Leitsatz (amtlich)
1. Die Änderung einer Steuerfestsetzung nach § 173 Abs.1 Nr.1 AO 1977 setzt voraus, daß das nachträgliche Bekanntwerden einer Tatsache oder eines Beweismittels nicht auf einer Verletzung der der Finanzbehörde obliegenden Ermittlungspflicht beruht, sofern der Steuerpflichtige seiner Mitwirkungspflicht voll genügt hat.
2. § 174 Abs.3 AO 1977 stellt die Änderung der Steuerfestsetzung nicht in das Ermessen der Finanzbehörde.
Orientierungssatz
1. Ist ein Steuerbescheid an seinem augenfälligsten Teil, dem Kopf, ohne einschränkenden Zusatz als vorläufig gekennzeichnet und ist auch aus seinem sonstigen Inhalt nicht zu entnehmen, daß der Vorläufigkeitsvermerk nur beschränkte Wirkung haben soll, so kann sich die Vorläufigkeit der Steuerfestsetzung nur auf den gesamten Inhalt beziehen, weil Kriterien zur Eingrenzung nach objektiven Merkmalen nicht ersichtlich sind (vgl. BFH-Rechtsprechung).
2. Änderung eines Steuerbescheids nach § 174 Abs. 3 Satz 1 AO 1977: Die Tatbestandsvoraussetzung der Erkennbarkeit einer --sich als unrichtig erweisenden-- Auffassung des FA in bezug auf die Berücksichtigung eines Sachverhalts in diesem oder einem anderen Steuerbescheid muß sich aus den eigenen Beziehungen des Steuerpflichtigen zum FA ergeben; der Umstand, daß ein Dritter aus Kenntnis weiterer Zusammenhänge in der Lage ist zu erkennen, daß das FA sich in einem Irrtum befunden hat, reicht nicht aus.
Normenkette
AO 1977 §§ 88, 165 Abs. 1, § 173 Abs. 1 Nr. 1, § 174 Abs. 3, §§ 119, 120 Abs. 1
Tatbestand
An der ...GmbH waren neben anderen Personen der ursprüngliche Kläger (der von den nunmehrigen Klägern beerbt wurde, im folgenden als Kläger bezeichnet) und weiter aus seiner Familie seine beiden Söhne und seine Eltern beteiligt. Im Jahre 1971 verstarb der Vater des Klägers; seine Mutter verstarb am 29.Dezember 1972. Durch die doppelte Erbfolge ergaben sich Schwierigkeiten bei der Ermittlung der Anteile der Erben an der GmbH nach den Eltern des Klägers. In den am 12.August 1976 beim Finanzamt (FA) eingegangenen Vermögensteuererklärungen 1973 und 1974 erklärte der Kläger die Höhe der Beteiligung am anteiligen, seiner Familie zustehenden Stammkapital jeweils mit 3/8 und 5/16 und errechnete den Wert der ihm zustehenden Beteiligung mit 3 762 006 DM. Aufgrund einer Mitteilung des FA X vom 5.Januar 1977 über den gemeinen Wert der Anteile zum 31.Dezember 1973 an der GmbH, in der nachrichtlich die anteilige Beteiligung des Klägers nach den Angaben der GmbH enthalten ist, setzte das FA mit gemäß § 165 Abs.1 der Abgabenordnung (AO 1977) vorläufigem Bescheid vom 2.Mai 1977 die Vermögensteuer für die Hauptveranlagung 1974 auf 14 133 DM fest. Dabei wich es von der Erklärung des Klägers ab und ging von einer aus der Mitteilung des FA X sich errechnenden niedrigeren anteiligen Beteiligung des Klägers an der GmbH aus. Die Abweichung ist im Bescheid nicht erläutert. Im Abschnitt "Erläuterungen" des Bescheids findet sich nur der Satz: "Dieser Bescheid ergeht vorläufig, weil die Erbschaftsteuerbescheide noch vorläufig sind."
