Leitsatz (amtlich)
Zur einkommensteuerrechtlichen Zurechnung von Verlusten einer sog. Abschreibungsgesellschaft bei Eintritt von Treugeberkommanditisten während des Wirtschaftsjahres der Gesellschaft.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 1 Nr. 2, § 16 Abs. 1 Nr. 2
Tatbestand
Die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin (im folgenden Antragstellerin) ist eine Kommanditgesellschaft, die Verlustzuweisungen anbietet (sog. Abschreibungsgesellschaft). Die Antragstellerin wurde durch Gesellschaftsvertrag vom 31. Oktober 1975 gegründet. Gegenstand ihres Unternehmens ist "der Erwerb, die Schaffung und der Betrieb von Ferienzentren und Ferienzentrenclubs" in den USA und Kanada.
Bei der Gründung waren alleinige persönlich haftende Gesellschafterin die A-GmbH ohne Kapitaleinlage und einziger Kommanditist der Kaufmann B mit einer Kommanditeinlage von 80 000 DM. Nach § 11 Nr. 1 des Gesellschaftsvertrags werden Gewinne und Verluste auf alle Gesellschafter im Verhältnis ihrer Kapitaleinlagen verteilt.
Unter dem Datum vom 20. August 1976 wurde der Gesellschaftsvertrag der Antragstellerin neu gefaßt. Danach ist alleinige Kommanditistin der Antragstellerin die C-GmbH "im eigenen Namen, aber als Treuhänderin für fremde Rechnungen einer Vielzahl von Zeichnern nach Maßgabe besonderer Treuhandbedingungen und eines besonderen BGB-Gesellschaftsvertrages". § 3 des Gesellschaftsvertrags i. d. F. vom 20. August 1976 sieht vor, daß die C-GmbH als Treuhänderin für Dritte eine Hafteinlage von 80 000 DM übernommen hat, daß die persönlich haftende Gesellschafterin berechtigt und verpflichtet ist, durch Entgegennahme von Hafteinlagen das Kommanditkapital bis zum Betrag von 6 Mio. DM zu erhöhen und daß die C-GmbH berechtigt und verpflichtet ist, das erhöhte Kommanditkapital zu übernehmen, soweit es von Treugebern gezeichnet ist. Nach § 10 des Gesellschaftsvertrags vom 20. August 1976 sind Gewinn und Verlust der Gesellschaft der Kommanditistin allein zuzuweisen, und zwar auch insoweit, als sie die Kommanditeinlage übersteigen. Verlustanteile der Kommanditistin sind mit zukünftigen Gewinngutschriften auszugleichen, begründen aber keine Einzahlungsverpflichtung für die Kommanditistin.
Bis zum 31. Dezember 1976 zeichneten 135 Treugeber-Kommanditisten Zeichnungssummen von insgesamt 9 630 000 DM, die nach Treuhandbedingungen zu 60 v. H. für die Kommanditeinlagen (und insoweit noch 1976 eingezahlt wurden) und zu 40 v. H. für die Darlehen an die Antragstellerin zu verwenden waren (und insoweit spätestens bis 10. März 1977 zur Verfügung zu stellen waren).
Die Beitrittserklärungen wurden von den Treugeber-Kommanditisten zu den verschiedensten Zeitpunkten unterzeichnet, und zwar weitaus überwiegend im November und Dezember 1976.
Die Antragstellerin erwarb mit Kaufvertrag vom 14./15. Dezember 1976 die in den USA belegene Ranch ... und führte diese in der Form eines Ferienparks weiter. Der Kaufpreis wurde kreditiert.
In ihrer Gewinnfeststellungserklärung für 1976 wies die Antragstellerin einen in vollem Umfange der Betriebstätte in den USA zuzurechnenden Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von rd. 11 000 000 DM aus, den sie anteilig den Treugeberkommanditisten zurechnete und für den sie gemäß § 2 Abs. 1 des Auslandsinvestitionsgesetzes (AIG) eine Berücksichtigung bei der Ermittlung der Einkünfte der Treugeber beantragte.
