Entscheidungsstichwort (Thema)
AfA für zuvor privat genutzte Arbeitsmittel und Einrichtungsgegenstände des Arbeitszimmers
Leitsatz (amtlich)
AfA kann als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit für beruflich genutzte Einrichtungsgegenstände eines steuerlich anerkannten Arbeitszimmers und für Arbeitsmittel auch dann abgesetzt werden, wenn diese vom Steuerpflichtigen zuvor privat genutzt wurden. Die AfA ist nach den Grundsätzen des BFH-Urteils vom 14.Februar 1989 IX R 109/84 (BFHE 156, 417, BStBl II 1989, 922) zu berechnen.
Normenkette
EStG 1977 § 7 Abs. 1 S. 1, § 9 Abs. 1 Nrn. 6-7
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war bis zum 30.September 1978 in A und ab 1.Oktober 1978 in B nichtselbständig tätig. Er bewohnte ab Bezugsfertigkeit Ende März 1978 eine zusammen mit seiner Ehefrau erworbene Eigentumswohnung in A, die zum 1.November 1978 veräußert wurde. Zum gleichen Zeitpunkt bezogen die Eheleute eine Mietwohnung in C bei B. In beiden Wohnungen unterhielt der Kläger in den Streitjahren 1978 und 1979 ein von der Finanzverwaltung anerkanntes häusliches Arbeitszimmer.
Der Kläger begehrte im Einspruchsverfahren gegen den Einkommensteuerbescheid 1978 eine Absetzung für Abnutzung (AfA) für Gegenstände in seinem Arbeitszimmer, die er zuvor privat genutzt hatte. Er ist der Ansicht, die AfA für die nachstehend aufgeführten Wirtschaftsgüter sei auf der Grundlage folgender Teilwerte anzusetzen:
eine Schreibtischlampe 70 DM,
eine Stehlampe 120 DM,
eine Hängelampe 120 DM,
eine Couch 800 DM,
ein Drehstuhl 350 DM,
ein Aktenkoffer 498 DM,
ein Taschenrechner 198 DM,
Vorhänge 400 DM
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Teilwerte insgesamt 2 556 DM
hiervon eine AfA in Höhe
von 25 v.H. = 639 DM
AfA ab März 1978 in Höhe
von 9/12 = 479,25 DM.
Für den im Arbeitszimmer der Wohnung in A ausgelegten Teppichboden berechnete der Kläger bei Ansatz eines Teilwerts von 800 DM eine AfA für 1978 von 25 v.H. für sieben Monate = 117 DM.
Der Einspruch des Klägers gegen die Einkommensteuerveranlagung 1978 hatte in diesen Punkten keinen Erfolg. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) wies auch den nicht begründeten Einspruch des Klägers gegen den Einkommensteuerbescheid 1979 zurück.
Gegen die Einkommensteuerbescheide 1978 und 1979 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen erhob der Kläger Klage beim Finanzgericht (FG). Er begehrte dort u.a.:
1. für 1978:
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die volle Absetzung von 800 DM für den Teppichboden, da dieser mit der Wohnung zum 1.November 1978 verkauft worden sei, sowie die Berücksichtigung einer AfA auf die zu Teilwerten nach § 6 des Einkommensteuergesetzes 1977 (EStG) von insgesamt 2 556 DM eingelegten Wirtschaftsgüter per 1.April 1978 in Höhe von 25 v.H., davon 9/12 = 479,25 DM;
2. für 1979:
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eine AfA von 25 v.H. auf Teilwerte von insgesamt 2 556 DM = 639 DM.
Das FG wies bezüglich dieser Punkte die Klage ab. Es führte u.a. aus:
Der Kläger könne eine AfA nach § 9 Abs.1 Nr.7 EStG i.V.m. § 7 Abs.1 EStG als Werbungskosten geltend machen. Nach § 7 Abs.1 Satz 1 EStG sei bei Wirtschaftsgütern, deren Verwendung oder Nutzung zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstrecke, jeweils für ein Jahr der Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzusetzen, der bei gleichmäßiger Verteilung dieser Kosten auf die Gesamtdauer der Verwendung oder Nutzung auf ein Jahr entfalle. Diese Voraussetzungen seien im Streitfall nicht erfüllt. Denn die streitbefangenen Gegenstände seien hier nicht zum Zwecke einer beruflichen Nutzung angeschafft, sondern im Jahr 1978 aus der Privatsphäre in die berufliche Sphäre überführt worden. Für solche Güter könne auch nicht in Anlehnung an § 6 EStG der Teilwert angesetzt werden. Denn § 6 Abs.1 Nr.5 EStG beziehe sich ausschließlich auf Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens. Der Kläger habe kein Betriebsvermögen und könne folglich privat angeschaffte Wirtschaftsgüter nicht mit dem Teilwert in ein solches einlegen oder einbringen. AfA seien daher für die zunächst privat angeschafften und erstmals im Streitjahr 1978 beruflich genutzten Wirtschaftsgüter mangels Anschaffungskosten nicht zulässig.
Gegen diese Entscheidung legte der Kläger Revision ein. Er rügt sinngemäß die unzutreffende Anwendung des § 9 Abs.1 Nr.7 EStG.
Der Kläger beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung und die Einspruchsentscheidung aufzuheben und die Einkommensteuer auf 4 038 DM für 1978 und auf 4 640 DM für 1979 festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG, da dieses zu Unrecht den Ansatz einer AfA aus Rechtsgründen abgelehnt hat.