Mit Bescheid vom 7.Dezember 1977 nahm das FA eine Neuveranlagung der Vermögensteuer für das Jahr 1973 vor; es setzte diese unter Ansatz des niedrigeren, sich aus einer Mitteilung des FA X (nach § 218 Abs.4 der Reichsabgabenordnung --RAO-- berichtigte Mitteilung vom 12.November 1976) ergebenden Werts der Beteiligung des Klägers auf 18 010 DM fest. Im Bescheid auf den 1.Januar 1973 heißt es unter Abschnitt D "Erläuterungen":
"Der gemeine Wert der Anteile an der Fa. ...GmbH beträgt 20.061 je 100 DM, die Höhe der Beteiligung beträgt 9.667 DM..... Der Bescheid ist vorläufig hinsichtlich der Erbschaftsteuerschulden."
Im übrigen ist der Bescheid nicht als vorläufiger Bescheid gekennzeichnet.
Die vom Kläger erklärten, bei seiner jeweiligen Vermögensteuerveranlagung aber nicht berücksichtigten Anteile setzte das FA bei den Vermögensteuerveranlagungen der Söhne des Klägers an. Beide Söhne erreichten durch Vorlage des Testaments der Großmutter, daß ihnen die Anteile nicht zugerechnet wurden.
Mit Änderungsbescheiden vom 3.Juli 1978, gestützt auf § 173 Abs.1 Nr.1 AO 1977, änderte das FA die gegen den Kläger ergangenen Vermögensteuerbescheide. Es rechnete ihm nunmehr auch die bisher bei ihm nicht erfaßten Anteile an der GmbH zu und setzte die Vermögensteuer für 1973 auf 38 610 DM und für 1974 auf 29 407 DM fest.
Mit der nach erfolgloser Durchführung des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens erhobenen Klage wird die Aufhebung der Änderungsbescheide vom 3.Juli 1978 begehrt. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, dem FA sei in Gestalt des Testaments der Mutter des Klägers nachträglich ein neues Beweismittel bekanntgeworden, habe es doch die Angaben des Klägers durch die Mitteilungen des FA X als überholt ansehen können. Zumindest aber sei die Änderung der Vermögensteuerbescheide aus § 174 Abs.3 AO 1977 gerechtfertigt. Es sei für den Kläger erkennbar gewesen, daß der zu niedrig angesetzte Anteil beim Kläger zu einem höheren Ansatz bei einem oder mehreren anderen Beteiligten führen mußte. Dies folge aus dem Vermerk im Vermögensteuerbescheid 1973, aus der familiären Verbundenheit der Anteilseigner (Vater und Söhne) und nicht zuletzt daraus, daß die steuerliche Beratung und Vertretung aller Beteiligten zumindest seit Einreichung der Vermögensteuererklärungen 1973 in einer Hand gelegen habe, nämlich in der des Prozeßbevollmächtigten.
Mit der Revision wird das Klagebegehren weiter verfolgt. Gerügt wird Verletzung von §§ 173, 174 AO 1977 sowie Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten und ein Verstoß gegen die Denkgesetze.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Kläger ist unbegründet; das angefochtene Urteil verletzt zwar § 172 Abs.1 Nr.2 Buchst.d i.V.m. § 173 Abs.1 Nr.1 AO 1977, erweist sich aber im Ergebnis als zutreffend.
1. Soweit das FG die Änderung der Steuerfestsetzungen aus § 173 Abs.1 Nr.1 AO 1977 für gerechtfertigt gehalten hat, ist dem angefochtenen Urteil nicht zu folgen.
Nach § 173 Abs.1 Nr.1 AO 1977 ist ein Steuerbescheid zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekanntwerden, die zu einer höheren Steuer führen. Nach § 173 Abs.1 Nr.2 AO 1977 ist ein Steuerbescheid auch dann zu ändern, wenn die "neuen", d.h. die nach der Steuerfestsetzung bekanntgewordenen Tatsachen oder Beweismittel zu einer niedrigeren Steuer führen und wenn den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, daß die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden.
Im Geltungsbereich der Vorgängervorschrift des § 173 Abs.1 Nr.1 AO 1977, nämlich § 222 Abs.1 Nr.1 RAO, ist sowohl in ständiger Rechtsprechung als auch in der Literatur die Auffassung vertreten worden, es genüge nicht allein die nachträgliche Kenntnis einer neuen Tatsache oder eines neuen Beweismittels. Weitere Voraussetzung für eine Änderung eines Steuerbescheids zuungunsten des Steuerpflichtigen sei auch, daß die spätere Kenntnis der Tatsache oder des Beweismittels nicht auf einer Verletzung der der Finanzbehörde obliegenden Ermittlungspflicht (§ 204 Abs.1 RAO; vgl. heute § 88 AO 1977) beruhe, sofern der Steuerpflichtige seiner Mitwirkungspflicht voll genügt habe, also z.B. bei Abgabe einer Steuererklärung die steuerlich relevanten Sachverhalte richtig, vollständig und deutlich dem FA zur Prüfung unterbreitet habe (vgl. Kühn/Kutter, Abgabenordnung, 10.Aufl., § 222 Anm.5 b, bb).
Auch zu § 173 Abs.1 Nr.1 AO 1977 ist an dieser bisherigen Rechtsprechung festzuhalten. Zwar enthält der Wortlaut der Nummer 1 des § 173 Abs.1 AO 1977 (wie auch § 222 Abs.1 Nr.1 RAO) im Gegensatz zur Nummer 2 der Vorschrift keine Einschränkung. Da es aber in das Ermessen der Finanzbehörde gestellt ist, die materielle Bestandskraft einer Steuerfestsetzung dadurch offen zu halten, daß sie die Festsetzung der Steuer "solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist" unter den Vorbehalt der Nachprüfung stellt (§ 164 Abs.1 Satz 1 AO 1977), gebietet § 88 AO 1977 für den Fall, daß die Finanzbehörde von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch macht, daß sie allen offenkundigen Zweifelsfragen, also Zweifeln, die sich ohne weiteres aufdrängen, nachgeht. Denn der Steuerpflichtige, der seiner Mitwirkungspflicht voll genügt hat, kann sich bei einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung darauf verlassen, daß eine abschließende Prüfung durch die Finanzbehörde erfolgt ist. Eine Änderung zum Nachteil des Steuerpflichtigen ist in diesem Fall auch dann nicht zulässig, wenn sein Vertrauen auf den Bestand des für ihn günstigen Bescheids nicht schützenswert wäre, weil er dessen Rechtswidrigkeit kannte oder kennen mußte (vgl. Kühn/Kutter/Hofmann, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 14.Aufl., § 130 AO 1977 Anm.3 e und die vergleichbare Regelung des § 48 Abs.2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes --VwVfG--); denn die §§ 130, 131 AO 1977 sind im Bereich der Aufhebung oder Änderung von Steuerbescheiden nicht anwendbar (vgl. § 172 Abs.1 Nr.2 Buchst.d AO 1977).
Im vorliegenden Fall war die Änderung der Vermögensteuerbescheide auf der Grundlage des § 173 Abs.1 Nr.1 AO 1977 dem FA verwehrt und deshalb rechtswidrig. Das FA hätte nämlich aufgrund der eindeutigen Erklärungen des Klägers (Bezeichnung der Bruchteile an der anteiligen Beteiligung) und der damit unvereinbaren Mitteilung über den von der Gesellschaft angegebenen Anteil des Klägers (1/3 anstelle von 3/8 zuzüglich 5/16) Anlaß gehabt, den Kläger zur Aufklärung dieses Widerspruchs aufzufordern und wäre entweder unter Vorlage des Testaments der Mutter des Klägers --das nur dasjenige beweist, was bisher vom Kläger erklärt wurde-- oder ohne diese auf die richtigen Bruchteile gestoßen.
Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob das FA sich etwa rechtsfehlerhaft an die nachrichtliche Mitteilung durch das FA X über die von der Gesellschaft angegebene Beteiligung des Klägers an der GmbH gebunden fühlte. Denn in diesem Fall hätte es bei der Steuerfestsetzung das nachträglich bekanntgewordene Beweismittel (Testament) für unbeachtlich gehalten. Zur Bereinigung eines solchen --unterstellten-- Rechtsfehlers aber bietet § 173 Abs.1 Nr.1 AO 1977 keine Handhabe. Jedenfalls konnte das FA nicht ohne Nachforschung davon ausgehen, daß die Angaben des Klägers in seinen Vermögensteuererklärungen überholt waren, wie das FG meint.
2. Die Änderungsbescheide erweisen sich jedoch aus anderen Gründen als rechtmäßig.
a) Vermögensteuerbescheid 1974:
Der Vermögensteuerbescheid auf den 1.Januar 1974 war ein in vollem Umfang vorläufiger Bescheid; seine Änderung war deshalb nach § 165 Abs.2 Satz 1 AO 1977 nicht den Beschränkungen der besonderen Änderungsvorschriften der §§ 172 ff. AO 1977 unterworfen (vgl. auch § 172 Abs.1 Satz 1 AO 1977).
Nach § 165 Abs.1 Satz 1 AO 1977 kann eine Steuer insoweit vorläufig festgesetzt werden, als ungewiß ist, ob und inwieweit die Voraussetzungen für ihre Entstehung eingetreten sind. Umfang und Grund der Vorläufigkeit sind nach § 165 Abs.1 Satz 2 AO 1977 anzugeben. Der Vorläufigkeitsvermerk ist eine selbständige Nebenbestimmung zum Verwaltungsakt, die kraft Gesetzes zugelassen ist (vgl. § 120 Abs.1 AO 1977). Auch für eine derartige Nebenbestimmung gilt der in § 119 Abs.1 AO 1977 normierte Grundsatz, daß sie inhaltlich hinreichend bestimmt sein muß, welches Erfordernis durch § 165 Abs.1 Satz 2 AO 1977 noch in verstärktem Maße angesprochen wird.
Aus dem Vermögensteuerbescheid 1974 vom 2.Mai 1977 ist zwar mit hinreichender Deutlichkeit der Grund für die Vorläufigkeit zu ersehen (".... weil die Erbschaftsteuerbescheide noch vorläufig sind"), eine Beschränkung des Umfangs der Vorläufigkeit ist bei objektiver Betrachtung des Inhalts dieses Verwaltungsakts nicht zu entnehmen. Dabei gewinnt, wie der Senat bereits mit seinem Urteil vom 29.September 1971 II R 70/70 (BFHE 104, 102, BStBl II 1972, 195) und erneut im Urteil vom 9.Oktober 1985 II R 74/83 (BFHE 145, 11, BStBl II 1986, 38) ausgeführt hat, der Umstand an Bedeutung, daß der Steuerbescheid an dessen augenfälligstem Teil, dem Kopf, ohne einschränkenden Zusatz als vorläufig gekennzeichnet ist. Ist ein Steuerbescheid solcherart als in vollem Umfang vorläufig gekennzeichnet und aus seinem sonstigen Inhalt nicht zu entnehmen, daß der Vorläufigkeitsvermerk nur beschränkte Wirkung haben soll, so kann sich die Vorläufigkeit der Steuerfestsetzung nur auf den gesamten Inhalt beziehen, weil Kriterien zur Eingrenzung nach objektiven Merkmalen nicht ersichtlich sind.
b) Vermögensteuer 1973:
Nach § 174 Abs.3 Satz 1 AO 1977 kann in dem Fall, daß ein bestimmter Sachverhalt in einem Steuerbescheid erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt worden ist, daß er in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, die Steuerfestsetzung geändert werden, wenn sich diese Annahme als unrichtig herausstellt.
