Leitsatz (amtlich)
1. Die Grundsätze zur Ermittlung eines Veräußerungsgewinns oder -verlustes bei wesentlicher Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft gelten auch für die Ermittlung eines Auflösungsgewinns oder -verlustes nach § 17 Abs. 4 EStG.
2. Bei Auflösung der Kapitalgesellschaft ist der Gewinn in dem Jahr zu erfassen, in welchem das auf die wesentliche Beteiligung entfallende Vermögen der Gesellschaft verteilt wurde. Ein Verlust kann bereits in dem Jahr erfaßt werden, in dem mit einer Änderung des bereits feststehenden Verlustes nicht mehr zu rechnen ist. Letztmöglicher Zeitpunkt der Erfassung des Auflösungsgewinns oder -verlustes ist der förmliche Abschluß der Abwicklung der Kapitalgesellschaft.
3. Fallen nach Auflösung der Kapitalgesellschaft nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung i. S. des § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG an, so kann dies als rückwirkendes Ereignis bei der Ermittlung des Auflösungsgewinns nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977 berücksichtigt werden.
Normenkette
EStG § 17 Abs. 2, 4; AO 1977 § 175 Abs. 1 Nr. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die in den Streitjahren 1975 bis 1977 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt wurden. Der Kläger, der Steuerberater ist, war an einer Sozietät von Freiberuflern beteiligt. Die Klägerin hatte einen Gewerbebetrieb. Der Kläger und die Klägerin waren außerdem Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft.
1971 gründeten der Kläger und B. - Angestellte im Steuerberatungsbüro - die W-GmbH. Beide Gesellschafter waren mit je 10 000 DM am Stammkapital der W-GmbH von 20 000 DM beteiligt. Zweck der Gesellschaft war die Errichtung von Gebäuden, die Betreuung von Bauvorhaben und die Verwaltung von Grundstücken und Gebäuden. 1972 wurde das Stammkapital der W-GmbH auf 50 000 DM erhöht. Gesellschafter waren nunmehr der Kläger und die Klägerin - Ehefrau - mit Gesellschaftsanteilen von je 25 000 DM. Am 28. September 1973 übertrug der Kläger seinen aufgrund eines Treuhandvertrags gehaltenen Gesellschaftsanteil auf Sch.
1973/74 wurde die W-GmbH liquidiert. Am 16. Mai 1974 wurde die Eröffnung des Vergleichsverfahrens beantragt. Nach Bestellung eines vorläufigen Verwalters wurde die W-GmbH am 23. Oktober 1974 wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen im Handelsregister gelöscht.
In ihren Einkommensteuererklärungen für 1973 bis 1977 machten die Kläger im Zusammenhang mit ihren Anteilen an der W-GmbH entstandene Aufwendungen als "Verluste gem. § 17 EStG" geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) berücksichtigte jedoch nur bei der Einkommensteuerveranlagung für 1974 bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb einen Verlust aus einer wesentlichen Beteiligung i. S. des § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Im einzelnen wurde wie folgt verfahren:
In der Einkommensteuererklärung für 1973 erklärte Aufwendungen von 54 042 DM aus der Inanspruchnahme einer gesamtschuldnerischen Bürgschaft für die W-GmbH blieben im Einkommensteuerbescheid für 1973 unberücksichtigt, weil eine Liquidation in 1973 noch nicht stattgefunden habe und die Aufwendungen vom Kläger ohne eigene Beteiligung an der W-GmbH getragen worden seien.
In der Einkommensteuererklärung für 1974 angegebene Aufwendungen von 236 635 DM - Verlust des anteiligen Stammkapitals von 25 000 DM sowie zusätzliche Aufwendungen von 182 593 DM - wurden vom FA in zwei geänderten Bescheiden für 1974 berücksichtigt.
