Leitsatz (amtlich)
Eine Personenhandelsgesellschaft ist, soweit sie an anderen Gesellschaften beteiligt ist, regelmäßig nicht Unternehmer (Bestätigung zum BFH-Urteil vom 20.Januar 1988 X R 48/81, BFHE 152, 556, BStBl II 1988, 557).
Orientierungssatz
"Letztverbrauch" im umsatzsteuerrechtlichen Sinne findet dort statt, wo beim Bezieher von Leistungen --mangels Ausführung (weiterer) der Umsatzsteuer unterliegender Umsätze (Ausgangsleistungen)-- die Unternehmerkette endet. Dies gilt auch dann, wenn die nicht der Umsatzsteuer unterliegende Tätigkeit nicht eigentlich "privater", sondern gewerblicher Art ist. In diesem Fall ist der Leistungsempfänger einem Endverbraucher gleichzustellen, da auf seiner Stufe der Produktionsweg und Vertriebsweg endet (vgl. EuGH-Urteil vom 1.4.1982 Rs. 89/81).
Normenkette
UStG 1973 § 4 Nr. 8, § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1, § 15 Abs. 1-2; EWGRL 228/67 Art. 2; EWGRL 228/67 Anhang A Nr. 2; EWGRL 228/67 Art. 12 Abs. 1
Verfahrensgang
FG Köln (Entscheidung vom 28.10.1981; Aktenzeichen IX (VI) 454/76 UM) |
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine zur Kapitalanlage bestimmte Publikumsgesellschaft. Sie wurde am 5.Dezember 1973 in das Handelsregister eingetragen. Lt. Gesellschaftsvertrag ist Gegenstand des Unternehmens die Vorbereitung und Durchführung von Mineralexplorationen im In- und Ausland, vornehmlich in den USA; der Erwerb und die Veräußerung von Grundstücken, Bohr- und Schürfrechten im Allein- oder Anteilseigentum sowie Pachtrechten und sonstigen Rechten betreffend die Förderung von Erdöl und Erdgas; die Produktion, der Verkauf und der Handel von und mit Erdgas und Erdöl im In- und Ausland; die Beteiligung als Aktionär, Gesellschafter, Kommanditist oder in anderer Weise an Unternehmen im In- und Ausland im Rahmen der genannten Geschäftszwecke.
Durch Vertrag vom 18.November 1973 ("Konzeptionsvertrag") verpflichtete sich die A GmbH & Co. KG, der Klägerin ein verkaufsreif vorbereitetes Anlageprogramm für Kapitalanlagen im Erdölexplorationsbereich mit allen Unterlagen zur Verfügung zu stellen und sie bei der Durchführung dieses Programms zu beraten. Für diese Leistungen hatte die Klägerin eine Konzeptionsgebühr in Höhe von 5 v.H. des zur Emission aufgelegten Gesellschaftskapitals zuzüglich Mehrwertsteuer zu entrichten. Durch Vertrag vom 7.Dezember 1973 ("Vertriebsvertrag/Garantievertrag") verpflichtete sich die A GmbH & Co. KG weiter, unter Einsatz ihrer umfangreichen Vertriebsorganisation das im Betrage von ..* .Mio DM vorgesehene Zeichnungskapital (Kommanditeinlagen und Darlehen) gegen Zahlung einer Provision in Höhe von 12,5 v.H. der gezeichneten Einlage zuzüglich Mehrwertsteuer zu vermitteln.
Zur Durchführung des im Gesellschaftsvertrag festgelegten Geschäftszwecks beteiligte sich die Klägerin an der B Petroleums Exploration Ltd. (im folgenden: B Ltd.). Nach Vorverhandlungen unter der Federführung der A GmbH & Co. KG schloß die Klägerin mit der C Oil Corporation (im folgenden: C Oil) eine Rahmenvereinbarung (Bestätigungsschreiben der C Oil vom 21.November 1973) über die Gründung der B Ltd. als Betriebsgesellschaft für die Exploration von Erdöl und Erdgas sowie über die hierzu erforderlichen Maßnahmen. Die Rechtsform der B Ltd. ist die "limited partnership" US-amerikanischen Rechts. Die Klägerin hatte u.a. eine Bareinlage in Höhe von ... Mio DM, die im wesentlichen zur Deckung des Explorationsaufwandes bestimmt war, zu erbringen.
