Prof. Dr. Jens Poll, Ingrid Kalisch
Rn. 6
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Das grds. Verbot des Erwerbs eigener Aktien dient dem Gläubigerschutz durch Sicherstellung der Kap.-Erhaltung zur Sicherung der Haftungsbasis und der Kap.-Aufbringung bei nicht voll eingezahlten Einlagen (vgl. Günther/Muche/White, RIW 1998, S. 337 (339); MünchKomm. AktG (2024), § 71, Rn. 18ff.; Spickhoff, BB 1997, S. 2593 (2595)).
Rn. 7
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Die uneingeschränkte Zulässigkeit des Erwerbs und Besitzes eigener Aktien beinhaltet die Gefahr der bloßen Kurspflege, von rein spekulativen und für das UN unproduktiven Käufen. Sie birgt zudem die Gefahr des Fehlens unkritischer Distanz gegenüber dem Wert und den Chancen des eigenen UN in sich; die Gefahr kann auf Dritte ausstrahlen, die einem möglicherweise zu Unrecht gebildeten Kurs an der Börse vertrauen (vgl. Spickhoff, BB 1997, S. 2593; ferner Saria, NZG 2000, S. 458ff.).
Rn. 8
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Die Kompetenzverteilung zwischen geschäftsführendem Organ und HV würde gestört (vgl. Hüffer-AktG (2024), § 71, Rn. 1), wenn der Vorstand einer AG respektive (dualistisch strukturierten) SE (bei monistischer Leitungsstruktur: der Verwaltungsrat in Gestalt der geschäftsführenden Direktoren i. S. d. § 40 SEAG; bei einer KGaA: der Komplementär bzw. die Komplementäre als Geschäftsführungs- und Vertretungsorgan) mit dem Erwerb eigener Aktien Mitgliedschaftsrechte in der HV erhielte. Durch § 71b AktG werden deshalb alle mitgliedschaftlichen Rechte, wie das Stimmrecht und der Anspruch auf Dividendenausschüttung, aus dem Besitz eigener Aktien ausgeschlossen (vgl. Günther/Muche/White, RIW 1998, S. 337 (339); Spickhoff, BB 1997, S. 2595).
Rn. 9
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Bei dem entgeltlichen Erwerb einzelner eigener Aktien werden nur einzelne Gesellschafter unter "Abfindung" durch den Preis aus dem mitgliedschaftlichen Risiko entlassen. Diese Möglichkeit muss allen Aktionären offenstehen, auch damit verhindert wird, dass die UN-Verwaltung auf die Anteilseignerstruktur steuernd einwirken kann. Das Erfordernis der Gleichbehandlung aller Aktionäre ist in § 53a AktG ausdrücklich gesetzlich geregelt, der auch auf den Erwerb eigener Aktien Anwendung findet (vgl. Claussen, DB 1998, S. 177 (179); Günther/Muche/White, RIW 1998, S. 337). Für den Rückerwerb zu sonstigen Zwecken ist dies in § 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 3 AktG ausdrücklich gesetzlich geregelt. Nach dem Sinn und Zweck sowohl der Ausnahmen in § 71 AktG als auch des Gleichbehandlungsgrundsatzes gemäß § 53a AktG ist die Gleichbehandlung jedoch in allen Fällen des entgeltlichen Erwerbs zu beachten.