Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Prof. Dr. Stefan Thiele
Rn. 53
Stand: EL 08 – ET: 10/2010
Das zuständige Organ der prüfungspflichtigen Gesellschaft muss dem AP unverzüglich nach dessen Wahl den Prüfungsauftrag erteilen (vgl. § 318 Abs. 1 Satz 4). Zuständig für die Auftragserteilung sind grds. die gesetzl. Vertreter, sofern nicht dem AR dieses Recht zugewiesen ist. Seit der Gesetzesänderung durch das KonTraG liegt bei der AG und der KGaA die Kompetenz für die Erteilung des Prüfungsauftrags gem. § 111 Abs. 2 Satz 3 AktG beim AR. Dies gilt auch für die GmbH, sofern bei dieser ein AR eingerichtet ist (vgl. § 52 Abs. 1 GmbHG i. V. m. § 111 Abs. 2 Satz 3 AktG). Bei der Auftragserteilung vertritt der AR ausnahmsweise die Gesellschaft nach außen, was ansonsten dem Vorstand obliegt (vgl. § 78 Abs. 1 AktG). Ausdrückliche Regelungen dazu, ob bei der Vertretung durch den AR von einer Einzelvertretungsmacht oder von einer Gesamtvertretungsmacht der AR-Mitglieder auszugehen ist, finden sich im Aktienrecht nicht. In der Praxis ist eine Vertretung der Gesellschaft durch alle AR-Mitglieder zwar der rechtlich sichere Weg (vgl. Hüffer, U. 2010, § 112 AktG, Rn. 3 zur Vertretungsmacht des AR beim Abschluss von Verträgen mit Vorstandsmitgliedern), aber aus Praktikabilitätsgründen kaum realisierbar. Daher sollte der AR über die Erteilung des Prüfungsauftrags einen Beschluss gem. § 108 Abs. 1 AktG fassen und zugleich einem AR-Mitglied oder mehreren AR-Mitgliedern gemeinschaftlich eine rechtsgeschäftliche Vollmacht zur Abgabe der entspr. Erklärung gegenüber dem gewählten AP erteilen (vgl. auch Hüffer, U. 2010, § 112 AktG, Rn. 4 ff.). Da der Gesetzgeber die Aufgabe der Erteilung des Prüfungsauftrags ausdrücklich dem AR zugewiesen hat und damit eine bessere Anbindung des AP an den AR erreichen wollte, darf der AR diese Aufgabe nicht auf Personen, die nicht dem AR angehören, übertragen. Auch bei der Bevollmächtigung einzelner AR-Mitglieder ist zu beachten, dass die Willensbildung grds. dem AR bzw. einem eingerichteten und mit dieser Aufgabe betrauten Ausschuss vorbehalten bleiben muss und nur eine Vertretung im Hinblick auf die Abgabe der Erklärung zulässig ist. Aus Praktikabilitätserwägungen werden im Schrifttum von diesem Grundsatz Ausnahmen zugelassen. Zu diesen Ausnahmen soll auch die ›Honorarvereinbarung üblichen Inhalts mit dem Abschlussprüfer‹ (Hüffer, U. 2010, § 112 AktG, Rn. 5) gehören. Aufgrund der großen Bedeutung der Honorarvereinbarung für die Qualität der Abschlussprüfung dürfte diese Aufgabe zumindest dann, wenn ein AP erstmals beauftragt wird oder sich der Umfang der Abschlussprüfung wesentlich ändert, dem Gesamt-AR bzw. einem eingerichteten Ausschuss vorbehalten bleiben. Insgesamt empfiehlt es sich, dass der AR die Erteilung des Prüfungsauftrags einschl. der notwendigen Honorarverhandlungen an ein Audit Committee delegiert.
Rn. 54
Stand: EL 08 – ET: 10/2010
Die gesetzl. Vertreter sind verpflichtet, den Prüfungsauftrag ›unverzüglich‹ zu erteilen. Unverzüglich bedeutet ›ohne schuldhaftes Zögern‹ i. S. d. § 121 BGB. Wird der Prüfungsauftrag nicht unverzüglich erteilt, droht den gesetzl. Vertretern die Festsetzung eines Zwangsgelds nach § 335 Abs. 1 Satz 3. Wurde auf der HV einer AG bzw. KGaA Widerspruch gegen die Wahl des AP nach § 318 Abs. 3 eingelegt bzw. eine Nichtigkeits- oder Anfechtungsklage erhoben, sollte der Vorstand mit der Erteilung des Prüfungsauftrags bis zur gerichtlichen Klärung warten oder den Prüfungsauftrag nur unter der Bedingung erteilen, dass dem Antrag der widersprechenden Aktionäre vor Gericht nicht stattgegeben wird (vgl. ADS 1995, § 318, Rn. 185). Für die GmbH gilt Gleiches mit der Maßgabe, dass der Gf die Erteilung des Prüfungsauftrags verweigern kann bzw. den Prüfungsauftrag nur unter Vorbehalt erteilt, wenn begründete Anzeichen dafür vorliegen, dass einer der Gesellschafter einen Antrag auf Ersetzung des AP bei Gericht stellen will.