Im Rumpfwirtschaftsjahr 1973 erstreckte sich die Geschäftstätigkeit der Klägerin ausschließlich auf die Beteiligung an der B Ltd. Sie bewirkte ferner Umsätze durch die Ausgabe von Kommanditanteilen und ab dem Jahre 1974 steuerpflichtige Umsätze aus dem Verkauf von Heizöl (80 670 DM) und aus der Vermittlung eines Heizölverkaufs (115,24 DM). Für die Streitjahre begehrte die Klägerin den Abzug der folgenden Vorsteuerbeträge:
1973 1974
---- ----
DM DM
Aus Heizölkäufen -- 8 784,92
aus Konzeptionsgebühr 192 032,50 87 065,--
aus Verwaltungskosten 5 500,-- 13 200,--
aus Kosten steuerlicher
und rechtlicher Beratung 20 428,39 18 344,44
aus
Aufsichtsratsvergütungen 19 800,-- 7 260,--
aus Haftungsvergütungen -- 11 880,--
aus sonstigen Leistungen 2 029,15 9 963,83
---------- ----------
239 790,04 156 498,19.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) versagte den Abzug der Vorsteuer mit Ausnahme der Vorsteuerbeträge aus Heizölkäufen. Mit der Sprungklage gegen den Umsatzsteuerbescheid für 1973 vom 21.Oktober 1976 sowie mit der nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage gegen den Umsatzsteuerbescheid für 1974 vom 3.Dezember 1975 begehrte die Klägerin Abzug der genannten Vorsteuerbeträge.
Das Finanzgericht (FG) hat der Klage stattgegeben. Sein Urteil ist veröffentlicht in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1982, 437.
Mit der Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts.
Es beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage als unbegründet abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise die Rechtssache dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) zur Vorabentscheidung nach Art.177 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWGV) vorzulegen.
Sie trägt u.a. vor:
Der Unternehmerbegriff des § 2 des Umsatzsteuergesetzes 1967/1973 (UStG) sei auch für die Auslegung des § 15 UStG maßgebend. Zum Unternehmen gehöre der gesamte Wirkungsbereich, in dem jemand Tätigkeiten entfalte, die seine Unternehmereigenschaft begründen. Der ernsthaft erstrebte Geschäftszweck bilde die Richtschnur zur Abgrenzung der unternehmerischen von der nichtunternehmerischen Tätigkeit. Außerhalb des Regelungsbereichs des § 15 Abs.2 UStG gebe es keine Beschränkung des Vorsteuerabzugs.
Sie, die Klägerin, sei nicht nur aufgrund der Ausgabe von Kommanditanteilen im Sinne des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 18.Dezember 1975 V R 131/73 (BFHE 117, 501, BStBl II 1976, 265) "nachhaltig zur Erzielung von Einnahmen tätig" gewesen, sondern vor allem wegen ihres Engagements in den USA. Für sie sei es nicht zweckmäßig gewesen, selbst Bohrungen in den USA niederzubringen; denn Bohrkonzessionen seien dort knapp und teuer. Außerdem herrsche ein Mangel an Bohrtürmen und Bohrgeräten. Deshalb habe sie einen US-Partner mit Erfahrungen im Explorationsgeschäft benötigt, der über einen ausreichenden Bestand an Konzessionen verfügt habe oder solche zu beschaffen imstande gewesen sei. Aus den erwähnten Gründen würden Bohrungen regelmäßig mit einem Partner oder mehreren Partnern durchgeführt. Die Begründung einer "partnership" gehöre zu ihrer gewerblichen Tätigkeit, wofür auch der Umfang der Vorbereitungs- und der laufenden Verwaltungsarbeit spreche.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs.3 Nr.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1. Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, daß sich die Klägerin durch die Beteiligung an der B Ltd. als Unternehmer i.S. des § 1 Abs.1 Nr.1 i.V.m. § 2 Abs.1 UStG betätigt hat und infolgedessen gemäß § 15 Abs.1 UStG zum Vorsteuerabzug berechtigt war.