Der Antragsgegner und Beschwerdeführer (das Finanzamt - FA -) erließ demgegenüber im Anschluß an eine Betriebsprüfung am 31. August 1978 einen Feststellungsbescheid 1976, mit dem das FA einen Gewinn aus Gewerbebetrieb von 1 000 DM und einen Verlust aus einer ausländischen Betriebstätte von nur 1 825 046 DM feststellte. Dabei ging das FA davon aus, daß in der Bilanz der Antragstellerin Aufwendungen für "Erstellung des Vertragswerks und der Konzeption" von 40 318 DM, vermindert um die anteilige Absetzung für Abnutzung - AfA - (Nutzungsdauer fünf Jahre) von 3 360 DM, zu aktivieren und der ausgewiesene Bilanzverlust der Antragstellerin demgemäß um 36 958 DM zu vermindern sei. Des weiteren vertrat das FA die Auffassung, daß der erklärte Verlust um rd. 9 000 000 DM zu vermindern und dieser Betrag in einer Ergänzungsbilanz der Kommanditisten als "Mehrwert der Beteiligung" für ein geschäftswertähnliches Wirtschaftsgut zu aktivieren sei, weil es sich insoweit um Aufwendungen der Altgesellschafter handle, die von den neu eingetretenen Kommanditisten übernommen worden seien. Diese Aufwendungen stellten demnach für die Kommanditisten Anschaffungskosten für ihre Kommanditbeteiligung (Aufwendungen für den Erwerb eines geschäftswertähnlichen Wirtschaftsguts) dar.
Der aktivierte Betrag setzt sich wie folgt zusammen:
Reisekosten .... DM
Rechts- und Beratungskosten .... DM
Vertriebsprovisionen .... DM
14 Aufwandspositionen
("M - Planung u. Forschung" .... DM, "Werbung" .... DM, "Drucksachen" .... DM, "Mitgliederwerbung" .... DM, "Verkaufsförderung" .... DM, "Computer-Kosten" .... DM, "Büromiete" .... DM, "Personal Schulung" .... DM, "Touristik Studie" .... DM, "Treuhandgebühr USA" .... DM, "Personalkosten" .... DM, "Telefon, Telex" .... DM, "Käufer Gruppenreisen" .... DM, und "Recreation Beratung" .... DM)
von zusammen .... DM
Gegen diesen Feststellungsbescheid 1976 legte die Antragstellerin Einspruch ein; über diesen ist noch nicht entschieden.
Des weiteren beantragte die Antragstellerin beim Finanzgericht (FG), das FA durch einstweilige Anordnung zu verpflichten, vorläufig den Verlust für 1976 mit 10 980 905 DM festzustellen und auf die Kommanditisten zu verteilen, hilfsweise, "die Vollziehung des gesonderten Feststellungsbescheids für 1976 vom 31. August 1978 auszusetzen".
Das FG wies den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung ab. Gleichzeitig setzte es die Vollziehung des Feststellungsbescheids 1976 bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Einspruch mit der Maßgabe aus, "daß bei der Folgeaussetzung der gegen die Kommanditisten der Antragstellerin ergangenen und ergehenden Einkommensteuerbescheide ein um insgesamt 9 145 317 DM höherer Verlust nach § 2 AIG anteilig zu berücksichtigen ist". Das FG entschied, daß entgegen der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) vorläufiger Rechtsschutz gegen einen Feststellungsbescheid mit dem Begehren auf vorläufige Feststellung eines höheren Verlustes nicht durch einstweilige Anordnung, sondern durch Aussetzung der Vollziehung zu gewähren sei. Der hilfsweise gestellte Antrag auf Aussetzung der Vollziehung sei auch begründet. Denn es sei ernstlich zweifelhaft, ob die streitigen Aufwendungen, von denen nach dem derzeitigen Stand des Verfahrens zur Hauptsache anzunehmen sei, daß sie entstanden seien, zu Recht als immaterielle Wirtschaftsgüter aktiviert worden seien.
