Leitsatz (amtlich)
1. Abfindungen i. S. des § 3 Nr. 9 EStG 1975 können auch dann vorliegen, wenn der Arbeitgeber dem früheren Arbeitnehmer für die Zeit nach Auflösung des Dienstverhältnisses Beträge zahlt, auf die dieser bei Fortbestand des Dienstverhältnisses einen Anspruch gehabt hätte, der aber durch die Auflösung zivilrechtlich weggefallen ist.
2. Auch wenn laufende (wiederkehrende) Beträge gezahlt werden, können "Abfindungen" vorliegen.
Normenkette
EStG 1975 § 3 Nr. 9
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine Kommanditgesellschaft, hat aufgrund einer Betriebsvereinbarung allen Mitarbeitern, die die Gesellschaft verlassen wollen und vor dem Jahr 1917 geboren sind, eine vorzeitige Pensionierung angeboten. Von der Möglichkeit dieser Frühpensionierung hat auch der Arbeitnehmer E Gebrauch gemacht. Er wurde am 25. Februar 1914 geboren und war seit 1937 in dem Betrieb der Klägerin tätig. Die Klägerin vereinbarte mit ihm am 6. November 1975 folgendes:
"1. Das bestehende Angestelltenverhältnis endet per 31.7. 1976.
Die tarifliche Jahresleistung für 1976 erhalten Sie in voller Höhe mit dem Juli-Gehalt 1976.
2. a) Ab dem 1.8.1976 leiten wir Ihre Pensionierung ein. Das geschieht in der Weise, daß Sie für 9 Monate, also vom 1.8.1976 bis 30.4. 1977, einen Betrag in Höhe Ihres derzeitigen Gehaltes (...) erhalten.
b) Sollten in der Zeit bis zum 30.4.1977 allgemeine Tariferhöhungen stattfinden, so werden Sie dabei berücksichtigt.
3. Ab dem 1.5.1977 zahlen wir Ihnen als Firmenpension 76,5 % Ihres Brutto-Monatsgehalts.
4. a) Für eine freiwillige Aufrechterhaltung Ihrer Angestelltenversicherung stellen wir Ihnen ab 1.8.1976 monatlich die Hälfte Ihrer Aufwendungen, jedoch nicht mehr als 50 % des Höchstbeitrages (also zur Zeit bis zu 252,- DM) zur Verfügung.
b) Ebenso erhalten Sie den Arbeitgeberanteil zur Krankenversicherung in Höhe von zur Zeit 89,25 DM.
c) Die zweckentsprechende Verwendung der unter 4 a) und 4 b) aufgeführten Zuschüsse muß einmal jährlich durch Sie nachgewiesen werden.
5. Die unter 3. genannte Firmenpension und die unter 4 a) und 4 b) genannten Zuschüsse gelten bis zum Erhalt einer BfA-Rente (Rente der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte), längstens bis zur Vollendung Ihres 65. Lebensjahres.
6. Unabhängig davon stellen wir Ihnen für 12 Monate, also für die Zeit vom 1.8.1976 bis 31.7.1977, einen Betrag zur Verfügung, der Ihrer monatlichen BfA-Rente per 65. Lebensjahr entsprechen würde. Bezüglich der Höhe bitten wir, uns eine entsprechende Bestätigung eines Rentenberaters vorzulegen. Die ausgewiesenen Beträge stellen wir Ihnen netto zur Verfügung (...).
7. a) Mit Erhalt einer BfA-Rente, spätestens mit Vollendung des 65. Lebensjahres, wird Ihre Firmenpension im Sinne des § 6 der in Ihren Händen befindlichen Pensionszusage neu errechnet, da wir Ihnen in der Zwischenzeit als Teilausgleich für eine noch nicht erhaltbare BfA-Rente eine erhöhte Firmenpension zur Verfügung stellen.
b) ...
c) ...
8. Mit dem Juni-Gehalt 1976 erhalten Sie die Jubiläumszahlung für Ihre 40jährige Betriebszugehörigkeit, die Sie am 1. April 1977 erreicht hätten. Für den Betrag, der bei normalem Auszahlungstermin seitens des Finanzamts steuerfrei wäre, übernimmt die Firma die Steuern.