Nach den bisherigen Feststellungen des FG bestand die Tätigkeit der Klägerin --abgesehen von der hier nicht rechtserheblichen Ausgabe von Kommanditanteilen und dem geringfügigen Heizölhandel-- ausschließlich darin, die Beteiligung an der B Ltd. zu halten und zu verwalten. In der Eigenschaft als Beteiligungsgesellschaft hat die Klägerin keine der Umsatzsteuer unterliegenden Umsätze getätigt und war daher --bezogen auf diesen Tätigkeitsbereich-- nicht Unternehmer i.S. des § 2 Abs.1 UStG.
2. Der erkennende Senat hat durch Urteil vom 20.Januar 1988 X R 48/81 (BFHE 152, 556, BStBl II 1988, 557) entschieden, daß eine Personen(handels)gesellschaft, soweit sie an anderen Gesellschaften beteiligt ist, regelmäßig nicht Unternehmer i.S. des § 1 Abs.1 i.V.m. § 2 Abs.1, § 15 Abs.1 Nr.1 UStG ist und daher Vorsteuern aus Leistungen, die für diesen nichtunternehmerischen Bereich bezogen sind, nicht abziehen kann. Die Entscheidungsgründe, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, faßt der Senat wie folgt zusammen:
a) Vom "Unternehmer" "für sein Unternehmen" bezogen (§ 15 Abs.1 UStG) sind nur diejenigen Lieferungen und sonstigen Leistungen, die zur Ausführung der nach § 1 Abs.1 UStG der Umsatzsteuer unterliegenden Umsätze (Amtliche Überschrift zu § 1: "Steuerbare Umsätze") verwendet werden. Das "Unternehmen" im umsatzsteuerrechtlichen Sinne (§ 1 Abs.1, § 2 Abs.1 Satz 2 UStG) ist zwar der Inbegriff der "gesamten gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit des Unternehmers". Diese Tätigkeit ist aber nur in dem Umfang "Steuergegenstand" i.S. der §§ 1 bis 3 UStG, wie sie durch "steuerbare" (*= "der Umsatzsteuer unterliegende") Umsätze ausgeübt wird. Eine "Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen" (§ 2 Abs.1 Satz 3 UStG) ist nur insoweit unternehmerische Tätigkeit, als steuerbare Umsätze getätigt werden. Soweit ein Rechtsträger am Gewinn und Verlust einer Personengesellschaft nach Maßgabe seines Arbeitseinsatzes oder seiner Kapitalbeteiligung teilnimmt, unterliegt er mangels "Leistung gegen Entgelt" nicht der Umsatzsteuer.
Ein Grundsatz der "Einheitlichkeit des Unternehmens" ist für den hier erörterten Problembereich nicht anzuerkennen.
b) Der Vorsteuerabzug als negative Besteuerungsgrundlage setzt nach § 2 Abs.1 UStG unternehmerische Tätigkeit voraus. Die Abgrenzung der unternehmerischen von der nichtunternehmerischen Tätigkeit eines Rechtsträgers auf der Leistungsseite (§ 1 Abs.1 Nr.1 i.V.m. § 2 Abs.1 UStG) ist grundsätzlich vorgreiflich für die Entscheidung auf der sog. Eingangsseite, ob eine Leistung "für das Unternehmen" (§ 15 Abs.1 UStG) bezogen worden ist. Hat ein Rechtsträger eine unternehmerische und eine nichtunternehmerische Sphäre, sind die Vorbezüge diesen nach dem allgemein gültigen Kriterium der wirtschaftlichen Zugehörigkeit zuzuordnen.
c) Diese Auslegung des nationalen Rechts steht im Einklang mit der Zweiten Richtlinie des Rates vom 11.April 1967 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer --Struktur- und Anwendungsmodalitäten des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems--, 67/228/EWG (2.EG-Richtlinie) --Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften (ABlEG) 1967, 1303--.
3. An diesen Grundsätzen hält der Senat fest. Die hiergegen gerichteten Einwände der Revision greifen nicht durch.
a) Es kann dahingestellt bleiben, ob bereits nach dem grammatikalischen Wortlaut des § 2 Abs.1 UStG die "Leistung gegen Entgelt" als Begriffsmerkmal des umsatzsteuerrechtlichen Unternehmerbegriffs anzusehen ist. Die vom Senat vertretene Auffassung folgt jedenfalls aus einer Auslegung der § 1 Abs.1 und § 2 Abs.1 UStG nach der gesetzlichen Systematik im Rahmen des möglichen Wortsinns dieser Vorschriften.
