Dr. Tobias Brembt, Dr. Katrin Rausch
Rn. 36
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Die Regelung in § 319 Abs. 2 determiniert als Generalklausel die allg. Grundsätze, nach denen WP/vBP und WPG/BPG als AP eines UN ausgeschlossen sind. Im Schrifttum werden diese auch als relative Ausschlussgründe bezeichnet (vgl. etwa MünchKomm. HGB (2024), § 319, Rn. 3, wonach diese Terminologie zwar überkommen ist, in der Literatur aber noch verwendet wird; Bonner HGB-Komm. (2022), § 319, Rn. 43). In § 319 Abs. 3 sowie Art. 5 der AP-VO findet sich hingegen jeweils eine kasuistische enumerative Aufzählung solcher Ausschlussgründe, bei denen die Besorgnis der Befangenheit unwiderruflich vermutet wird (diese werden in der Literatur teilweise noch als sog. absolute oder besondere Ausschlussgründe bezeichnet; vgl. etwa MünchKomm. HGB (2024), § 319, Rn. 3). Dieser Katalog ist nicht abschließend, so dass die Generalklausel in § 319 Abs. 2 auch dazu dient, nicht erfasste Fälle, bei denen nach Abwägung eines verständigen Dritten eine Besorgnis der Befangenheit besteht, aufzufangen (vgl. BT-Drs. 15/3419, S. 36f.). Existieren Zweifel, ob ein Sachverhalt unter § 319 Abs. 2 fällt, so ist zunächst zu prüfen, ob dieser Sachverhalt unter § 319 Abs. 3 oder Art. 5 der AP-VO fällt. Ist dies nicht der Fall, gilt es im nächsten Schritt zu prüfen, ob eine Besorgnis der Befangenheit nach § 319 Abs. 2 vorliegt. Zur Verdeutlichung möge folgendes Beispiel dienen: Nach § 319 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 kann ein WP/vBP nicht AP sein, wenn er Mitglied des AR der zu prüfenden KapG ist. Satz 2 weitet diesen Tatbestand auf den Ehegatten bzw. Lebenspartner des WP/vBP aus, wobei jedoch andere Familienangehörige, wie etwa Verwandte in gerader Linie, davon nicht erfasst sind (vgl. HdR-E, HGB § 319, Rn. 41). In diesem Fall ist § 319 Abs. 2 i. V. m. § 29 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 BS WP/vBP zu prüfen, wonach der Grad der verwandtschaftlichen Beziehung ein Indiz für eine Besorgnis der Befangenheit darstellt und folglich im Einzelfall abzuwiegen ist. Ähnlich wäre vorzugehen, wenn der Schwellenwert zur Umsatzabhängigkeit des § 319 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 nur knapp unterschritten würde. In diesem Fall wäre § 319 Abs. 3 formal nicht verletzt, jedoch kann speziell dann, wenn weitere Aspekte hinzukommen, eine Verletzung von § 319 Abs. 2 gegeben sein (vgl. stellvertretend BeckOGK-HGB (2024), § 319, Rn. 82ff.).