Verträge über naturabhängigen Strom veröffentlicht

Der IASB hat im Dezember 2024 Änderungen an IFRS 9 und IFRS 7 veröffentlicht, die bestimmte Aspekte der Bilanzierung von Verträgen adressiert, die sich auf naturabhängige Elektrizität beziehen. Den Änderungen vorausgegangen war der im Mai 2024 veröffentlichte Entwurf, damals noch unter dem Titel „Verträge über Strom aus erneuerbaren Energiequellen“.

Als Ergebnis der Diskussionen zur Bilanzierung von Stromlieferverträgen (sog. „Power Purchase Agreements“) hat der IASB Änderungen an IFRS 9 und IFRS 7 Verträge, die sich auf naturabhängige Elektrizität beziehen, veröffentlicht. Der IASB möchte vor dem Hintergrund des schnell wachsenden Marktes für solche Stromlieferverträge sicherstellen, dass die IFRS Accounting Standards die Auswirkungen solcher Verträge besser abbilden.

Herausforderungen und Neuregelungen für Verträge mit naturabhängiger Elektrizität

Die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass die etwa durch Wind- und Solarstrom erzeugte und kontrahierte Strommenge naturgemäß unkontrollierbar schwankt und daher eine bestimmte Strommenge nicht garantiert werden kann. Typischerweise muss der Käufer die erzeugte Strommenge abnehmen, auch wenn diese Menge nicht dessen Bedarf zum Zeitpunkt der Erzeugung entspricht. Dies hat insbesondere bei langfristigen Verträgen zu bilanziellen Problemen geführt. Dies betrifft bei sog. physischen PPA vor allem die Anwendbarkeit der Eigenbedarfsausnahmeregelung, da aufgrund der Schwankungen Strommengen, die über den Eigenbedarf zu diesem Zeitpunkt hinausgehen, verkauft werden müssen. Bei sog. virtuellen PPA betrifft dies vor allem die Anwendbarkeit der Bilanzierung von Sicherungsbeziehungen. Der IASB hat sich mit den nun vorliegenden Änderungen diesen Schwierigkeiten angenommen.

Die neuen Ausnahmeregelungen können nur auf Verträge, die sich auf naturabhängige Elektrizität beziehen, angewendet werden; eine analoge Anwendung auf andere Verträge ist explizit nicht zulässig. Verträge, die sich auf naturabhängige Elektrizität beziehen, sind Verträge, die ein Unternehmen Schwankungen in der zugrunde liegenden Elektrizitätsmenge aussetzen, weil die Quelle der Elektrizitätserzeugung von unkontrollierbaren natürlichen Bedingungen (z. B. dem Wetter) abhängt. Anders als noch im Entwurf vorgesehen, ist es nicht mehr erforderlich, dass der Käufer vertraglich im Wesentlichen dem gesamten Mengenrisiko ausgesetzt sein muss. Hiermit trägt der IASB den Rückmeldungen von Interessengruppen Rechnung, dass es in der Praxis eine Vielzahl an Verträgen gibt, die teilweise eine Risikoteilung, etwa bei Verträgen, die Caps und Floors enthalten, vorsehen. Insoweit wird im Vergleich zum Entwurf der Anwendungsbereich ausgeweitet.

Im Hinblick auf die Anwendung der Eigenbedarfsausnahme sehen die Änderungen u.a. die Aufnahme von zusätzlichen Anwendungsleitlinien zur Beurteilung der Anwendbarkeit der Eigenbedarfsausnahme vor. Der Verkauf von Strom führt danach nicht automatisch dazu, dass die Eigenbedarfsausnahme nicht angewendet werden kann. Maßgebend für die Beurteilung ist vor allem, ob das Unternehmen während der Vertragslaufzeit ein Nettokäufer von Strom war und dies auch in Zukunft sein wird. Ein Unternehmen ist ein Nettokäufer von Strom, wenn es ausreichend Strom kauft, um den Verkauf von ungenutztem Strom auf demselben Markt auszugleichen, auf dem es den Strom verkauft hat. Dabei ist ein „angemessener Zeitraum“ zu Grunde zu legen, der 12 Monate nicht überschreiten soll. Bei der Festlegung sind Schwankungen der erwarteten Stromerzeugung aufgrund des saisonalen Zyklus der natürlichen Gegebenheiten und die Schwankungen der Stromnachfrage des Unternehmens aufgrund seines Betriebszyklus zu berücksichtigen. Im Entwurf wurde der angemessene Zeitraum noch eher als kurz aufgefasst (z. B. einen Monat). Hier hat der IASB auf Rückmeldungen von Interessengruppen reagiert, die diesen Zeitraum als zu kurzfristig moniert haben, da etwa Solarparks im Sommer deutlich mehr Strom produzieren als im Winter.

Im Hinblick auf die Anwendung der Bilanzierung von Sicherungsbeziehungen (cash flow hedge) sehen die Neuregelungen vor, dass ein variables Nominalvolumen an erwarteten Stromtransaktionen (aus Verträgen, die sich auf naturabhängige Elektrizität beziehen) als Grundgeschäft designiert werden kann, das mit der variablen Menge des naturabhängigen Stroms übereinstimmt, der voraussichtlich von der Erzeugungsanlage geliefert wird, auf die sich das Sicherungsinstrument bezieht. Die anderen Anforderungen zur Bilanzierung von Sicherungsgeschäften gelten weiterhin. Zudem wurde ein erläuterndes Beispiel eingefügt, das einen möglichen Ansatz zur Anwendung der Neuregelungen anhand eines virtuellen PPA über Strom aus einem Windpark illustriert.

Neue IFRS 7 – Anhangangaben ab 2026 – Vorzeitige Anwendung ist zulässig

Flankiert werden die Änderungen durch zusätzliche Anhangangaben in IFRS 7. Im Vergleich zum Entwurf wurden die Anhangangaben deutlich fokussiert. Im Entwurf waren Angaben für alle Verträge aus erneuerbaren Energiequellen vorgesehen, und zwar unabhängig davon, ob die Neuregelungen angewandt werden. Aufgrund der kritischen Rückmeldungen von Interessengruppen hierzu, sind nunmehr nur noch zusätzliche Angaben für Verträge zu machen, die sich auf naturabhängige Elektrizität beziehen, wenn die Eigenbedarfsausnahme angewendet wird oder Sicherungsbeziehungen bilanziert werden.

Die Änderungen sind erstmalig für jährliche Berichtsperioden, die am oder nach dem 1. Januar 2026 beginnen, anzuwenden. Eine vorzeitige Anwendung ist zulässig. In der EU setzt die Anwendung der Änderungen indes die Indossierung durch die EU voraus. EFRAG erwartet, dass die Indossierung vor dem Erstanwendungszeitpunkt erfolgen wird. Die Änderungen sehen zudem spezifische Übergangsregelungen vor. Die Regelungen zur Eigenbedarfsausnahme sind dabei retrospektiv, die Regelungen zur Bilanzierung von Sicherungsbeziehungen prospektiv auf neue Sicherungsbeziehungen anzuwenden.

Die Pressemitteilung ist über die Website des IASB abrufbar:

IFRS - IASB updates IFRS Accounting Standards for nature-dependent electricity contracts


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