In Anbetracht der positivrechtlichen Ausformung des umsatzsteuerrechtlichen "Steuergegenstandes" ist es nicht möglich, das von der Klägerin befürwortete Ergebnis mit der Erwägung zu begründen, die Umsatzsteuer wolle nur den privaten Letztverbrauch besteuern. Damit mag das "normkonzipierende Prinzip" (Tipke, Steuerrecht, 11.Aufl. 1987, 18) des Umsatzsteuerrechts zutreffend und abschließend umschrieben sein. Entscheidend ist jedoch die Auslegung der jeweils maßgeblichen Gesetzesvorschrift. "Letztverbrauch" im umsatzsteuerrechtlichen Sinne findet dort statt, wo beim Bezieher von Leistungen --mangels Ausführung (weiterer) der Umsatzsteuer unterliegender Umsätze (Ausgangsleistungen)-- die Unternehmerkette endet. Dies gilt auch dann, wenn die nicht der Umsatzsteuer unterliegende Tätigkeit nicht eigentlich "privater", sondern gewerblicher Art ist. In diesem Falle ist der Leistungsempfänger "einem Endverbraucher gleichzustellen, da auf seiner Stufe der Produktions- und Vertriebsweg endet" (vgl. EuGH-Urteil vom 1.April 1982 Rs.89/81, EuGHE 1982, 1277 = Steuerrechtsprechung in Karteiform --StRK--, 2.Umsatzsteuer-Richtlinie (EWG), Art.4, Rechtsspruch 1 = Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 1982, 246).
Ist die Beteiligung an einer Personengesellschaft als solche keine steuerbare Betätigung (vgl. BFH-Urteil vom 18.März 1988 V R 178/83, BFHE 153, 166, BStBl II 1988, 646), kommt es auf das wirtschaftliche Gewicht des von der Personengesellschaft betriebenen Unternehmens nicht an. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der von ihr mit der Beteiligung letztlich verfolgte Zweck der Mineralöl-Exploration ohne rechtliche Bedeutung. Dies gilt vor allem deshalb, weil das UStG keine Maßstäbe für eine Differenzierung nach dem wirtschaftlichen Gewicht des Gesellschaftszwecks enthält.
b) Da der unternehmerische Bereich gegenständlich durch die der Umsatzsteuer unterliegenden Umsätze (*= steuerbare Umsätze) bestimmt wird und die gesellschaftsrechtliche Beteiligung selbst als solche kein Umsatz ist, gebietet das Gesetz die Trennung der unternehmerischen von der nichtunternehmerischen Sphäre. Zwar trifft die Auffassung der Klägerin zu, außerhalb des Regelungsbereichs des § 15 Abs.2 UStG gebe es keine Beschränkung des Vorsteuerabzugs. Indes gewährt das UStG nach seiner Systematik den Vorsteuerabzug nur bei wirtschaftlichem Zusammenhang mit dem durch § 1 Abs.1 i.V.m. § 2 Abs.1 UStG umschriebenen Steuergegenstand. Die Aufteilungsvorschriften des § 15 Abs.3 bis 5 UStG setzen folgerichtig die Zuordnung der Leistungsbezüge zu Umsätzen zwingend voraus. Deren Zuordnung zu nicht der Umsatzsteuer unterliegenden Tätigkeiten kommt nach dem objektivierten Willen des Gesetzgebers nicht in Betracht.
c) Dieses Ergebnis wird durch eine richtlinienkonforme Auslegung bestätigt. Der EuGH stellt in seinem Urteil in EuGHE 1982, 1277 fest, daß ein Dienstleistender dann nicht Steuerpflichtiger i.S. des Art.4 der 2.EG-Richtlinie ist, wenn sich seine Tätigkeit ausschließlich darauf beschränkt, Leistungen ohne unmittelbare Gegenleistung --im Sinne einer "bestimmten subjektiven Gegenleistung" (EuGH-Urteil vom 5.Februar 1981 Rs.154/80, EuGHE 1981, 445, 454 = StRK, 2.Umsatzsteuer-Richtlinie (EWG), Art.8, Rechtsspruch 1 = UR 1981, 100)-- zu erbringen. Da es an einer Besteuerungsgrundlage fehle, unterlägen "diese unentgeltlichen Leistungen ... nicht der Mehrwertsteuer". Das Erfordernis der Entgeltlichkeit "steuerbarer Umsätze" werde auch durch Nr.2 des Anhangs A zur 2.EG-Richtlinie sowie durch Art.8 (betreffend die Besteuerungsgrundlage) und Art.12 (betreffend die Rechnungserteilung) der 2.EG-Richtlinie bestätigt. Nach Art.12 Abs.1 1.Unterabsatz der 2.EG-Richtlinie ist nicht abziehbar die Mehrwertsteuer, die auf Gegenständen oder Dienstleistungen lastet, die zur Ausführung "nicht steuerbarer Umsätze" verwendet werden.