Auch der Sonderurlaub anläßlich des 40jährigen Jubiläums wird Ihnen gewährt und auf das Jahr 1976 vorverlegt.
9. Sollten Sie in der Zwischenzeit ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis eingehen - was auf die Firmenpension keinerlei Einfluß hätte -, so wollen Sie uns davon bitte in Kenntnis setzen. Die Beiträge zur Angestellten- und Krankenversicherung würden dann unsererseits entfallen, da sie aufgrund gesetzlicher Bestimmungen vom neuen Arbeitgeber abzuführen sind. Im Falle der Beendigung eines solchen Arbeitsverhältnisses leben diese Zuschüsse durch uns wieder auf."
Für die Arbeitnehmer der Klägerin gelten sonst folgende Bedingungen:
Alle tariflich eingestuften Angestellten der Klägerin haben nach einjähriger Betriebszugehörigkeit Anspruch auf ein tarifliches Monatsgehalt als Jahresleistung (13. Gehalt), das regelmäßig im März des folgenden Jahres ausgezahlt wird. Sie müssen jedoch am 31. Dezember des Jahres, für das die Jahresleistung gilt, länger als drei Monate dem Betrieb angehört und dürfen ihr Arbeitsverhältnis nicht selbst zum 31. Dezember gekündigt haben. Überbrückungszahlungen (Fortzahlung des vollen Monatsentgelts für einen bestimmten Zeitraum) leistet die Klägerin nur bei Pensionierungen wegen Erreichens der Altersgrenze, bei der Wahrnehmung der flexiblen Altersgrenze oder bei Pensionierungen wegen dauernder Erwerbsunfähigkeit. Einen Zusatzurlaub und eine Jubiläumszahlung, die je nach Dienstalter drei, fünf oder sechs Monatsentgelten entspricht, erhält jeder Arbeitnehmer, der dem Unternehmen der Klägerin 25, 40 oder 50 Jahre angehört.
Die Klägerin ist der Ansicht, die von ihr aufgrund der Vereinbarung vom 6. November 1975 erbrachten Leistungen seien - abgesehen von der Firmenpension - bis zu einem Höchstbetrag von 36 000 DM nach § 3 Nr. 9 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1975 als Abfindungen steuerfrei. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) hielt diese Beträge für steuerpflichtig und erließ gegen die Klägerin einen Haftungsbescheid über Lohn- und Lohnkirchensteuer. Durch diesen Bescheid wurden die dem Arbeitnehmer E zugeflossene Jahresleistung, das Jubiläumsgeld und die in den Monaten August 1976 und September 1976 gezahlten Übergangsgelder, die Zuschüsse zur Krankenkasse und der für die beiden Monate geleistete Ersatz für die BfA-Rente der Besteuerung unterworfen.
Die Sprungklage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte aus:
Der Haftungsbescheid sei aufzuheben, weil die durch ihn erfaßten Zahlungen an den Arbeitnehmer E nach § 3 Nr. 9 EStG 1975 nicht steuerpflichtig seien.
Die Auflösung des Arbeitsverhältnisses sei i. S. dieser Vorschrift von der Klägerin veranlaßt worden. Sie habe die vorzeitige Beendigung des Dienstverhältnisses mit dem Arbeitnehmer E betrieben und der Aufhebungsvertrag sei auf ihre Initiative abgeschlossen worden. Die von der Klägerin erbrachten Leistungen seien - bis auf die Firmenpension - als Abfindungen nach § 3 Nr. 9 EStG 1975 anzusehen. Abfindungen seien Entschädigungen, die der Arbeitnehmer als Ausgleich für die mit der Auflösung des Dienstverhältnisses verbundenen Nachteile, insbesondere wegen des Verlustes des Arbeitsplatzes, erhalte. Nicht unter den Begriff der Abfindung fielen jedoch Zahlungen zur Abgeltung vertraglicher Ansprüche, die der Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis bereits erlangt habe oder die er bis zu einer vertragsgemäßen Beendigung des Arbeitsverhältnisses, z. B. durch Kündigung oder Zeitablauf, erlangt hätte. Die Klägerin habe die Jahresleistung, das Jubiläumsgeld, die Übergangsgelder, die Zuschüsse zur Krankenkasse und den Ersatz für die BfA-Rente als Ausgleich für die mit der Auflösung des Dienstverhältnisses verbundenen Nachteile, so vor allem wegen Verlustes des Arbeitsplatzes, erbracht. Der Arbeitnehmer E habe auf diese Zahlungen vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Juli 1976 keinen Rechtsanspruch gehabt. Im Streitfall stimme der Zeitpunkt der einvernehmlichen Auflösung des Dienstverhältnisses zum 31. Juli 1976 mit dem Zeitpunkt überein, zu dem bei einer vertragsgemäßen Kündigung das Arbeitsverhältnis geendet hätte.
