Prof. Dr. Gerrit Brösel, Prof. Dr. Michael Olbrich
a) Grundsatz
Rn. 193
Stand: EL 30 – ET: 5/2020
Für alle VG des AV, d. h. unabhängig von ihrer ND, sind die fortgeführten AHK (RBW) mit ihrem beizulegenden Wert am BilSt zu vergleichen. Ergibt sich aus dieser Gegenüberstellung eine Wertminderung am BilSt, die voraussichtlich dauernd ist, hat eine außerplanmäßige Abschreibung auf den niedrigeren beizulegenden Wert zu erfolgen (vgl. § 253 Abs. 3 Satz 5; gemildertes NWP). Da die Gegenstände des AV dazu bestimmt sind, dem UN dauernd zu dienen, ist eine baldige Veräußerung der wertgeminderten VG nicht zu erwarten. Daher lässt der Gesetzgeber bei einer voraussichtlich nicht dauernden Wertminderung im AV außerplanmäßige Abschreibungen grds. nicht zu. Es wird vielmehr angenommen, dass die Wertminderung innerhalb der verbleibenden ND wieder entfällt und eine vorzeitige Verlustantizipation daher nicht notwendig, sondern eine temporäre Überbewertung mit den Zwecken der HB vereinbar ist.
Allein für VG des Finanz-AV hat der Bilanzierende bei einer voraussichtlich vorübergehenden Wertminderung ein Wahlrecht zur außerplanmäßigen Abschreibung (vgl. § 253 Abs. 3 Satz 6; HdR-E, HGB § 253, Rn. 4).
Rn. 194
Stand: EL 30 – ET: 5/2020
Beispiel:
Für einen VG, der zum 01.01.t1 zugegangen ist (AK: 20.000 EUR), wurde eine ND von acht Jahren geschätzt. Die Abschreibungsberechnung erfolgt nach der linearen Methode.
Der RBW des VG beträgt nach planmäßiger Abschreibung zum 31.12.t1 17.500 EUR. Da sich der beizulegende Wert des VG zu diesem BilSt auf 7.000 EUR reduziert hat (voraussichtlich dauernde Wertminderung), ist der VG zudem um 10.500 EUR außerplanmäßig abzuschreiben. Der niedrigere beizulegende Wert i. H. v. 7.000 EUR bildet den (neuen) Abschreibungsausgangswert für die Rest-ND von sieben Jahren. Insoweit sinken die planmäßigen Jahresabschreibungen von 2.500 EUR auf 1.000 EUR pro Jahr (7.000 EUR/7 Jahre).
Der beizulegende Wert des VG hat sich zum 31.12.t3 nochmals reduziert (voraussichtlich dauernde Wertminderung) und beträgt zu diesem Zeitpunkt 1.200 EUR. Daher ist der VG Ende t3 mit einem RBW nach planmäßiger Abschreibung von 5.000 EUR um 3.800 EUR außerplanmäßig abzuschreiben. Der niedrigere beizulegende Wert i. H. v. 1.200 EUR bildet den (neuen) Abschreibungsausgangswert für die Rest-ND von fünf Jahren. Insoweit sinken die planmäßigen Jahresabschreibungen von 1.000 EUR auf 240 EUR pro Jahr (1.200 EUR/5 Jahre).
Entfallen zum Ende von GJ t4 die Gründe für die außerplanmäßigen Abschreibungen, hat der Bilanzierende gemäß § 253 Abs. 5 den VG, der mit einem RBW nach planmäßiger Abschreibung von 960 EUR bilanziert ist, um 9.040 EUR auf einen Betrag i. H. v. 10.000 EUR (fortgeführte AK ohne außerplanmäßige Abschreibungen) zuzuschreiben (Wertaufholungsgebot). Durch die Zuschreibung wird wiederum die Abschreibungsbasis beeinflusst, d. h. der RBW i. H. v. 10.000 EUR ist auf die Rest-ND von vier Jahren zu verteilen. Durch den geänderten Abschreibungsplan errechnet sich (wieder) eine Jahresabschreibung von 2.500 EUR ab dem GJ t5.
Periode |
Planmäßige Abschreibungen, außerplanmäßige Abschreibungen und Wertaufholung |
|
Planmäßige |
Außerplanmäßige |
Zuschreibung |
RBW |
|
Abschreibung |
Abschreibung |
|
|
|
(im GJ-Verlauf) |
(zum GJ-Ende) |
(zum GJ-Ende) |
(zum GJ-Ende) |
|
[EUR] |
[EUR] |
[EUR] |
[EUR] |
01.01.t1 |
0 |
0 |
0 |
20.000 |
31.12.t1 |
2.500 |
10.500 |
0 |
7.000 |
31.12.t2 |
1.000 |
0 |
0 |
6.000 |
31.12.t3 |
1.000 |
3.800 |
0 |
1.200 |
31.12.t4 |
240 |
0 |
9.040 |
10.000 |
31.12.t5 |
2.500 |
0 |
0 |
7.500 |
31.12.t6 |
2.500 |
0 |
0 |
5.000 |
31.12.t7 |
2.500 |
0 |
0 |
2.500 |
31.12.t8 |
2.500 |
0 |
0 |
0 |
Übersicht: Außerplanmäßige Abschreibungen und Wertaufholung
b) Ermittlung des beizulegenden Werts
Rn. 195
Stand: EL 30 – ET: 5/2020
Grundvoraussetzung zur Feststellung, ob am BilSt ein Wertminderungsbedarf für einen VG vorliegt, ist gemäß § 253 Abs. 3 Satz 5 die Ermittlung des Werts, der dem VG am BilSt beizulegen ist. Gesetzliche Vorschriften zur Ermittlung des beizulegenden Werts existieren jedoch nicht (vgl. auch Beck Bil-Komm. (2020), § 253 HGB, Rn. 307). Ein verpflichtend anzuwendendes Wertfindungsverfahren ist durch den Gesetzgeber nicht vorgegeben (vgl. ADS (1995), § 253, Rn. 454f.).
Der Bilanzierende hat sich zur Ermittlung des beizulegenden Werts insbesondere am Zweck der außerplanmäßigen Abschreibung zu orientieren. Dieser liegt in der Erfassung von Wertminderungen bei VG, die durch die planmäßigen Abschreibungen nicht oder nicht stichtagsgerecht abgebildet werden ((können); vgl. Bonner-HdR (2014), § 253 HGB, Rn. 341). Bei der Wertfindung sind zudem der Einzelbewertungsgrundsatz (vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 3) und das Gebot der vorsichtigen Bewertung (vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 4) zu beachten. Eine Aufrechnung von etwaigen Wertminderungen eines VG mit stillen Reserven in einem anderen VG ist bei der Ermittlung des beizulegenden Werts damit ebenso untersagt wie eine willkürliche Unterbewertung (vgl. Beck Bil-Komm. (2020), § 253 HGB, Rn. 307).
Rn. 196
Stand: EL 30 – ET: 5/2020
Unter Beachtung der o. g. Grundsätze ist der beizulegende Wert aus Hilfsgrößen abzuleiten. Solche Hilfsgrößen können grds. aus der Sicht des Käufers oder aus Verkäuferperspektive ermitt...