CSRD-Umsetzungsgesetz

Der Bundestag hat nach der 1. Lesung zum Regierungsentwurf (RegE) des CSRD-Umsetzungsgesetzes und der Expertenanhörung durch den Rechtsausschuss die Zeit zur Umsetzung noch in 2024 verstreichen lassen. Inhaltlich dürfte die Umsetzung wenig Auswirkungen haben, da die CSRD kaum Mitgliedstaatenwahlrechte zulässt und bereits ein EU-Vertragsverletzungsverfahren läuft, doch führt die Nichtumsetzung zum 31.12.2024 zu einer nicht richtlinienkonformen Situation unterschiedlicher Regulierungen in Europa.

Der zeitliche Ablauf der Umsetzung der CSRD in deutsches Recht

Die EU hatte die Nachhaltigkeitsberichterstattungsrichtlinie (Corporate Sustainability Reporting Directive, kurz CSRD) am 16.2.2022 als Richtlinie (EU) 2022/2464 im EU-Amtsblatt veröffentlicht. Die CSRD war von jedem Mitgliedsstaat der EU innerhalb von 18 Monaten in nationales Recht umzusetzen, was der deutsche Gesetzgeber verpasst hat. Deshalb wurde inzwischen ein Vertragsverletzungsverfahren durch die EU gegen Deutschland eröffnet. Die CSRD legt das Minimum fest, über das nationale Gesetzgeber auch hinausgehen können. Darüber hinaus enthält die CSRD auch ganz wenige Wahlrechte, die durch die nationalen Gesetzgeber ausgeübt werden können.

Die CSRD hätte also bis zum 6.7.2024 in deutsches Recht umgesetzt werden müssen. Das Bundesministerium der Justiz (BMJ) hatte am 22.3.2024 den RefE des „Gesetz[es] zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2022/2464 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 2022 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 und der Richtlinien 2004/109/EG, 2006/43/EG und 2013/34/EU hinsichtlich der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (Corporate Sustainability Reporting Directive)“ veröffentlicht. Erst am 24.7.2024 ist der Regierungsentwurf (RegE) auf Basis des am 22.3. vorgelegten Referentenentwurfs beschlossen worden. Inhaltlich gab es kaum Änderungen und es kommt zu einer 1:1 Umsetzung. Der Bundestag befasste sich in erster Lesung am 26.9.2024 mit dem RegE, am 16.10.2024 fand eine Anhörung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung im Rechtsausschuss statt. Die Sachverständigen begrüßten zwar, dass die Bundesregierung eine 1:1-Umsetzung der Richtlinie anstrebe,  brachten aber Änderungswünsche beispielsweise auf Umsetzungsfristen, auf die Aussetzung von Berichtspflichten nach dem deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) sowie auf die Einbindung der Arbeitnehmervertretungen bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung ein. Auch die Belastung der Wirtschaft durch zunehmende Bürokratie wurde kritisch hervorgehoben. Außer den möglichen Änderungen beim LkSG dürften alle weiteren Hinweise aber kaum berücksichtigt werden können, da hier EU-rechtliche Vorgaben bestehen, die umzusetzen sind. Es zeigt sich erneut, dass die Chance für eine echte Einflussnahme bereits in den Diskussionen der CSRD vor 3-4 Jahren auf europäischer Ebene hätte wahrgenommen werden müssen – jetzt erscheint dies überflüssig und führt eher zu Verunsicherungen der künftig anwendungspflichtigen Unternehmen.

Folgen der Nichtumsetzung zum 31.12.2024 und mögliche Omnibusverordnung

Durch die Nichtumsetzung zum 31.12.2024 gilt die alte Rechtslage weiter fort, d.h. die bislang nach § 289b HGB/§ 315b HGB zur Nichtfinanziellen (Konzern-)Berichterstattung verpflichteten Unternehmen müssen diese auch für das Geschäftsjahr 2024 erstellen und brauchen die strengeren Regeln der CSRD nicht zu beachten. Es entfällt damit auch die vorgesehene Prüfungspflicht.  Gleichwohl sind viele Unternehmen bereit sehr weit in der Umsetzung. Das IDW und das DRSC sehen die ESRS als Rahmenwerk nach § 289d HGB an, sodass eine Nichtfinanzielle Berichterstattung unter Verwendung der gesamten oder sogar nur von Teilen der ESRS vorstellbar ist.

