Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Prof. Dr. Stefan Thiele
Rn. 55
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Der Prüfungsauftrag wird durch die Annahme des gewählten AP rechtswirksam (vgl. schon MünchKomm. AktG (1973), § 163 AktG, Rn. 18; Baumbach/Hopt (2024), § 318 HGB, Rn. 2). Die Annahme des Prüfungsauftrags durch den gewählten AP ist formlos möglich, sollte aber aus Nachweisgründen in Form einer schriftlichen Auftragsbestätigung erfolgen (vgl. ISA [DE] 210 (2020), Rn. D.8.1). Vor Annahme des Prüfungsauftrags hat sich der gewählte AP zu vergewissern, dass seine Wahl und Beauftragung ordnungsgemäß erfolgt sind (vgl. ISA [DE] 210 (2020), Rn. 10). Der AP ist zur Annahme des Prüfungsauftrags nicht verpflichtet. Eine Ablehnung muss er den gesetzlichen Vertretern der prüfungspflichtigen Gesellschaft aber unmittelbar und unverzüglich anzeigen. Versäumt der AP diese Anzeige, macht er sich schadensersatzpflichtig (vgl. § 51 WPO). Der AP muss die Ablehnung eines Prüfungsauftrags nicht begründen (vgl. MünchKomm. HGB (2024), § 318, Rn. 40).
Rn. 56
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Der Prüfer darf den Auftrag nicht annehmen, wenn der Annahme gesetzliche Bestimmungen entgegenstehen oder der Prüfer den Auftrag voraussichtlich nicht ordnungsgemäß ausführen kann. Insbesondere der Eintritt eines oder mehrerer Ausschlussgründe des § 319 Abs. 2 bis 5 bzw. § 319b kurz vor oder nach dem HV- bzw. Gesellschafterbeschluss zwingt den AP, den Prüfungsauftrag abzulehnen. Der Prüfer muss deshalb feststellen, ob er oder eine Person, mit der er seinen Beruf gemeinsam ausübt, oder ein Prüfungsmitarbeiter einen der in § 319 Abs. 2 bis 5, § 319b, § 49 WPO sowie in den berufsrechtlichen Bestimmungen (vgl. z. B. §§ 2, 28, 29, 31 BS WP/vBP (WPK (2022)) genannten Ausschlussgründe erfüllt (vgl. MünchKomm. HGB (2024), § 318, Rn. 39). Bei PIE ist zudem zu prüfen, ob der AP eine der gemäß Art. 5 der AP-VO für das geprüfte UN "verbotenen" Nichtprüfungsleistungen erbringt (vgl. Scheffler, AG 2020, S. R 332f.).
Rn. 57
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Der Prüfer muss den Auftrag ebenfalls ablehnen, wenn ihm die Kenntnisse fehlen, die Prüfung ordnungsgemäß durchzuführen, oder er schon so viele Aufträge angenommen hat, dass die Durchführung des zusätzlichen Prüfungsauftrags aufgrund mangelnder personeller Kapazität des Prüfungs-UN nicht mit der erforderlichen Sorgfalt möglich ist (vgl. WP-HB (2023), Rn. L 25). Die Zahl der für einen AP bzw. in einer Prüfungsgesellschaft tätigen Mitarbeiter ist nämlich nicht beliebig erweiterbar. § 13 BS WP/vBP verlangt diesbezüglich, dass diese in der Lage sein müssen, die "Tätigkeit von Mitarbeitern derart zu überblicken und zu beurteilen, dass sie sich eine auf Kenntnissen beruhende, eigene Überzeugung bilden können." Dabei muss der AP die Frage, welche Kontrollspanne bei einer konkreten Prüfung – auch unter Berücksichtigung der Qualifikation der eingesetzten Mitarbeiter – angemessen ist, eigenverantwortlich beurteilen. Gleichwohl muss der AP vor dem Hintergrund dieser Anforderung mit Hilfe sorgfältiger Prüfungsplanung vor der Auftragsannahme eingehend prüfen, ob er einen weiteren Auftrag annehmen kann (vgl. WP-HB (2023), Rn. L 127). Im Zweifel ist ein Auftrag abzulehnen, da mit einem nicht ordnungsgemäß ausgeführten Auftrag nicht nur dem Auftraggeber und den JA-Adressaten, sondern auch dem Ansehen des Prüfers sowie Berufsstands Schaden zugefügt wird (vgl. Leffson (1988), S. 143). Der Prüfer darf den Prüfungsauftrag auch nicht annehmen, wenn die Gefahr besteht, dass er den Prüfungsauftrag aus Gründen, die er zu vertreten hat, während der Prüfungsausführung kündigen muss.
Rn. 58
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Nach Annahme des Prüfungsauftrags durch den AP ist dieser verpflichtet, den Prüfungsauftrag durchzuführen. Eine Weitergabe des Prüfungsauftrags an einen anderen Prüfer bzw. eine Prüfungsgesellschaft ist auch mit Zustimmung der Gesellschaft ausgeschlossen (vgl. Mellerowicz/Brönner (1970), § 163 AktG, Rn. 11; Bonner HGB-Komm. (2022), Rn. 70).