Eine Abfindung nach § 3 Nr. 9 EStG 1975 sei auch gegeben, wenn die Bezüge - wie hier - ratenweise gezahlt würden. Ob und inwieweit fortwährende Zahlungen, bei denen die Laufzeit und damit die Gesamthöhe ungewiß sei, als Abfindungen anzusehen seien, könne dahingestellt bleiben. Im Streitfall seien die Leistungen jedenfalls hinreichend bestimmt gewesen. Bei den Zuschüssen zur Krankenkasse habe zwar die Laufzeit und damit die Gesamthöhe der Zahlungen nicht genau festgestanden, weil die bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres des Arbeitnehmers begrenzte Laufzeit der Zuschüsse vom Verhalten des Arbeitnehmers E abhängig gewesen sei. Da aber auch diese Zahlungen den gleichen Zweck verfolgt hätten wie eine einmalige Leistung, sei eine Abfindung insoweit ebenfalls zu bejahen.
Das FA hat gegen diese Entscheidung Revision eingelegt. Es bringt u. a. vor:
Die Klägerin habe mit dem Frühpensionierungsangebot das Ziel verfolgt, Arbeitsplätze einzusparen, ohne Entlassungen durchführen zu müssen. Sie habe zu diesem Zweck dem in Frage kommenden Personenkreis das Aufgeben des Arbeitsplatzes möglichst attraktiv machen müssen. Um den damals 62jährigen Arbeitnehmer E zur Aufgabe seines Arbeitsplatzes zu bewegen, habe sie alle, auch die künftig fällig werdenden Ansprüche abgelten müssen. Solche Entschädigungen seien "wirtschaftlich" Ersatz für entgehende Einnahmen aus dem aufgegebenen Arbeitsverhältnis. Sie gehörten daher zum steuerpflichtigen Arbeitslohn. Eine Auflösung des Dienstverhältnisses mit dem Arbeitnehmer E wäre praktisch ausgeschlossen gewesen, wenn dieser sich trotz des attraktiven Angebots nicht dazu bereitgefunden hätte. Der Arbeitnehmer E habe auf die Jahresleistung einen tarifvertraglichen Anspruch gehabt. Dieser Anspruch sei im Juli 1976 abgegolten worden. Das gleiche gelte für die Jubiläumszuwendungen. Wie Hartz-Meeßen-Wolf (ABC-Führer, Lohnsteuer, Stichwort "Entschädigungen [Abfindungen]", 3 c S. 94 d) zu Recht hervorhöben, seien vorzeitig gezahlte Jubiläumsgeschenke nicht Teile einer steuerfreien Abfindung.
Das FA beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 EStG 1975, § 2 Abs. 1 und 2 Nr. 1 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (LStDV) 1975 gehören zu den lohnsteuerpflichtigen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Löhne, Gehälter, Gratifikationen und andere Bezüge und Vorteile, die einem Arbeitnehmer für seine Beschäftigung im öffentlichen und privaten Dienst gewährt werden. Dabei ist es gleichgültig, ob es sich um einmalige oder laufende Bezüge handelt und ob auf sie ein Rechtsanspruch besteht. Der Arbeitgeber hat die auf die steuerpflichtigen Bezüge entfallende Lohnsteuer nach § 41 a EStG 1975 einzubehalten und an das FA abzuführen. Erfüllt er diese Pflicht nicht, so kann das FA gegen ihn nach § 42 d EStG 1975 einen Haftungsbescheid erlassen. Die Pflicht zur Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer und die Haftung des Arbeitgebers entfällt, soweit der Gesetzgeber bestimmte Bezüge des Arbeitnehmers von der Einkommen- bzw. Lohnsteuer befreit hat.