In den Einkommensteuererklärungen für 1975 bis 1977 erklärte Aufwendungen auf die Beteiligung der Klägerin an der W-GmbH wurden zunächst in nach § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) - Vorbehalt der Nachprüfung - erlassenen Einkommensteuerbescheiden für 1975 bis 1977 angesetzt. Die Aufwendungen betrafen z. T. Aval-Provisionen, Zinsen und Beratungskosten. Nach einer Außenprüfung für 1975 bis 1977 ergingen geänderte Einkommensteuerbescheide für diese Jahre, in denen die vorerwähnten Aufwendungen unberücksichtigt blieben. Im Prüfungsbericht war dazu ausgeführt: "In den Steuererklärungen der Jahre 1975 - 1977 werden Verluste aus einer im Jahre 1974 wegen Vermögenslosigkeit gelöschten GmbH geltend gemacht, an der anfangs Herr ... (Kläger), später Frau ... (Klägerin) beteiligt waren ... Die im Jahre 1974 vorgenommene Verlustmitteilung ist unzutreffend, denn Zeitpunkt der Gewinn/Verlustverwirklichung ist der Zeitpunkt der Aufgabe (Löschung). Der Aufgabeverlust oder -gewinn richtet sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Aufgabe, wobei Ungewißheiten durch Schätzung Rechnung zu tragen ist."
Die Einsprüche gegen die geänderten Einkommensteuerbescheide für 1975 bis 1977 blieben erfolglos. Mit der Klage wurde beantragt, die Einkommensteuer "dergestalt neu festzusetzen, daß für 1975 ein Verlust gem. § 17 EStG bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb von 60 064 DM berücksichtigt wird, für 1976 ein solcher von 48 470 DM und für 1977 ein solcher von 10 602,41 DM, hilfsweise die ESt für 1975 bis 1977 dergestalt neu festzusetzen, daß der im Jahre 1974 zu berücksichtigende Gesamtverlust aus dem W-Komplex gem. § 10d EStG in die Folgejahre vorgetragen wird."
Die Klage blieb erfolglos; das Finanzgericht (FG) führte aus:
Das FA habe zutreffend für die nach § 17 EStG vorzunehmende Verlustermittlung nicht das Zu- und Abflußprinzip, sondern eine Stichtagsbewertung angewandt. Der sich dabei auch durch Schätzung ergebende Verlust sei nicht erst in den Streitjahren 1975 bis 1977, sondern in 1974 anzusetzen, weil bereits im Zeitpunkt des Auflösungsbeschlusses für die W-GmbH in diesem Jahr nicht mehr mit der Auskehrung von Gesellschaftsvermögen gerechnet worden sei. Der Erlös aus den Grundstücksveräußerungen sei von vornherein zur Befriedigung von Gläubigern gedacht gewesen.
Das FA sei auch nicht nach dem Grundsatz von Treu und Glauben zu einer anderen Handhabung verpflichtet gewesen. Die erstmaligen Bescheide für 1975 bis 1977 seien unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen, so daß die Kläger mit einer Änderung hätten rechnen müssen. Das FA habe zu keiner Zeit klar zu erkennen gegeben, daß es bei einer Verlustermittlung nicht das Stichtagsprinzip, sondern das Zu- und Abflußprinzip habe anwenden wollen. Hiervon abgesehen habe der Kläger selbst nicht behauptet, das FA ausdrücklich über die Aufwendungen in den Folgejahren in Kenntnis gesetzt zu haben.
Ein Verlustvortrag nach § 10d EStG sei, da der Verlust in 1974 zu erfassen sei, mangels einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG aufgrund ordnungsgemäßer Buchführung nicht zulässig. Bei § 17 EStG handele es sich nicht um eine Sonderregelung der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG.
Mit der Revision machen die Kläger geltend, entgegen der Auffassung des FG sei das FA aus dem Grundsatz von Treu und Glauben verpflichtet gewesen, in den geänderten Bescheiden für 1975 bis 1977 Aufwendungen im Zusammenhang mit den Anteilen an der W-GmbH zu berücksichtigen. Nach dem Verhalten des FA habe der Kläger davon ausgehen können und müssen, daß das FA seinen einmal im Rahmen der Veranlagung für 1974 und der ausdrücklich zu diesem Zweck angeordneten Außenprüfung eingenommenen Standpunkt, sich ausschließlich nach dem Zahlungsabfluß zu orientieren, und die einmal vorgenommene rechtliche Würdigung bei den anschließenden Veranlagungen beibehalten werde. Die gegenteilige Auffassung des FG gehe von einem falschen Sachverhalt aus, wenn angenommen worden sei, der Betriebsprüfer habe nach dem Inhalt der Akten nichts davon gewußt, daß in den Folgejahren weitere erhebliche Verluste aus der ehemaligen Beteiligung erklärt werden würden. Da die Prüfungsakten erst am Tage der mündlichen Verhandlung dem FG übergeben worden seien, habe der Kläger keine Einsicht und damit auch nicht die Möglichkeit erhalten, den Prüfer als Zeugen zu benennen.