Die im steuerlich anerkannten Arbeitszimmer des Klägers in A und C befindlichen Wirtschaftsgüter können ganz oder teilweise beruflich genutzte Einrichtungsgegenstände dieses Raumes sein, wenn sie wie das Arbeitszimmer ausschließlich oder weitaus überwiegend beruflich genutzt werden (vgl. Arndt in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 12 Rdnr.B 129 ff.). Sie können ggf. auch Arbeitsmittel des Klägers bei Ausübung seiner nichtselbständigen Arbeit i.S. des § 9 Abs.1 Nr.6 EStG darstellen. Arbeitsmittel sind nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) gegeben, wenn die Güter unmittelbar und ausschließlich oder zumindest weitaus überwiegend zur Einnahmeerzielung, insbesondere im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, beruflich genutzt werden (vgl. z.B. Urteil vom 18.Februar 1977 VI R 182/75, BFHE 121, 444, BStBl II 1977, 464).
Für beruflich genutzte Einrichtungsgegenstände des Arbeitszimmers und für Arbeitsmittel kann der Steuerpflichtige im Rahmen seiner Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit eine AfA nach § 9 Abs.1 Nr.7 EStG i.V.m. § 7 Abs.1 Satz 1 EStG als Werbungskosten geltend machen, wenn die Wirtschaftsgüter einem Wertverzehr unterliegen und sich deren Nutzungsdauer erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt. Es ist dann jeweils für ein Jahr der Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzusetzen, der bei gleichmäßiger Verteilung dieser Kosten auf die gesamte Dauer der Verwendung oder Nutzung auf ein Jahr entfällt (vgl. zu Arbeitsmitteln insbesondere BFH-Urteile vom 8.Februar 1974 VI R 326/70, BFHE 111, 341, BStBl II 1974, 306, und vom 31.Januar 1986 VI R 78/82, BFHE 146, 76, BStBl II 1986, 355, sowie zu Einrichtungsgegenstände eines beruflich genutzten Arbeitszimmers Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, 8.Aufl., 1989, § 19 Anm.12, Stichwort: Arbeitszimmer).
Einer solchen Abschreibung steht nicht der Umstand entgegen, daß der Steuerpflichtige Wirtschaftsgüter der vorgenannten Art aus privaten Gründen angeschafft und zunächst privat genutzt hat. Der erkennende Senat folgt insoweit den Grundsätzen des Urteils des IX.Senats des BFH vom 14.Februar 1989 IX R 109/84 (BFHE 156, 417, BStBl II 1989, 922). Dort hat es der IX.Senat für die Inanspruchnahme einer AfA nach § 9 Abs.1 Nr.7 i.V.m. § 7 Abs.1 Satz 1 EStG nicht für schädlich erachtet, daß Wirtschaftsgüter nicht von vornherein zu dem Zweck angeschafft wurden, um mit ihnen steuerpflichtige Einkünfte zu erzielen, sondern diesem Zweck erst später gewidmet wurden. Denn ein Ausschluß von AfA ist für solche Sachverhalte aus dem Wortlaut der Vorschriften nicht zu entnehmen. Da die AfA nach § 9 Abs.1 Nr.7 EStG zu den Werbungskosten gehören und Werbungskosten Aufwendungen sind, die durch die Erzielung von steuerpflichtigen Einnahmen veranlaßt sind, genügt für die Abziehbarkeit von AfA als Werbungskosten der objektive und subjektive Zusammenhang mit der Einnahmeerzielung. Zwecks Berechnung der AfA sind nach der Entscheidung des IX.Senats die Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf die Gesamtnutzungsdauer einschließlich der Zeit vor der Umwidmung zu verteilen, wobei als AfA in Form von Werbungskosten nur der Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten abziehbar ist, der auf die Zeit nach der Umwidmung entfällt.
Von diesen Grundsätzen ist auch im Streitfall auszugehen. Das Urteil des IX.Senats betraf zwar einen etwas anderen Sachverhalt. Denn dort handelte es sich um den Ansatz einer AfA auf privat angeschaffte Möbel, mit denen der Kläger Zimmer möbliert hatte, die er an zwei Personen untervermietet hatte. Für die Umwidmung von Wirtschaftsgütern zu beruflich genutzten Einrichtungsgegenständen eines Arbeitszimmers und zu Arbeitsmitteln zwecks Erzielung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit können jedoch insoweit keine anderen Maßstäbe gelten als für die entsprechende Umwidmung von Wirtschaftsgütern zwecks Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (vgl. auch v. Bornhaupt in Betriebs-Berater 1989, 1534).
Die Vorentscheidung ist aufzuheben, da das FG von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist. Die Sache ist an das FG zurückzuverweisen, damit es entsprechende Feststellungen dazu nachholt, inwieweit die vom Kläger angegebenen Wirtschaftsgüter als beruflich genutzte Einrichtungsgegenstände des steuerlich anerkannten Arbeitszimmers des Klägers oder als Arbeitsmittel bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu werten sind. Soweit diese Voraussetzungen gegeben sind, wird das FG zu untersuchen haben, inwieweit AfA auf sie entsprechend dem Urteil in BFHE 156, 417, BStBl II 1989, 922 für die Streitjahre 1978 und 1979 zu berücksichtigen sind.
Fundstellen
Haufe-Index 63076 |
BFH/NV 1990, 51 |
BStBl II 1990, 684 |
BFHE 160, 162 |
BFHE 1991, 162 |
BB 1990, 1395 |
BB 1990, 1395-1396 (LT) |
DB 1990, 1447 (LT) |
DStR 1990, 445 (KT) |
HFR 1990, 421 (LT) |
StE 1990, 226 (K) |