Die vom FA in der Ergänzungsbilanz aktivierten Beträge seien laufende Betriebsausgaben der Antragstellerin, für die weder eine Aktivierung in der Bilanz der Antragstellerin noch in Ergänzungsbilanzen der Kommanditisten in Betracht komme. Zwar seien beim Eintritt eines Gesellschafters in eine Personengesellschaft Aufwendungen des neuen Gesellschafters, die über das in der Bilanz der Gesellschaft gutgeschriebene Kapitalkonto hinausgehen, als zusätzliche Anschaffungskosten in einer Ergänzungsbilanz zu aktivieren. Dieser Fall liege hier aber nicht vor, denn die neueintretenden Kommanditisten hätten - abgesehen von der Zeichnungssumme - keine weiteren Verpflichtungen übernommen; die Zeichnungssumme, vermindert um das Darlehen, sei ihnen aber auf Kapitalkonto gutgeschrieben worden. Zusätzliche Anschaffungskosten ließen sich auch nicht durch die - im Schrifttum (Dornfeld, Der Betrieb 1976 S. 1786 - DB 1976, 1786 -) zu Recht als absurd bezeichnete - Annahme konstruieren, dem eintretenden Gesellschafter werde nicht der volle Betrag seiner Kommanditeinlage auf Kapitalkonto gutgeschrieben, sondern nur ein Betrag, der um die anteiligen, auf ihn entfallenden, bis zu seinem Eintritt entstandenen Aufwendungen gemindert sei. Vielmehr erfolge die Minderung des Kapitalkontos erst später aufgrund des Jahresabschlusses durch Buchung des anteiligen Jahresverlustes auf dem Kapitalkonto.
Die sich hieran anschließende Frage, ob die Zeichner Steuerlich am gesamten Jahresverlust der Abschreibungsgesellschaft - unabhängig vom Zeitpunkt ihres Eintritts - beteiligt werden durften, sei zu bejahen. Es gehe hier nicht um eine Rückbeziehung, sondern um die bereits im Gesellschaftsvertrag geregelte, also von vornherein feststehende Verteilung des im Laufe des Jahres erwirtschafteten Ergebnisses. Nach dem Zweck, zu dem die Antragstellerin als Kapitalanlagegesellschaft gegründet worden sei, sollten die ausgewiesenen Verluste voll den Kapitalgebern zukommen; darin liege gerade der maßgebliche Werbeeffekt dieser Gesellschaft.
Mit der - vom FG nach Art. 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFH-EntlastG) i. V. m. § 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zugelassenen - Beschwerde beantragt das FA, die vom FG ausgesprochene Aussetzung der Vollziehung aufzuheben. Das FA macht geltend, der Aussetzungsbeschluß könne schon deshalb keinen Bestand haben, weil der von der Antragstellerin begehrte Rechtsschutz nur im Wege der einstweiligen Anordnung gewährt werden könne. Aber auch der materiell-rechtlichen Beurteilung könne nicht gefolgt werden.
Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde kann im Ergebnis keinen Erfolg haben.
1. Zu Unrecht macht das FA geltend, gegen einen Feststellungsbescheid, mit dem ein Verlust aus Gewerbebetrieb niedriger als erklärt festgestellt werde, könne vorläufiger Rechtsschutz nicht durch Aussetzung der Vollziehung, sondern nur durch einstweilige Anordnung gewährt werden. Der VIII. Senat des BFH hat mit Beschluß vom 10. Juli 1979 VIII B 84/78 (BFHE 128, 164, BStBl II 1979, 567) entschieden, daß in einem solchen Falle vorläufiger Rechtsschutz durch Aussetzung der Vollziehung des Feststellungsbescheids zu gewähren ist. Der erkennende Senat hat diesem Beschluß zugestimmt. Damit ist der Beschluß des Senats vom 10. August 1978 IV B 41/77 (BFHE 125, 356, BStBl II 1978, 584) überholt. Die angefochtene Entscheidung des FG entspricht insoweit bereits der neueren Rechtsprechung des BFH, insbesondere dem Beschluß VIII B 84/78.
2. Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht muß der Beschwerde im Ergebnis der Erfolg versagt bleiben.
2.1. Der Senat hält es für ernstlich zweifelhaft, ob die Beteiligungen der Kommanditisten den Charakter einer steuerlich außer Betracht bleibenden "Liebhaberei" haben und demgemäß die Verluste steuerlich unberücksichtigt bleiben müßten.