Das FG hat den gegen die Klägerin erlassenen Haftungsbescheid zu Recht aufgehoben, weil die von ihm erfaßten und dem Arbeitnehmer E zugeflossenen Bezüge nach § 3 Nr. 9 EStG 1975 nicht steuerpflichtig sind. Nach dieser Vorschrift sind Abfindungen wegen einer vom Arbeitgeber veranlaßten Auflösung des Dienstverhältnisses bis zu bestimmten Höchstbeträgen steuerfrei.
1. Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteile vom 17. Mai 1977 VI R 150/76, BFHE 122, 478, BStBl II 1977, 735, und vom 13. Oktober 1978 VI R 91/77, BFHE 126, 399, BStBl II 1979, 155) ist die Auflösung des Dienstverhältnisses vom Arbeitgeber "veranlaßt", wenn dieser die entscheidenden Ursachen für die Auflösung des Verhältnisses gesetzt hat und dem Arbeitnehmer im Hinblick auf dieses Verhalten eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr zuzumuten ist.
Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Nach den Feststellungen des FG wurde die vorzeitige Beendigung des Dienstverhältnisses von der Klägerin betrieben, weil sie den Bestand an Mitarbeitern verringern, Kündigungen ihrer Arbeitnehmer jedoch vermeiden wollte. Dem steht nicht entgegen, daß das Dienstverhältnis letztlich einvernehmlich durch Vereinbarung zwischen der Klägerin und dem Arbeitnehmer E aufgelöst wurde.
2. "Abfindungen" wegen einer vom Arbeitgeber veranlaßten Auflösung des Dienstverhältnisses sind nach den beiden vorstehend erwähnten Urteilen des Senats grundsätzlich solche Zuwendungen, die ein Arbeitnehmer anläßlich der Auflösung des Dienstverhältnisses, so insbesondere zum Ausgleich von Nachteilen wegen Verlustes des Arbeitsplatzes erhält. Die Abfindung muß mit der Auflösung des Dienstverhältnisses in einem kausalen Zusammenhang stehen.
Wie der Senat weiter betont hat, kommt es entscheidend auf den Zeitpunkt an, zu dem das Dienstverhältnis bürgerlich-rechtlich bzw. arbeitsrechtlich beendet wurde. Mit dem Wirksamwerden der Auflösung des Dienstverhältnisses endet das Recht des Arbeitnehmers auf Entlohnung, so daß darüber hinaus gezahlte Beträge keine Abgeltung bereits vertraglich erlangter Ansprüche sein können (BFHE 126, 399, BStBl II 1979, 155, unter 3.). An diesen Grundsätzen hält der Senat fest.
Das FG hat im Streitfall in den dem Arbeitnehmer E aufgrund des Vertrages vom 6. November 1975 zugeflossenen und vom FA im Haftungsbescheid erfaßten Bezügen zu Recht Abfindungen i. S. des § 3 Nr. 9 EStG 1975 erblickt. So wurde die Zuwendung zum 40jährigen Dienstjubiläum nicht zur Abgeltung vertraglicher Ansprüche gezahlt, da der Arbeitnehmer E auf sie bei Beendigung des Dienstverhältnisses zum 31. Juli 1976 noch keinen Anspruch hatte. Der Anspruch wäre erst am 1. April 1977 entstanden, weil der Arbeitnehmer E dem Unternehmen erst dann 40 Jahre angehört hätte. Auf die Jahresleistung für 1976 hatte er am 31. Juli 1976 ebenfalls noch keinen Anspruch; denn er war nicht bis 31. Dezember 1976 im Betrieb tätig. Der Arbeitnehmer E hätte ohne die Vereinbarung vom 6. November 1975 auch nicht die Zahlung von Übergangsgeldern verlangen können. Sie wurden nach den betrieblichen Richtlinien der Klägerin nämlich sonst nur bei Pensionierung wegen Erreichens der Altersgrenze, bei der Wahrnehmung der flexiblen Altersgrenze oder bei Pensionierungen wegen dauernder Arbeitsunfähigkeit gewährt. Wegen Auflösung des Dienstverhältnisses zum 31. Juli 1976 hatte der Arbeitnehmer E auch keinen Anspruch auf betriebliche Zuschüsse zur Krankenversicherung für die Monate August und September 1976. Das gleiche gilt für den von der Klägerin gezahlten Ersatz für die dem Arbeitnehmer E noch nicht zustehende BfA-Rente. Solche Zahlungen waren im Rahmen der üblichen Sozialleistungen der Klägerin nicht vorgesehen.