Die Kläger beantragen, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Steuerfestsetzungen für 1975 bis 1977 so herabzusetzen, "als daß die Zahlen für die Jahre 1975 bis 1977 lt. Urteil vom 14. Dezember 1983 als negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb anerkannt werden".
Das FA beantragt Zurückweisung der Revision.
Während des Revisionsverfahrens ergingen gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 geänderte Bescheide für 1975 bis 1977, in denen geänderten Feststellungen der Einkünfte des Klägers aus der Steuerberatungssozietät Rechnung getragen wurde. Die geänderten Bescheide wurden zum Gegenstand des Verfahrens erklärt. Neben dem bisherigen Streitpunkt wurden Einwendungen gegen die für 1977 angesetzten Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Klägerin erhoben.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 EStG).
1. Zu Recht hat das FG die umstrittenen Aufwendungen im Zusammenhang mit den Beteiligungen an der W-GmbH nicht im Rahmen von Einkünften aus Gewerbebetrieb i. S. des § 17 EStG zum Abzug zugelassen. In den Streitjahren 1975 bis 1977 konnten Einkünfte dieser Einkunftsart in Gestalt von Auflösungsverlusten i. S. des § 17 Abs. 4 EStG in den vor 1977 maßgebenden Fassungen bei den Klägern nicht mehr berücksichtigt werden.
a) Nach § 17 Abs. 4 i. V. m. Abs. 1 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn oder Verlust aus der Auflösung einer Kapitalgesellschaft bei wesentlicher Beteiligung. Er ist in entsprechender Anwendung von § 17 Abs. 2 EStG zu ermitteln (§ 17 Abs. 4 Sätze 1 und 2 EStG).
Wie der Bundesfinanzhof (BFH) wiederholt im Zusammenhang mit Veräußerungsgewinnen oder -verlusten bei wesentlichen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften entschieden hat, ist die Gewinnermittlung nach § 17 Abs. 2 EStG nicht nach dem Zuflußprinzip des § 11 EStG, sondern nach einer Stichtagsbewertung auf den Zeitpunkt der Entstehung des Gewinns oder Verlustes vorzunehmen (z. B. Urteil vom 21. September 1982 VIII R 140/79, BFHE 137, 407, BStBl II 1983, 289 ). Maßgebender Zeitpunkt der Gewinn- oder Verlustrealisierung ist derjenige, zu dem bei einer Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich gemäß § 4 Abs. 1, § 5 EStG nach handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung der Gewinn oder Verlust realisiert wäre (BFH-Urteil vom 30. Juni 1983 IV R 113/81, BFHE 138, 569, BStBl II 1983, 640 ).
Diese Grundsätze gelten entsprechend für die Ermittlung eines Auflösungsgewinns oder -verlustes nach § 17 Abs. 4 EStG. Auch bei der Auflösung einer Kapitalgesellschaft ist eine Stichtagsbewertung auf den Zeitpunkt der Gewinn- oder Verlustrealisierung vorzunehmen. Hinsichtlich der Bestimmung dieses Zeitpunkts hat der Senat in seinem Urteil vom 19. Oktober 1978 VIII R 182/77 (nicht veröffentlicht) ausgeführt, daß ein Gewinn in dem Jahr zu erfassen ist, in dem das auf die wesentliche Beteiligung entfallende Vermögen der Gesellschaft verteilt wurde, und daß ein Verlust bereits in dem Jahr erfaßt werden kann, in dem mit einer wesentlichen Änderung des bereits feststehenden Verlustes nicht mehr zu rechnen ist. Der letztmögliche Zeitpunkt der Erfassung liegt, wie bereits aus den Urteilen des Reichsfinanzhofs (RFH) vom 13. November 1930 VI A 1286/30 (RStBl 1931, 134) und vom 17. Februar 1937 VI A 485/36 (RStBl 1937, 963) zu entnehmen ist, in dem Jahr, in dem die Abwicklung förmlich abgeschlossen ist, mithin im Jahr der Löschung der Kapitalgesellschaft im Handelsregister und ihrem dadurch eintretenden Ende.