Da das FA in den Bemerkungen zum Vermögensteuerbescheid dem Kläger mitgeteilt hatte, in welcher Höhe es seine, d.h. die ihm zuzurechnende bzw. ihm zustehende Beteiligung an der GmbH annahm, war für den Kläger erkennbar, daß das FA angenommen hat, der nicht in diesem Bescheid erfaßte Teil der Beteiligung an dieser GmbH sei bei einem anderen Steuerpflichtigen und damit i.S. der Vorschrift in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen. Die Erkennbarkeit für den Kläger folgt unmittelbar aus dem Inhalt des Verwaltungsaktes; denn dem Kläger selbst war bekannt, daß seine Beteiligung höher war, als sie der Bescheid auswies. Soweit das FG darüber hinaus auf die familiäre Verbundenheit einerseits, sowie darauf abgestellt hat, daß sowohl der Kläger als auch seine Söhne durch dieselbe Person steuerlich beraten und vertreten wurden, vermag der Senat dem FG nicht zu folgen. Die Erkennbarkeit der --sich später als unrichtig erweisenden-- Annahme des FA muß sich aus den eigenen Beziehungen des Steuerpflichtigen zur Finanzbehörde ergeben; der Umstand, daß ein Dritter aus Kenntnis weiterer Zusammenhänge in der Lage ist zu erkennen, daß das FA sich in einem Irrtum befunden hat, reicht nicht aus. Denn die Tatbestandsvoraussetzung der Erkennbarkeit einer --sich als unrichtig erweisenden-- Auffassung des FA in bezug auf die Berücksichtigung eines Sachverhalts in diesem oder einem anderen Steuerbescheid dient dem Vertrauensschutz und ist damit in das persönliche Steuerpflichtverhältnis eingebunden.
Das FG konnte auch die Rechtmäßigkeit des Änderungsbescheides aus § 174 Abs.3 AO 1977 bejahen, obwohl das FA die Änderung auf § 173 Abs.1 Nr.1 AO 1977 gestützt hatte. An einem solchen Austausch des Rechtsgrundes für die Änderung wäre es nur dann gehindert gewesen, wenn § 174 Abs.3 AO 1977 die Änderung in das Ermessen der Finanzbehörde stellen würde (so die überwiegende Meinung in der Literatur, vgl. z.B. Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, § 174 AO Anm.16; Kühn/Kutter/Hofmann, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung; 14.Aufl., § 174 AO Anm. 4; Schwarz/Frotscher, Kommentar zur Abgabenordnung, § 174 Anm. 9 h; Woerner/Grube, Die Aufhebung und Änderung von Verwaltungsakten, 7.Aufl., S.107; Weber-Grellet, Die steuerliche Betriebsprüfung, 1982, 29, 34), weil das FG sein Ermessen nicht an die Stelle des finanzbehördlichen Ermessens hätte setzen können. Die Vorschrift stellt die Änderung jedoch nicht in das Ermessen der Finanzbehörde. Sie läßt keinerlei Kriterien erkennen, die für eine Ermessensausübung leitend sein könnten. Dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes wird bereits durch das Tatbestandsmerkmal der Erkennbarkeit der (unrichtigen) Annahme des FA Rechnung getragen. Lassen sich aber keine Maßstäbe für einen Ermessensspielraum dahingehend finden, unter welchen Umständen von einer durch Tatbestandserfüllung möglichen Änderung einer Steuerfestsetzung abgesehen werden kann, so erweist sich das Wort "kann" in § 174 Abs.3 AO 1977 als ein rechtliches Können und im Hinblick darauf, daß das FA auf die Erfüllung des Steueranspruchs nicht verzichten darf, als ein Müssen. Die Änderung nach § 174 Abs.3 AO 1977 ist solcherart ein gebundener Verwaltungsakt.
Fundstellen
BStBl II 1986, 241 |
BFHE 145, 487 |
BFHE 1986, 487 |
BB 1986, 1839-1841 (ST) |
DB 1986, 786-786 (ST) |
DStR 1986, 270-270 (ST) |
HFR 1986, 223-224 (ST) |
DStZ/E 1986, 157-157 (S) |
StBp 1986, 70-70 (ST) |