Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Prof. Dr. Stefan Thiele
Rn. 75b
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Die Bestellung des AP von PIE ist in Art. 16 der AP-VO geregelt (vgl. auch HdR-E, HGB § 316a, Rn. 31). Konkret enthält Art. 16 der AP-VO Vorgaben zum Wahlvorschlag sowie zum Ausschreibungsverfahren. Dabei soll mit den Regelungen die Bedeutung des Prüfungsausschusses für die Wahl des AP gestärkt werden. Indem der Prüfungsausschuss nach einem strukturierten Auswahlverfahren mindestens zwei mögliche AP zur Wahl stellt sowie seine Präferenz für die Wahlmöglichkeiten gebührend darlegt (vgl. Art. 16 Abs. 2 der AP-VO), soll eine fundierte Entscheidung der HV bzw. Gesellschafterversammlung über die Bestellung des AP sichergestellt werden (vgl. Erwägungsgrund (18) der AP-VO). Bei einer Erneuerung des Prüfungsmandats kann nach Art. 16 Abs. 2 Unterabs. 2 der AP-VO auf die Auswahlmöglichkeiten samt Begründung verzichtet werden.
Rn. 75c
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Das (verpflichtende) Auswahlverfahren ist Grundlage der Bestellung des AP und kann von dem zu prüfenden UN grds. frei gestaltet werden (vgl. Art. 16 Abs. 3 Unterabs. 1 lit. a) und c) der AP-VO; im Übrigen HdR-E, HGB § 318, Rn. 75ef.). Art. 17 Abs. 4 lit. a) der AP-VO bezeichnet ein Auswahlverfahren nach Art. 16 Abs. 2 bis 5 der AP-VO zwar als "öffentliches Ausschreibungsverfahren". Dies bedeutet allerdings nicht, dass die Verfahrensregeln für die Ausschreibung öffentlicher Aufträge zugrunde zu legen sind (vgl. z. B. Blöing/Klumm, BB 2015, S. 1067 (1069); Kelm/Naumann, WpG 2016, S. 653 (655); Bonner HGB-Komm. (2022), § 318, Rn. 88.3; Beck Bil-Komm. (2024), § 318 HGB, Rn. 61).
Zu beachten sind bei der Durchführung des Auswahlverfahrens hingegen die konkreten Vorgaben des Art. 16 Abs. 3 der AP-VO. Demnach steht es dem zu prüfenden UN grds. frei, einen beliebigen AP bzw. eine beliebige WPG aufzufordern, ein Angebot abzugeben, solange sich der aufgeforderte AP bzw. die aufgeforderte WPG nicht in der "Cooling-off"-Periode nach Art. 17 Abs. 3 der AP-VO befindet (vgl. auch HdR-E, HGB § 318, Rn. 75o). Zudem dürfen kleine WPG, die jeweils mindestens 15 % der von allen deutschen PIE gezahlten Gesamthonorare erhalten haben, nicht diskriminiert, d. h. per se ausgeschlossen, werden (vgl. Art. 16 Abs. 3 Unterabs. 1 lit. a) der AP-VO). Die APAS veröffentlicht jährlich eine Liste derjenigen WPG, die jeweils mindestens 15 % der von sämtlichen deutschen PIE gezahlten Gesamthonorare erhalten haben (vgl. APAS (2024), für das Kalenderjahr 2023: EY, KPMG und PwC). Soweit die Ausschreibung (freiwillig) im BAnz veröffentlicht wird, würde ein (unzulässiger) Ausschluss kleinerer Kandidaten vermieden. Ob sich dann auch kleinere Kandidaten an der Ausschreibung beteiligen, ist für die Ordnungsmäßigkeit des Auswahlverfahrens nicht relevant (vgl. Beck Bil-Komm. (2024), § 318 HGB, Rn. 61).
Rn. 75d
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Das zu prüfende UN hat gemäß Art. 16 Abs. 3 Unterabs. 1 lit. b) der AP-VO Ausschreibungsunterlagen zu erstellen, die den potenziellen AP in die Lage versetzen, die Geschäftstätigkeit des zu prüfenden UN sowie die Art der durchzuführenden AP zu verstehen. Diese Unterlagen müssen transparente, diskriminierungsfreie Auswahlkriterien für die Bewertung der von den potenziellen AP eingereichten Unterlagen enthalten. An den in den Ausschreibungsunterlagen aufgenommenen Kriterien ist das zu prüfende UN bei der Auswahl des AP gebunden, d. h., die Kriterien erfüllen einen "Selbstbindungseffekt" (vgl. BeckOGK-HGB (2024), § 318, Rn. 46). Über die Auswahl bzw. die im Auswahlverfahren gezogenen Schlussfolgerungen ist ein Bericht zu erstellen, der seitens des Prüfungsausschusses bestätigt werden muss (vgl. Art. 16 Abs. 3 Unterabs. 1 lit. e) der AP-VO). Das zu prüfende UN muss zudem in der Lage sein, auf Verlangen der Aufsichtsbehörde darzulegen, dass das Verfahren fair durchgeführt worden ist (vgl. Art. 16 Abs. 3 Unterabs. 1 lit. f) der AP-VO).
Rn. 75e
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Soweit das Prüfungsmandat lediglich verlängert wird, kann gemäß Art. 16 Abs. 3 Unterabs. 1 der AP-VO auf das zuvor dargestellte Ausschreibungsverfahren verzichtet werden. Allerdings ist strittig, wie mit der Verlängerung eines Prüfungsmandats umzugehen ist, wenn das zu prüfende UN erstmals als PIE gilt. Das CEAOB als zentrales Organ für die Zusammenarbeit der jeweiligen nationalen Aufsichtsbehörden, bei dem die APAS Mitglied ist, hält eine Ausschreibung für diesen Fall für notwendig, und zwar "so schnell wie möglich". Dies ist davon unabhängig, ob der bisherige AP weiter mandatiert werden soll (vgl. CEAOB (2021), S. 1f.; a. A. IDW (2021), S. 47). Um rechtliche Unsicherheiten oder mögliche Sanktionen zu vermeiden, ist es sinnvoll, die Ausschreibung entsprechend der Vorgaben des Art. 16 Abs. 3 der AP-VO durchzuführen, sobald das zu prüfende UN erstmals als PIE gilt (vgl. so auch Beck Bil-Komm. (2024), § 318 HGB, Rn. 64). Nicht als Erneuerung des Mandats gilt, wenn vor der Erlangung der PIE-Eigenschaft lediglich eine freiwillige AP durchgeführt, der AP vorher gerichtlich bestellt oder ein U...