2.2. Auch die Tatsache, daß der Senat in seinem Vorlagebeschluß vom 26. April 1979 IV R 134/78 (BFHE 127, 407, BStBl II 1979, 414) die Auffassung vertritt, ein durch Verlustzurechnung entstandenes negatives Kapitalkonto eines Kommanditisten sei einkommensteuerrechtlich nicht "anzuerkennen", vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen; denn angesichts der bisherigen allgemeinen Verwaltungspraxis und der im Schrifttum zum Teil vertretenen gegenteiligen Auffassung erscheint die Rechtsfrage mindestens ernstlich zweifelhaft. Es muß deshalb auch offen bleiben, ob die einkommensteuerrechtliche Verlustzurechnung davon abhängig ist, daß die späteren, dem negativen Kapitalkonto entsprechenden Gewinnanteile im Inland steuerpflichtig sind und ob diese Voraussetzung im Streitfall erfüllt ist.
2.3. Der Senat hält es des weiteren - ebenso, wie das FG - für ernstlich zweifelhaft, ob die Antragstellerin durch die Aufwendungen, die das FA in der Bilanz der Antragstellerin unter der Position "Erstellung des Vertragswerks" aktivierte, ein immaterielles Wirtschaftsgut entgeltlich erworben hat, wie dies § 5 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) für eine Aktivierung voraussetzt. Es sprechen entscheidende Gesichtspunkte dafür, daß die Aufwendungen der "Herstellung" eines immateriellen Wirtschaftsguts, insbesondere eines originären Geschäftswertes dienten und demgemäß nach § 5 Abs. 2 EStG nicht aktiviert werden dürfen.
2.4. Der Senat folgt der Vorentscheidung ebenfalls im Ergebnis - wenn auch aus anderen Erwägungen - darin, daß es nicht zuletzt wegen des Urteils des BFH vom 8. November 1972 I R 227/70 (BFHE 108, 299, BStBl II 1973, 287) als ernstlich zweifelhaft anzusehen ist, ob denjenigen Treugeber-Kommanditisten, die erst während des laufenden Geschäftsjahres 1976 über die Treuhänderin Mitunternehmer des von der Antragstellerin betriebenen gewerblichen Unternehmens geworden sind, die Zurechnung eines Anteils am gesamten Jahresverlust der Antragstellerin als laufender Verlustanteil versagt werden kann und ob Raum für eine Aktivierung von Anschaffungskosten in Höhe des vor dem Eintritt entstandenen Verlustes in einer Ergänzungsbilanz der Treugeber-Kommanditisten ist.
Im Gegensatz zum FG sprechen zwar gewichtige Gesichtspunkte dafür, daß denjenigen Treugeber-Kommanditisten, die erst im Verlaufe des Wirtschaftsjahres 1976 über die C-GmbH Mitunternehmer geworden sind, einkommensteuerrechtlich nur ein Anteil an dem seit dem Zeitpunkt des jeweiligen Beitritts erwirtschafteten Verlustes als laufender Verlustanteil zugerechnet werden darf. Es müßte dann eine Belastung der Treugeber-Kommanditisten mit einem Anteil an dem bis zum jeweiligen Eintrittszeitpunkt entstandenen Verlust durch eine Aktivierung eines gleich hohen Betrages in einer Ergänzungsbilanz der Kommanditisten ausgeglichen werden, da insoweit Anschaffungskosten für einen durch die Kommanditisten entgeltlich erworbenen Anteil an einem von der Antragstellerin selbst geschaffenen Geschäftswert vorliegen dürften. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats könnten weder der Eintritt eines weiteren Gesellschafters in eine Personengesellschaft, die ein gewerbliches Unternehmen betreibt, noch das Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer Personengesellschaft einkommensteuerrechtlich zurückbezogen werden (siehe insbesondere BFH-Urteil vom 21. Dezember 1972 IV R 194/69, BFHE 108, 495, BStBl II 1973, 389, mit weiteren Nachweisen; vgl. auch Urteil vom 24. Januar 1979 I R 202/75, BFHE 128, 33, BStBl II 1979, 581). Entgegen der Ansicht des FG wäre es dabei unerheblich, ob im Gesellschaftsvertrag einer Personengesellschaft von vornherein die Aufnahme weiterer Gesellschafter und die Beteiligung der während der laufenden Wirtschaftsjahre eintretenden neuen Gesellschafter am Gewinn oder Verlust des gesamten Wirtschaftsjahres vorgesehen ist. Eine derartige Bestimmung könnte nichts daran ändern, daß bis zum Eintritt der neuen Gesellschafter nur die bisherigen Gesellschafter das gewerbliche Unternehmen betreiben. Wenn das FG meint, es sei gerade der Zweck gewesen, zu dem die Antragstellerin als "Kapitalanlagegesellschaft" gegründet worden sei, "die ausgewiesenen Verluste voll den Kapitalgebern zukommen" zu lassen, so wird dabei - ohne daß Zweifel erkennbar wären - verkannt, daß das geltende Einkommensteuerrecht eine derartige "volle" Verlustzuweisung nicht ermöglicht. Ein "Handel" mit laufenden Verlusten ist dem geltenden Einkommensteuergesetz fremd, gleichgültig, ob es sich um Verluste eines vollen Wirtschaftsjahres handelt oder um den Verlust eines Teils eines Wirtschaftsjahres.