An den vorstehend beschriebenen Zeitpunkten einer Gewinn- oder Verlustrealisierung ändert nichts, daß nach Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung oder nach Auflösung einer Kapitalgesellschaft noch Aufwendungen anfallen können, die nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung i. S. des § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG sind. Das kann, wie der Senat in seinem Urteil vom 2. Oktober 1984 VIII R 36/83 (BFHE 143, 228, BStBl II 1985, 320 ) ausgeführt hat, insoweit der Fall sein, als ein Kapitalgesellschafter für eine Verbindlichkeit der Gesellschaft eine Bürgschaft übernommen oder eine Zahlung für die Freistellung von dieser Verpflichtung geleistet hat und der Ersatzanspruch aus der Bürgschaft gegen die Gesellschaft nicht realisierbar ist. Solche nachträglichen Anschaffungskosten sind bei der Ermittlung des Gewinns nach § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG zu den oben erwähnten Zeitpunkten zu berücksichtigen. Es handelt sich dann um ein nachträgliches Ereignis, das die Höhe des Veräußerungsoder Auflösungsgewinns beeinflußt und auf den Zeitpunkt der Veräußerung oder Auflösung zurückzubeziehen ist. Das Ereignis beeinflußt die Steuerschuld des Jahres der Veräußerung oder Auflösung und ist nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977 zu berücksichtigen (vgl. BFH-Urteil vom 26. Juli 1984 IV R 10/83, BFHE 141, 488, BStBl II 1984, 786 betr. Berücksichtigung eines nachträglichen Ereignisses bei der Ermittlung eines Veräußerungsgewinns nach § 16 EStG).
Für den Streitfall ergibt sich, daß in den Streitjahren keine Auflösungsverluste aus der Auflösung der W-GmbH zu berücksichtigen sind, weil die Gesellschaft nach den Feststellungen des FG bereits 1974 im Handelsregister gelöscht worden war.
b) Richtig ist auch die Vorentscheidung, daß das FA nicht aus dem Grundsatz von Treu und Glauben zu einem Ansatz von Auflösungsverlusten i. S. des § 17 Abs. 4 EStG in den Streitjahren verpflichtet war.
Unabhängig von der in diesem Zusammenhang von den Klägern aufgeworfenen Frage, ob neue Tatsachen vorliegen (§ 173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977), konnte das FA die Sach- und Rechtslage für die Streitjahre 1975 bis 1977 neu prüfen, weil die erstmaligen Steuerbescheide für diese Jahre alle unter dem Vorbehalt der Nachprüfung standen (§ 164 Abs. 1 AO 1977). Solange dieser Vorbehalt wirksam ist, kann eine Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert werden (§ 164 Abs. 2 Satz 1 AO 1977). Einschränkungen bestehen insoweit nicht. Selbst wenn das FA, wie die Kläger behaupten, in der umstrittenen Frage des Abzugs von Auflösungsverlusten von einer Anwendung des Zu- und Abflußprinzips ausgegangen sein sollte, so war es nicht gehindert, diese Frage bei der Aufgabe des Vorbehalts anders zu beurteilen. Während das FA bis 1976 bei der vorläufigen Festsetzung nach § 100 der Reichsabgabenordnung die Angaben des Steuerpflichtigen unverändert übernommen haben mußte, kann es jetzt von Erklärungen des Steuerpflichtigen abweichen (BFH-Urteil vom 4. August 1983 IV R 79/83, BFHE 139, 137, BStBl II 1984, 6 ). Eine Ausübung des gesetzlichen Vorbehalts wie auch seine spätere Aufgabe können nicht als ein Verstoß gegen Treu und Glauben angesehen werden, wenn das FA weder an seine im Vorbehaltsbescheid vertretene Rechtsauffassung noch an seine damalige Sachbehandlung gebunden ist.
