um eine Rechnung zu bezahlen, in Tagen,
  • Angaben zu den standardmäßigen vertraglichen Zahlungsbedingungen des Unternehmens in Tagen für Käufe und Verkäufe von erbrachten Produkten oder erbrachten Dienstleistungen,
  • ergänzende Informationen, die für einen ausreichenden Kontext erforderlich sind (ESRS G1.33).

Hintergrund ist, dass Unternehmen nicht ihre Marktmacht ausnutzen sollen, um ihr Working Capital zu Lasten der Geschäftspartner zu optimieren. Allerdings erscheint es doch sehr fraglich, ob diese aggregierten Angaben dafür sinnvoll sind.

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Schlagworte zum Thema:  ESRS, CSRD, Nachhaltigkeitsberichterstattung