Die vorgenannten Leistungen entsprechen zwar bis auf den Ersatz der BfA-Rente den Beträgen, die der Arbeitnehmer E erhalten hätte, wenn das Arbeitsverhältnis nicht zum 31. Juli 1976, sondern erst am 30. April 1977 geendet hätte. Hierauf kommt es jedoch nicht an. Soweit der Senat im Urteil in BFHE 122, 478, BStBl II 1977, 735, bei der Weiterzahlung von Lohn für einen nach Beendigung des Dienstverhältnisses liegenden Zeitraum einen anderen Standpunkt vertreten hatte, hat er hieran im Urteil in BFHE 126, 399, BStBl II 1979, 155, nicht mehr festgehalten.
Den von der Klägerin erbrachten Leistungen ist gemäß den zutreffenden Ausführungen des FG die Anerkennung als Abfindung auch nicht deshalb zu versagen, weil es sich um laufende Zahlungen handelt. Der Begriff der Abfindung in § 3 Nr. 9 EStG 1975 ist nach den Ausführungen des Senats im Urteil in BFHE 126, 399, BStBl II 1979, 155, aus sich heraus und nicht, wie früher, entsprechend den Begriffen des Kündigungsschutzgesetzes oder Betriebsverfassungsgesetzes auszulegen. Daß laufende Zahlungen keine Abfindungen sein können, ist weder aus dem Wortlaut noch aus dem Sinn und Zweck des § 3 Nr. 9 EStG 1975 zu ersehen. Laufende Zahlungen sind ebenso wie die Entrichtung eines Einmalbetrags oder eines in Raten zu zahlenden Gesamtbetrags ihrem Wesen nach Geldleistungen. Sie können als solche zu jedem beliebigen Zweck gewährt und somit auch dazu bestimmt werden, Nachteile wegen Verlustes des Arbeitsplatzes auszugleichen (so im Ergebnis auch Oeftering/Görbing, Das gesamte Lohnsteuerrecht, 5. Aufl., § 3 EStG Anm. 25). Die Rechtslage ist bei steuerfreien Abfindungen nach § 3 Nr. 9 EStG 1975 insoweit anders als bei der Steuerermäßigung von außerordentlichen Einkünften nach § 34 Abs. 1 und 2 EStG 1975, zu denen auch Entschädigungen i. S. des § 24 Nr. 1 EStG 1975 gehören. Dort hat die Rechtsprechung den Begriff der "außerordentlichen Einkünfte" dahin ausgelegt, es müsse sich um eine Zusammenballung von Einkünften in einem Jahr, in besonders liegenden Fällen ausnahmsweise auch in zwei Jahren, handeln, da sonst kein Grund für eine Steuerermäßigung ersichtlich sei (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 20. Oktober 1978 VI R 107/77, BFHE 126, 408, BStBl II 1979, 176, und die dort erwähnte Rechtsprechung). Außerordentliche Einkünfte in diesem Sinne sind jedoch nicht Voraussetzung für die Anwendung des § 3 Nr. 9 EStG 1975. Soweit die Verwaltung in den Anweisungen in Abschn. 4 Abs. 2 Satz 5 der für das Streitjahr 1976 allerdings nicht maßgeblichen Lohnsteuer-Richtlinien 1978 eine andere Auffassung vertreten sollte, könnte der Senat ihr nicht beitreten.
Die Frage, ob und inwieweit laufende Zahlungen bezüglich ihrer Laufzeit vertraglich hinreichend konkretisiert sein müssen, kann der Senat ebenso wie das FG dahingestellt sein lassen, da die Vereinbarung vom 6. November 1975 im einzelnen bestimmt, zu welchen Zeitpunkten die laufenden Leistungen (nämlich die Übergangsgelder, die Zuschüsse zur Krankenversicherung und der Ersatz für die BfA-Rente) beginnen und aufgrund welcher Ereignisse sie enden sollen.
Fundstellen
BStBl II 1980, 205 |
BFHE 1980, 479 |