Da die CSRD EU-Recht ist und die meisten Mitgliedstaaten diese bereits umgesetzt haben, wird Deutschland zügig nachziehen müssen, alleine schon aus dem Grund, dass die vorgesehenen Befreiungsmöglichkeiten von Tochterunternehmen nicht funktionieren, wenn nicht zumindest EU-weit eine einheitliche Rechtslage gilt. Daher ist zu erwarten, dass nach der Bundestagswahl die Umsetzung zügig erfolgt und damit ggf. bislang nach § 289b HGB verpflichtete Unternehmen mit vom Kalenderjahr abweichendem Geschäftsjahr zur Andendung der Nachhaltigkeitsberichterstattung nach der CSRD noch im Geschäftsjahr 2024/2025 verpflichtet werden – eine Rückwirkung für ein laufendes Geschäftsjahr wird für möglich gehalten.

Parallel dazu hat aber auch die EU-Kommission angekündigt, im 1. Halbjahr 2025 eine Omnibusverordnung zu verabschieden, in der die verschiedenen Regulierungen der Nachhaltigkeitsberichterstattung und Sorgfaltspflichtenvorgaben zusammengefasst werden sollen. Nach einer Bekanntmachung würde diese unmittelbar gelten und es bedürfe dann der Umsetzung durch den deutschen Gesetzgeber gar nicht mehr.

Die CSRD bedeutet zusätzlichen Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Die Umsetzung der Richtlinie ins HGB gestaltet sich weiterhin sehr aufwändig, die Bundestagsdrucksache 20/12787 des RegE hat in der neuen Formatierung nun alleine 175 Seiten, eine Synopse mit den bisherigen Regelungen 643 Seiten. Da kaum Mitgliedstaatenwahlrechte in der CSRD vorgesehen sind, gibt es in der Umsetzung keine großen Überraschungen. Für die Wirtschaft schätzt der RegE einen laufenden Erfüllungsaufwand in Höhe von jährlich ca. 1,58 Milliarden EUR. Die CSRD und folglich auch der RegE sehen eine etappenweise Einführung der Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung vor. Die Zahlen für die Wirtschaft stellen den Aufwand dar, der eintritt, sobald die neuen Vorgaben für alle erfassten Unternehmen gelten (spätestens 2028). Für das Geschäftsjahr 2024/2025 wird die Belastung deutlich geringer sein, weil die erste Gruppe an berichtspflichtigen Unternehmen (große kapitalmarktorientierte Unternehmen mit mehr als 500 Arbeitnehmern) durch den Wegfall für die Unternehmen mit kalenderjahrgleichem Geschäftsjahr 2024 wenige Unternehmen umfasst – allerdings sind in den meisten Unternehmen, die sich auf eine Anwendung vorbereitet haben, bereits hohe Kosten für die (erwartete) Umsetzung angefallen. Der Aufwand wird anschließend Jahr für Jahr auf die volle Summe ansteigen. Die größte Steigerung wird für das Geschäftsjahr 2025 erwartet, wenn alle großen offenlegungspflichtigen Unternehmen und Konzerne ihre Lageberichte um einen Nachhaltigkeitsbericht nach den Europäischen Nachhaltigkeitsberichterstattungsstandards (ESRS) erstellen müssen. Hier dürfte es trotz der Nichtverabschiedung in 2024 auch keine Verschiebung geben. Der zusätzliche laufende Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft unterliegt nicht der „One in, one out“-Regel der Bundesregierung, weil er auf einer 1:1-Umsetzung von EU-Recht beruht. 

