Coronavirus im Lagebericht 2019/2020 und 2020 nach HGB
Im Lagebericht haben die gesetzlichen Vertreter ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild des Geschäftsverlaufs (einschl. des Geschäftsergebnisses) und der Lage der Gesellschaft zu vermitteln. Dabei konkretisiert DRS 20 die Prinzipien der Lageberichterstattung dahingehend, dass der Lagebericht
- vollständig,
- verlässlich und ausgewogen,
- klar und übersichtlich,
- wesentlich,
- informationsabgestuft nach den spezifischen Gegebenheiten des Unternehmens sein muss und
- die Sicht der Unternehmensführung zu vermitteln hat.
Lagebericht: Berichterstattung mit zukunftsorientiertem Charakter
Dabei ist die Berichterstattung grundsätzlich auf den Stichtag der Bilanz abzustellen. Durch den eher zukunftsorientierten Charakter aufgrund der Notwendigkeit der Darstellung der wesentlichen Chancen und Risiken, die in der Zukunft die Geschäftstätigkeit des Konzerns voraussichtlich bestimmen werden, wird dieser Grundsatz aber aufgeweicht, sodass noch bis zur Aufstellung nötige Anpassungen vorzunehmen sind (s. Beitrag „Coronavirus im Lagebericht nach HGB – Einflüsse auf die Prognose- und Risikoberichterstattung“). Je weiter das Geschäftsjahr in das Kalenderjahr 2020 reicht, umso mehr wird sich die nötige Berichterstattung über die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf das Unternehmen auch in den Bereich der Beschreibung des Geschäftsverlaufs und der Lage der Gesellschaft verschieben.
Auswirkungen auf den eigenen Geschäftsverlauf
Das Herzstück der Lageberichterstattung stellt der Wirtschaftsbericht nach § 289 Abs. 1 HGB dar. In diesem sind zunächst die gesamtwirtschaftlichen und branchenbezogenen Rahmenbedingungen darzustellen und dann die Brücke zu den konkreten Auswirkungen auf den eigenen Geschäftsverlauf darzustellen. Schon hier wird der Adressat eine intensive Berichterstattung über die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf das konkret berichtende Unternehmen erwarten, da hier ein Überblick über die Entwicklung des Konzerns im Berichtszeitraum und die wirtschaftliche Lage des Konzerns am Abschlussstichtag gefordert wird. Die Darstellung, Analyse und Beurteilung des Geschäftsverlaufs hat mit zeitraumbezogenen Informationen über die Geschäftstätigkeit im Geschäftsjahr zu erfolgen. Dazu ist auf Entwicklungen und Ereignisse einzugehen, die für den Geschäftsverlauf ursächlich waren, sowie deren Bedeutung für das Unternehmen zu beurteilen.
Beschreibung der Lage der Gesellschaft
Hinsichtlich der Lage ist zu unterteilen in die Erfolgs-, Finanz- und Vermögenslage.
Bei der Erfolgslage ist einzugehen auf die Ergebnisentwicklung, die Ergebnisstruktur (abgebildet z. B. durch Strukturkennzahlen) und die wesentlichen Ergebnisquellen. Das Ergebnis ist in betriebliches und betriebsfremdes Ergebnis aufzuteilen; gleichzeitig müssen geschäftsgewöhnliche und ungewöhnliche oder nicht wiederkehrende Ergebniskomponenten voneinander getrennt quantifiziert werden, was eine Verbindung zu den im Anhang nach § 285 Nr. 33 HGB anzugebenden außergewöhnlichen Erträgen und Aufwendungen herstellt (s. „Coronavirus im Anhang 2019/2020 und 2020 nach HGB“). Schon einige der in DRS 20.75 exemplarisch genannten Faktoren der Analyse deuten auf eine häufig zu erwartende enge Verknüpfung mit den Folgen der Corona-Pandemie:
- Wirtschaftlichkeit der Leistungserstellung, Kapazitätsauslastung, Rationalisierungsmaßnahmen, Qualitätssicherung,
- Personalkosten und deren erwartete Entwicklung,
- Inbetriebnahme und Stilllegung von Produktionsanlagen oder Standorten.
Die Berichterstattung über die Finanzlage soll Aufschluss über die zukünftigen finanziellen Verhältnisse des Unternehmens geben. Dazu sind Kapitalstruktur, Investitionen und Liquidität darzustellen, zu analysieren und zu beurteilen. Darüber hinaus sind Aussagen zur zukünftigen Erreichbarkeit bzw. Beibehaltung des finanziellen Gleichgewichts notwendig (Liquiditätslage), was etwa eine Berichterstattung über staatliche Stützungsmaßnahmen notwendig machen kann.