Auch die Klägerin hat nicht dargelegt, zu welchem Tatbestandsmerkmal der 2.EG-Richtlinie im einzelnen eine Vorabentscheidung des EuGH erforderlich wäre. Der von ihr behauptete Umstand, daß in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften Beteiligungsgesellschaften der Vorsteuerabzug gewährt werde, ist für sich allein nicht geeignet, vernünftige Zweifel an der Auslegung des Gemeinschaftsrechts zu wecken. Im Hinblick auf die vom EuGH aufgestellten eindeutigen Rechtsgrundsätze ist der erkennende Senat davon überzeugt, daß auch für die Gerichte der übrigen Mitgliedstaaten und den Gerichtshof die gleiche Gewißheit bestünde.
4. Die Beteiligung der Klägerin an der B Ltd. war nichtunternehmerisch. Hieran ändert nichts, daß die B Ltd. werbend im Explorationsgeschäft tätig war. Anders als im Einkommensteuerrecht (§ 15 Abs.1 Nr.2 des Einkommensteuergesetzes --EStG--) ist im Umsatzsteuerrecht die Tätigkeit der Personenhandelsgesellschaft nicht dem Gesellschafter zuzurechnen. Eine Zurechnung nach Organschaftsgrundsätzen kommt nicht in Betracht. Die B Ltd. als Personenhandelsgesellschaft kann nicht organschaftsähnlich eingegliedert sein (BFH-Urteil vom 7.Dezember 1978 V R 22/74, BFHE 127, 262, BStBl II 1979, 356). Die Beteiligung an der B Ltd. diente auch nicht den unternehmerischen Zwecken der Klägerin im Rahmen ihres Heizölhandels. Der Heizölhandel war aus der Sicht der Anleger ohne Bedeutung und im Rahmen der Gesamtbetätigung der Klägerin nebensächlich. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, daß der Heizölhandel mit Öl aus den noch zu findenden Ölquellen in Übersee betrieben werden sollte.
5. Da das FG von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist und sich seine Entscheidung auch nicht aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 126 Abs.4 FGO), war das Urteil aufzuheben. Die nicht spruchreife Sache ist an das FG zurückzuverweisen.
Das FG hat festgestellt, die Geschäftstätigkeit der Klägerin im Rumpfwirtschaftsjahr 1973 habe sich ausschließlich auf die Beteiligung an der B Ltd. erstreckt; steuerpflichtige Umsätze seien nicht getätigt worden. Im Streitjahr 1974 habe die Klägerin neben den durch Ausgabe von Kommanditanteilen bewirkten steuerbaren Umsätzen steuerpflichtige Umsätze aus Heizölverkäufen und aus der Vermittlung eines Heizölverkaufs erzielt. Die auf die Ausgabe der Kommanditanteile und den Heizölhandel entfallenden Vorsteuern waren nicht mehr Urteilsgegenstand. Soweit das FG auf S.11 des Urteils ausführt, die "den strittigen Vorsteuerbeträgen" zugrunde liegenden Vorbezüge stünden "ganz überwiegend" mit der Gründung der B Ltd. im Zusammenhang, bleibt ungeklärt, welchem Tätigkeitsbereich die übrigen Vorsteuerbeträge zuzurechnen sind. Dies wird das FG nunmehr prüfen. Das FG wird auch den Umstand würdigen müssen, daß die Klägerin selbst seismische Daten erworben hat und möglicherweise in diesem Zusammenhang zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.
Fundstellen
Haufe-Index 62059 |
BFH/NV 1989, 4 |
BStBl II 1989, 122 |
BFHE 155, 204 |
BFHE 1989, 204 |
BB 1988, 60-60 (L) |
DB 1989, 159-160 (KT) |
HFR 1989, 148 (LT) |