Eine andere Frage ist, welche einkommensteuerrechtlichen Wirkungen einer eventuellen "Übernahme" der bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Treugeber-Kommanditisten entstandenen und den "Altgesellschaftern" zuzurechnenden Verluste durch die Treugeber-Kommanditisten z. B. in der Form der Übernahme der durch diese Verluste entstandenen negativen Kapitalkonten beizumessen wäre. Insoweit hält es der Senat bei einem auf der Grundlage der bisherigen Verwaltungspraxis gebildeten Kapitalkonto nicht für ernstlich zweifelhaft, daß aus der Sicht der "Altgesellschafter" Veräußerungsgewinne in Höhe der Differenz zwischen dem Veräußerungspreis und dem anteiligen Buchwert der Kapitalkonten entstehen würden. Dabei würde als Veräußerungspreis insbesondere auch der anteilige "Wegfall" eines negativen Kapitalkontos der Altgesellschafter zu berücksichtigen sein. Aus der Sicht der neu eintretenden Gesellschafter wären Anteile an den einzelnen materiellen und immateriellen Wirtschaftsgütern des Gesellschaftsvermögens, zu denen auch ein selbstgeschaffener Geschäftswert der Personengesellschaft gehören würde, in einer Ergänzungsbilanz für den neu eintretenden Gesellschafter mit den Anschaffungskosten zu aktivieren. Dabei würden zu den Anschaffungskosten sowohl die geleistete Kapitaleinlage als auch ein von einem anderen Gesellschafter übernommenes negatives Kapitalkonto gehören. Soweit diese Anschaffungskosten die anteiligen Buchwerte der in der Bilanz der Personengesellschaft ausgewiesenen Wirtschaftsgüter übersteigen, würde, wie der Senat mehrfach ausgesprochen hat, eine tatsächliche Vermutung dafür sprechen, daß die bilanzierten Wirtschaftsgüter stille Reserven enthalten, daß des weiteren zum Gesellschaftsvermögen noch nicht bilanzierte immaterielle Wirtschaftsgüter gehören und daß schließlich ein selbstgeschaffener und deshalb nicht bilanzierter Geschäftswert vorhanden ist (z. B. BFH-Urteil vom 12. Juni 1975 IV R 129/71, BFHE 116, 335, BStBl II 1975, 807). Von dieser tatsächlichen Vermutung wäre auch bei einer sog. Abschreibungsgesellschaft auszugehen.
Gleichwohl erkennt der Senat an, daß ernstliche Zweifel hinsichtlich der Frage bestehen, ob Verluste einer sog. Abschreibungsgesellschaft den während des Wirtschaftsjahres eintretenden Kommanditisten auch insoweit zuzurechnen sind, als sie vor dem jeweiligen Beitrittszeitpunkt entstanden sind. Denn der I. Senat des BFH geht in seinem Urteil I R 227/70 davon aus, daß einem Gesellschafter einer Personengesellschaft, der dieser während des Wirtschaftsjahres der Gesellschaft beitritt, bei entsprechender Vereinbarung aller Gesellschafter einkommensteuerrechtlich u. U. ein Anteil am Gewinn des gesamten Wirtschaftsjahres zugerechnet werden kann. Es wäre ernstlich zweifelhaft, ob für die Verlustzurechnung andere Grundsätze als für die Gewinnzurechnung gelten könnten.
Der Beschwerde des FA war hiernach der Erfolg zu versagen.
Fundstellen
BStBl II 1980, 66 |
BFHE 1980, 47 |