c) Rechtlich zutreffend hat das FG eine Berücksichtigung von Auflösungsverlusten nach § 17 Abs. 4 EStG durch einen Verlustvortrag nach § 10d EStG abgelehnt. Wie der Senat in seinem Urteil vom 7. März 1974 VIII R 118/73 (BFHE 112, 459, BStBl II 1974, 567 ) entschieden hat, werden die Voraussetzungen für einen Verlustabzug nach § 10d EStG, wie sie nach den bis zum Veranlagungszeitraum 1974 geltenden Fassungen erforderlich waren - Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG - durch die Ermittlung eines Verlustes aus einer im Privatvermögen gehaltenen wesentlichen Beteiligung nach § 17 EStG nicht erfüllt.
Da im Streitfall - wie oben ausgeführt - Auflösungsverluste nach § 17 Abs. 4 EStG spätestens im Jahr der Löschung der W-GmbH im Handelsregister, also in 1974 zu erfassen waren, wäre § 10d EStG in seinen bis 1974 maßgebenden Fassungen anzuwenden. Ein Verlustvortrag in den Streitjahren ist dann ausgeschlossen, weil ein Verlust nach § 17 EStG nicht durch Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG ermittelt wurde.
2. Die Vorentscheidung ist indessen fehlerhaft, weil nicht geprüft wurde und deshalb auch die dazu erforderlichen Feststellungen unterblieben, ob die umstrittenen Ausgaben ganz oder zum Teil im Rahmen von Einkünften aus Kapitalvermögen i. S. des § 20 EStG abziehbar sind.
a) Wie der Senat in seinem Urteil vom 9. August 1983 VIII R 276/82 (BFHE 139, 257, BStBl II 1984, 29 ) ausgeführt hat, können Einnahmen und Ausgaben außerhalb von Veräußerungsvorgängen über Anteile an einer Kapitalgesellschaft bei wesentlicher Beteiligung bei einer im Privatvermögen gehaltenen Beteiligung in der Einkunftsart der Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 EStG zu berücksichtigen sein. Das gilt auch für nachträgliche Ausgaben nach vollständiger Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung. Ausgaben können dann nachträgliche Werbungskosten sein, wenn sie mit der Einkunftsart der Einkünfte aus Kapitalvermögen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen (§ 9 Abs. 1 Sätze 1 und 2, § 24 Nr. 2 EStG).
Diese Ausführungen gelten entsprechend für Einnahmen und Ausgaben nach Auflösung einer Kapitalgesellschaft mit einer im Privatvermögen gehaltenen wesentlichen Beteiligung. Auch hier können unter den in dem Urteil in BFHE 139, 257, BStBl II 1984, 29 näher beschriebenen Voraussetzungen z. B. Schuldzinsen oder diesen gleichgestellte Kosten der Finanzierung von Anschaffungskosten der Beteiligung nachträgliche Werbungskosten bei der Ermittlung von Einkünften aus Kapitalvermögen sein. Das gilt auch für Finanzierungskosten nachträglicher Anschaffungskosten der Beteiligung, wie sie sich nach den Ausführungen im BFH-Urteil vom 2. Oktober 1984 VIII R 36/83 (BFHE 143, 228, BStBl II 1985, 320 ) ergeben können.
b) Die Vorentscheidung, die auf anderen Rechtsüberlegungen beruht, war aufzuheben. Bei seiner erneuten Entscheidung wird das FG für den Fall, daß Ausgaben als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abziehbar sein sollten, prüfen müssen, wem diese Aufwendungen zuzurechnen sind. Sollte der Kläger nicht Inhaber einer wesentlichen Beteiligung gewesen sein und Aufwendungen für die Klägerin übernommen haben, so wären die Ausführungen im BFH-Urteil vom 8. Dezember 1982 VIII R 53/82 (BFHE 139, 28, BStBl II 1983, 710 ) über den Abzug von Aufwendungen bei Übernahme durch einen Dritten zu beachten.
Bei der erneuten Entscheidung wird das FG berücksichtigen, daß gegen die während des Revisionsverfahrens erlassenen und zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Bescheide auch noch Einwendungen gegen die für 1977 angesetzten Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Klägerin erhoben wurden.
Fundstellen
BStBl II 1985, 428 |
BFHE 1985, 304 |