Die Berichterstattung über die Vermögenslage fordert Aussagen zur Zusammensetzung des Vermögens wie auch zur Investitions- und Abschreibungspolitik, zu wesentlichen Unterschiedsbeträgen zwischen den Buchwerten der Vermögensgegenstände und ihren Zeit- bzw. Verkehrswerten, zu betriebsindividuell begründeten Abweichungen von ansonsten üblichen Werten, zum bilanzmäßig nicht ausgewiesenen Vermögen etc. Einzugehen ist auch darauf, inwieweit die Vermögenswerte durch außerbilanzielle Geschäfte und Haftungsverhältnisse wesentlich beeinflusst werden und ob Vermögensteile aufgrund politischer oder sonstiger Einflüsse bedroht sind, was etwa bei Beschränkungen unterliegenden Geschäftsmodellen der Fall sein kann.
Kennzahlen: Einbezug finanzieller Leistungsindikatoren
In die Analyse des Geschäftsverlaufs und die Lagebeschreibung sind finanzielle Leistungsindikatoren einzubeziehen. Unter finanziellen Leistungsindikatoren werden insb. Kennzahlen verstanden, die Aufschluss über wesentliche finanzielle Entwicklungen des Konzerns geben. Hier sind neben Bilanz-, Ertrags- und Liquiditätskennzahlen auch wertorientierte Kennzahlen zu nennen. Neben der Angabe und der Interpretation sind auch die Berechnungsgrundlagen dieser Kennzahlen zur Wahrung von Klarheit und Transparenz aufzuführen.
Nachhaltigkeitsberichterstattung: nichtfinanzielle Leistungsindikatoren
Angaben zu nichtfinanziellen Leistungsindikatoren sind nur für große Unternehmen und Konzerne verpflichtend. Sie sollen Aufschluss über die aktuellen und künftig zu erwartenden wesentlichen Parameter des Geschäftsumfelds geben.
Finanzielle und nichtfinanzielle Leistungsindikatoren können im Rahmen einer Nachhaltigkeitsberichterstattung berichtet werden. Sofern Unternehmen finanzielle und nichtfinanzielle Leistungsindikatoren intern unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit verwenden, ist dieser Zusammenhang im Lagebericht hervorzuheben. Zudem ist dann anzugeben, ob sich die Nachhaltigkeitsberichterstattung des jeweiligen Unternehmens an einem allgemein anerkannten Rahmenkonzept orientiert. Der Bezug zur Nachhaltigkeit kann z.B. dadurch hergeleitet werden, dass das Unternehmen zu seinen einzelnen Kennzahlen den Zusammenhang zu ökonomischen, ökologischen oder sozialen Aspekten darstellt.
Die Relevanz derartiger Berichte bzw. zumindest der Beschäftigung mit dieser Art von Berichten erscheint im Kontext der Stützungs- und Wirtschaftsankurbelungsmaßnahmen der Politik im Rahmen der Corona-Debatte wichtig. Ausgehend vom „Green Deal“ der EU-Kommission sollen viele Förderprogramme an z.B. Klima-, Umwelt- und Sozialziele gekoppelt werden. Auch die erwartete Umsetzung der Sustainable-Finance-Initiative der Bundesregierung belegt die Notwendigkeit, neben der finanziellen Darstellung auch nichtfinanzielle Aspekte der Geschäftstätigkeit darstellen zu können – aktuell gleichwohl noch mit wenig Klarheit darüber, was konkret an Informationen gefordert wird.
Risiko- und Chancen- sowie Prognoseberichterstattung
Die Unternehmensführung hat im Lagebericht nach § 289 Abs. 1 Satz 4 HGB auch im Prognosebericht die voraussichtliche Entwicklung der Unternehmung zu beurteilen und zu erläutern und die zugrunde liegenden Annahmen der Entwicklungsprognose anzugeben. Insbesondere ist über bestandsgefährdende Risiken zu berichten, ggf. durch Bezugnahme auf die entsprechenden Angaben im Anhang des Jahresabschlusses (s. zur Umsetzung „Coronavirus im Lagebericht nach HGB – Einflüsse auf die Prognose- und Risikoberichterstattung“).
Nicht bestätigte Fortführungsprognose
Wird der Grundsatz der Unternehmensfortführung aus § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB durchbrochen, ist dies im Lagebericht zu berücksichtigen. Neben der Nennung der Gründe ist zu erläutern, welcher Zeitraum vermutlich zur Liquidation der Vermögensgegenstände bzw. Begleichung der Schulden erforderlich ist, wie die Beendigung der Geschäftsaktivitäten erfolgen soll und mit welchen finanziellen Auswirkungen voraussichtlich zu rechnen ist.
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