Prüfung des Nachhaltigkeitsberichts durch einen Wirtschaftsprüfer vorgeschrieben

Zentral in der Umsetzung ist, dass neben der Neufassung der §§ 289b ff. und §§ 315b ff. HGB, in denen die Verpflichtung zur (Konzern-)Nachhaltigkeitsberichterstattung statt der bisherigen Nichtfinanziellen Berichterstattung geregelt werden, die Regelungen der Prüfung ab § 316 HGB zweigeteilt werden in Prüfung des Abschlusses und Prüfung des Nachhaltigkeitsberichts, weshalb hier viele neue Paragrafen eingefügt werden müssen. Hier schlägt der RegE weiterhin vor, obwohl zahlreiche Stellungnahmen hier eine Änderung eingefordert haben, das Mitgliedstaatenwahlrecht zur Zulassung zur nötigen Prüfung des Nachhaltigkeitsberichts auch anderen akkreditierte Prüfer zu bestellen, nicht zu nutzen. Prüfer ist immer ein Wirtschaftsprüfer oder eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, nicht zwingend aber der Abschlussprüfer des Jahresabschlusses.

In der Sachverständigenanhörung wurde dieser Punkt erneut aufgegriffen. Wie erwartet begrüßen sowohl die Wirtschaftsprüferkammer als auch das Institut der Wirtschaftsprüfer, dass Wirtschaftsprüfer für die Prüfung der Nachhaltigkeitsberichterstattung zuständig sein sollen. Demgegenüber sprach sich die Vorsitzende des Sustainable-Finance-Beirats der Bundesregierung, Silke Stremlau, in ihrer schriftlichen Stellungnahme dafür aus, auch Umweltprüfer für eine Probezeit von drei Jahren als Prüfer für die Nachhaltigkeitsberichterstattung einzusetzen. Dies scheint angesichts der Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung eines Qualitätsrahmens, welcher der Wirtschaftsprüferordnung gleichen müsste, jedoch eher wenig wahrscheinlich. Wahrscheinlicher dürfte das engere Zusammenspiel verschiedener Gutachter im Rahmen einer Prüfung unter der Gesamtverantwortung eines Wirtschaftsprüfers sein. So hat etwa die EU-Kommission in Frage 71 des FAQ-Dokuments zur CSRD festgestellt, dass ein Verweis auf den Bericht nach dem EU Eco Management and Audit Scheme (EMAS) möglich sei. Da dieser von einem Umweltgutachter zu prüfen sei, erfüllt dies nach Einschätzung der EU die strengen Anforderungen der Verweismöglichkeit und damit m.E. auch die Einbeziehung in die Prüfung unter der Gesamtverantwortung eines Wirtschaftsprüfers.  

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Berichtspflicht durch LkSG kann durch Nachhaltigkeitsbericht erfüllt werden

Im Zuge der Umsetzung wird auch der bestehende Rechtsrahmen überprüft und punktuell angepasst. Hier ist sicher am interessantesten, dass der Sorgfaltspflichtenbericht nach § 10 Abs. 2 LkSG entfallen kann, wenn ein pflichtgemäßer oder freiwilliger (allerdings nur wenn der formal allen Anforderungen des Pflichtberichts entspricht und geprüft ist) Nachhaltigkeitsbericht nach §§ 289b ff. HGB erstellt und veröffentlicht wird. Im Rahmen der Stellungnahmen bereits zum RefE als auch in der Sachverständigenanhörung wurde hier der Gesetzgeber ermuntert, noch weitreichende Erleichterungen zu verankern und etwa die gesamten Pflichten des LkSG bis zur Umsetzung der europäischen Sorgfaltspflichtenrichtlinie CSDDD oder zumindest des jeweiligen Inkrafttretens der CSRD-Umsetzung für die betroffenen Unternehmen auszusetzen.

Weitere Änderungen des RegE

Zudem wird die Offenlegung der Rechnungslegungsunterlagen von Kapitalgesellschaften mit Sitz im Ausland (bisher nur § 325a Zweigniederlassungen) völlig neu geregelt durch die unterschiedlichen Anforderungen der CSRD an die Offenlegung.

