Rn. 7

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Gemäß § 5b Abs. 2 Satz 1 EStG kann die Finanzverwaltung zur Vermeidung unbilliger Härten auf Antrag, welcher beim zuständigen Finanzamt zu stellen ist, auf die elektronische Übermittlung verzichten. Die Einführung einer ausnahmslosen Pflicht zur elektronischen Übermittlung wäre mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unvereinbar gewesen. Der Gesetzgeber hat jenes Problem der Zumutbarkeit erkannt und diesem durch eine Härtefallregelung Rechnung getragen. Demzufolge liegt die Neuregelung innerhalb des verfassungsrechtlichen Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers (vgl. Drüen/Hechtner, DStR 2006, S. 821 (822ff.), m. w. N.). Dies bestätigt das BFH-Urteil vom 14.03.2012 (XI R 33/09, BStBl. II 2012, S. 477ff.), welches aufgrund der Existenz der Härtefallregelung des § 150 Abs. 8 AO die Verpflichtung zur elektronischen Abgabe von USt-Voranmeldungen als verfassungsgemäß erachtet.

Der Verweis in § 5b Abs. 2 Satz 2 EStG auf § 150 Abs. 8 AO führt dazu, dass bei der Befreiung von der Übermittlungspflicht grds. vom gleichen Prüfungsmaßstab wie für den Dispens von der elektronischen Übermittlungspflicht für Steuererklärungen auszugehen ist (vgl. H/H/R (2017), § 5b EStG, Rn. 36). Hiernach ist dem Befreiungsantrag seitens der Finanzbehörde zu entsprechen, wenn die Schaffung der technischen Möglichkeiten für die elektronische Übermittlung des amtlich vorgeschriebenen Datensatzes wirtschaftlich oder persönlich unzumutbar ist. § 150 Abs. 8 AO, der ebenfalls i. R.d. Steuerbürokratieabbaugesetzes eingefügt wurde, enthält Regelbeispiele für das Vorliegen einer unbilligen Härte, welche den in den einzelnen Steuergesetzen (vgl. u. a. § 5b Abs. 2 Satz 1 EStG; § 25 Abs. 4 Satz 2 EStG; § 31 Abs. 1a Satz 2 KStG; § 14a Satz 2 GewStG) bestehenden Ermessensspielraum der Finanzbehörde beseitigen sollen (vgl. BFH, Urteil vom 14.03.2012, XI R 33/09, BStBl. II 2012, S. 477ff. (Rn. 38)). Demzufolge ist eine wirtschaftliche oder persönliche Unzumutbarkeit nach § 150 Abs. 8 Satz 2 AO gegeben, wenn die "Schaffung der technischen Möglichkeiten für eine Datenfernübertragung des amtlich vorgeschriebenen Datensatzes nur mit einem nicht unerheblichen finanziellen Aufwand möglich wäre oder wenn der Steuerpflichtige nach seinen individuellen Kenntnissen und Fähigkeiten nicht oder nur eingeschränkt in der Lage ist, die Möglichkeiten der Datenfernübertragung zu nutzen." Die Regelbeispiele in § 150 Abs. 8 AO können nach hier vertretener Ansicht zwar den Ermessensspielraum der Finanzbehörde einschränken, jedoch mangels einer gesetzlichen Definition der wirtschaftlichen oder persönlichen Unzumutbarkeit nicht gänzlich beseitigen.

Härtefälle, die auf einer wirtschaftlichen Unzumutbarkeit beruhen, stellen insbesondere die finanzielle Unfähigkeit, in Hard- und Software zu investieren, die Beabsichtigung der kurzfristigen Einstellung der betrieblichen Tätigkeit oder die Intention der baldigen Umstellung von Hard- und Software, dar, wobei Bedenken gegen die Sicherheit der elektronischen Übermittlung i. A. keine Befreiung rechtfertigen (vgl. FG Niedersachsen, Urteil vom 20.10.2009, 5 K 149/05, EFG 2010, S. 282ff. (Rn. 66); BFH, Urteil vom 14.03.2012, XI R 33/09, BStBl. II 2012, S. 477ff. (Rn. 70); FG Bremen, Urteil vom 26.06.2014, 2 K 12/14, EFG 2014, S. 1732ff.; BFH, Urteil vom 14.04.2015, V B 158/14, BFH/NV 2015, S. 1115f. (Rn. 3f.); BFH, Beschluss vom 14.02.2017, VIII B 43/16, BFH/NV 2017, S. 729f.; BFH, Urteil vom 15.05.2018, VII R 14/17, BFH/NV 2018, S. 1137ff. (Rn. 22)). Entscheidend ist dabei, dass die gesetzliche Pflicht zur elektronischen Übermittlung nicht die Pflicht zur Anschaffung fehlender und erforderlicher Hard- und Software hervorruft (vgl. FG Hamburg, Urteil vom 10.03.2005, II 51/05, EFG 2005, S. 992f.; FG Niedersachsen, Urteil vom 17.03.2009, 5 K 303/08, EFG 2009, S. 1069ff.; ebenso OFD Chemnitz, Verfügung vom 04.07.2005, 02 000–56/13 – St11, DStR 2005, S. 1365), was per se einen Anspruch auf die Härtefallregelung rechtfertigen könnte; vielmehr kommt es im Zuge der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit auf die Erheblichkeit des finanziellen Aufwands für die Schaffung der Möglichkeiten für die Datenfernübertragung an (vgl. FG Niedersachsen, Urteil vom 20.10.2009, 5 K 149/05, EFG 2010, S. 277ff. (Rn. 64); BFH, Urteil vom 14.03.2012, XI R 33/09, BStBl. II 2012, S. 477ff. (Rn. 58)). Diese Erheblichkeit des finanziellen Aufwands wurde durch die neuere Rspr. im Kontext von § 5b EStG insofern präzisiert, als die durch das UN zu tragenden Kosten zur Schaffung der technischen Voraussetzungen (insbesondere Hard- und Software, Internetanschluss) in keinem wirtschaftlich sinnvollen Verhältnis zum Umfang von einzureichender Bilanz sowie GuV stehen, wobei jährliche Kosten zur Nutzung einer kommerziellen Software i. H. v. 10 EUR bis 40 EUR als zumutbar erscheinen (vgl. BFH, Urteil vom 21.04.2021, XI R 29/20, BStBl. II 2022, S. 52ff. (Rn. 41ff.)). Entgegen der Rspr. zur elektronischen Deklaration der ESt-Erklärung gemäß § 25 Abs. 4 EStG (v...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Küting, Handbuch der Rechnungslegung - Einzelabschluss (Schäffer-Poeschel). Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge