Rn. 93

Stand: EL 33 – ET: 09/2021

Das Gericht prüft die Zulässigkeit und Begründetheit des Antrags. I.R.d. Zulässigkeitsprüfung müssen die Einhaltung der Antragsform (vgl. HdR-E, AktG § 258, Rn. 89) und die Antragsberechtigung (hinreichendes Quorum, Aktienbesitzzeit und Hinterlegung; vgl. HdR-E, AktG § 258, Rn. 86ff.), nicht indes die Antragsfrist geprüft werden. Die Einhaltung der Antragsfrist und der "Anlass für die Annahme" einer nicht unwesentlichen Unterbewertung (vgl. § 258 Abs. 1 Nr. 1 AktG) bzw. eines mangelhaften Anhangs (vgl. § 258 Abs. 1 Nr. 2 AktG) sind materielle Antragsvoraussetzungen und betreffen somit die Begründetheit des Antrags (vgl. MünchKomm. AktG (2021), § 258, Rn. 48). Im Kontext der von § 26 FamFG vorgeschriebenen Amtsermittlung hat das Gericht sich – soweit erforderlich – durch eigene Sachverhaltsaufklärung eine Überzeugung hinsichtlich der Zulässigkeit und Begründetheit des Antrags zu bilden. Den Umfang der Ermittlungen bestimmt das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Beteiligten haben gemäß § 27 Abs. 1 FamFG eine Mitwirkungspflicht, die das Gericht durch entsprechende Verfügung einfordern kann (vgl. Keidel-FamFG (2020), § 27, Rn. 5).

 

Rn. 94

Stand: EL 33 – ET: 09/2021

Das Gericht wird zunächst die Handelsregisterakten einschließlich weiterer ggf. vorhandener Aktenbände und Registerordner (vgl. §§ 8, 9 HRV) beziehen und sich anhand der dort vorhandenen Unterlagen ein Bild machen. Regelmäßig finden sich bei den Handelsregisterakten die nach § 325 Abs. 1 einzureichenden Unterlagen (JA, Lagebericht, BV des AP und Bericht des AR). Ferner kann das Gericht auf die nach § 130 Abs. 5 AktG einzureichende Abschrift des HV-Protokolls zurückgreifen. Strittig ist, inwieweit das Gericht befugt ist, von der Gesellschaft die Vorlage von Unterlagen zu fordern, die sich (bestimmungsgemäß) nicht bei den Handelsregisterakten befinden. Z.T. wird vertreten, dass die Befugnis des Gerichts zur Anforderung von Unterlagen bei der Gesellschaft sehr weitgehend ist und demzufolge etwa Prüfungsberichte, Bewertungs-R der Gesellschaft oder Vorstandsberichte nach § 90 AktG von der Gesellschaft angefordert werden können, wobei das Gericht nicht befugt sein soll, die Vorlage von Unterlagen zu erzwingen (vgl. zur Darstellung des Meinungsstands MünchKomm. AktG (2021), § 258, Rn. 52f., m. w. N.). Da das Gericht lediglich einen Anfangsverdacht benötigt, um von der Begründetheit des Sonderprüfungsantrags auszugehen (vgl. dazu auch HdR-E, AktG § 258, Rn. 97), ist es grds. nicht erforderlich, dass das Gericht sich in größerem Umfang Unterlagen von der Gesellschaft pauschal vorlegen lässt. Im Übrigen läuft die Anforderung von umfänglichen Unterlagen durch das Gericht auf eine Ausforschung der Gesellschaft oder ihrer Organe hinaus, die weder von der Anhörungsmöglichkeit nach § 258 Abs. 3 Satz 1 AktG gedeckt, noch von dem Entscheidungsmaßstab des Gerichts ("Anlass für die Annahme") gefordert ist (vgl. ähnlich KK-AktG (2017), § 258, Rn. 61; MünchKomm. AktG (2021), § 258, Rn. 53).

 

Rn. 95

Stand: EL 33 – ET: 09/2021

Hinsichtlich des Prüfungsberichts ist ein Anforderungsrecht des Gerichts gegenüber der Gesellschaft jedoch zu bejahen. Dies gilt insbesondere bei versagtem oder eingeschränktem Testat (vgl. ebenso MünchKomm. AktG (2021), § 258, Rn. 53). Der AP darf bzw. – im Fall einer stattgebenden Entscheidung – muss vom Gericht aufgrund der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung in § 258 Abs. 3 Satz 1 AktG angehört werden (vgl. dazu HdR-E, AktG § 258, Rn. 98ff.). Er hat damit keine zeugenähnliche Stellung. Im Rahmen seiner Anhörung kann das Gericht ihn dementsprechend auch zum Inhalt seines Prüfungsberichts befragen, so dass dessen Inhalt dem Gericht über die Anhörung des AP ohnedies zugänglich wird. Der Prüfungsbericht ist geeignet, zusätzlich zu den von dem AP gemachten Angaben die Überzeugung des Gerichts zu ergänzen, so dass dessen Beiziehung auch sachdienlich ist, ohne dass es zu einer Ausforschung der Gesellschaft kommt (vgl. MünchKomm. AktG (2021), § 258, Rn. 53; zustimmend KK-AktG (2017), § 258, Rn. 61). Im Übrigen steht es dem Vorstand selbstverständlich frei, ohne Anforderung des Gerichts Unterlagen vorzulegen, um den Anfangsverdacht einer Unterbewertung oder eines mangelnden Anhangs zu entkräften. Macht der Vorstand von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch, so wird das Gericht davon ausgehen dürfen, dass (weitere) bei der Gesellschaft befindliche Unterlagen nicht gegen den Anfangsverdacht sprechen. Ohne Weiteres zulässig ist die Anhörung der Antragsteller und die – in Abs. 3 Satz 1 im Fall einer zusprechenden Entscheidung zwingend gebotene – Anhörung von Vorstand, AR und AP (vgl. MünchKomm. AktG (2021), § 258, Rn. 49, zur Möglichkeit einer fakultativen Anhörung; zur obligatorischen Anhörung nach Abs. 3 Satz 1 HdR-E, AktG § 258, Rn. 98ff.). Des Weiteren wird auch die Anhörung von Zeugen möglich und zulässig sein (vgl. §§ 26, 30 FamFG). Dies wird namentlich in Betracht kommen, wenn im Fall eines auf Mängel des Anhangs gestützten ...

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