Der Entwurf enthält einige Änderungen, die insbesondere die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben für die Unternehmen noch weiter erleichtern soll. Wichtige Anpassungen sind unter anderem:

  • Ersatzlose Streichung der Pflicht zur Erstellung eines Prüfungsberichts zum Nachhaltigkeitsbericht: Die Pflicht zur Erstellung eines Prüfungsberichts ist unionsrechtlich nicht erforderlich und wurde daher gestrichen.
  • Anpassung der Vorschrift zur Prüferbestellung: Der RefE enthält auf vielfache Praxisbitte eine gesetzliche Fiktion, dass ein Abschlussprüfer, der vor dem Inkrafttreten des CSRD-Umsetzungsgesetzes zur Prüfung des (finanziellen) Jahresabschlusses bestellt wurde, auch als Prüfer des Nachhaltigkeitsberichts gilt. Diese Fiktionsvorschrift wurde nun noch rechtsklarer gefasst.
  • Weitere Optimierung des LkSG-Ersetzungsrechts zur Vermeidung doppelter Berichtspflichten: Auf Hinweis vieler Verbände wurden weitere Änderungen an der LkSG-Vorschrift vorgenommen, um das Ersetzungsrecht noch praxisgerechter zu gestalten (u.a. zur besseren Berücksichtigung von Konzernkonstellationen). Auch wurde die Einreichungsfrist der LkSG-Berichte für das Geschäftsjahr 2023 nochmals bis 31.12.2025 verlängert.
  • Zudem kündigt die Bundesregierung an, dass die europäische Sorgfaltspflichtenrichtlinie (CSDDD) noch in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden soll, womit das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz hinsichtlich des Anwenderkreises deutlich eingeschränkt werden würde (nur noch 1.000 Unternehmen in Deutschland) – hier steht ein konkretes Gesetzesvorhaben aber aus.

Stellungnahmen von breit gestreuten Verfassern eingegangen

Die über 80 eingegangenen Stellungnahmen zum RefE kamen von den verschiedensten Akteuren. Neben den „üblichen Verdächtigen“  bei der Gesetzgebung im Bereich der Rechnungslegung, wie dem Institiut der Wirtschaftsprüfer (IDW), der Wirtschaftsprüferkammer (WPK), dem Deutschen Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC), dem Bundesverband der Bilanzbuchhalter und Controller (BVBC, zusammen mit dem Wissenschaftlichem Institut des BVBC und dem Arbeitskreis Nachhaltigkeitsberichterstattung) und der Schmalenbachgesellschaft (Arbeitskreis Corporate Governance Reporting) haben sich viele weitere Unternehmensverbände sowie Menschenrechts- und Umweltverbände, der Sustainable Finance Beirat der Bundesregierung  und Einzelunternehmen und -personen zu Wort gemeldet. Fast alle Stellungnahmen wurden auf der BMJ-Seite veröffentlicht. 

Weiterführende Links

Die Einlassungen der Sachverständigenbefragung vom 16.10.2024 sind ebenfalls aus einem sehr breiten Spektrum vorgetragen worden. Diese sind abrufbar unter:

Anhörung zur Einführung einer Nachhaltigkeitsberichterstattung  

Die Bundestagsdrucksache mit dem aktuellen Stand der geplanten Umsetzung ist abrufbar unter:

Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2022/2464 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 2022 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 und der Richtlinien 2004/109/EG, 2006/43/EG und 2013/34/EU hinsichtlich der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen 

Eine Sammlung von Quellen zur Nichtumsetzung der CSRD zum 31.12.204 findet sich auf einer Projektseite des DRSC:

DRSC Berichterstattung 2024 (CSRD) – Quellensammlung

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In der News-Reihe "Aktuelles zur Nachhaltigkeitsberichterstattung" fasst Herr Prof. Dr. Müller monatlich die neusten und relevantesten Entwicklungen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung prägnant für Sie zusammen. Weitere Ausgaben:

Konsequenzen einer verspäteten Umsetzung der CSRD ins HGB

EFRAG beantwortet weitere Fragen der ESRS FAQ

RNE und DRSC veröffentlichen Handreichung zum Thema Biodiversität


Schlagworte zum Thema:  CSRD, Nachhaltigkeitsberichterstattung, ESRS