Dr. Eberhard Mayer-Wegelin, Prof. Dr. Harald Kessler
Rn. 188
Stand: EL 19 – ET: 05/2014
Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Dauerabsatzgeschäften sind zu bilden, wenn und soweit der Wert der noch zu erbringenden Sach- oder Dienstleistung den Wert des Anspruchs auf die Gegenleistung übersteigt.
Rn. 189
Stand: EL 19 – ET: 05/2014
Der Wert der in die Saldierung einzubeziehenden Ansprüche ermittelt sich nach den allg. Bewertungsgrundsätzen für Forderungen (vgl. Brösel/Olbrich, HdR-E, HGB § 253, Rn. 180ff.). Danach ist der Gegenleistungsanspruch mit seinen AK oder seinem niedrigeren beizulegenden Wert anzusetzen. Fremdwährungsansprüche sind zum Devisenkassamittelkurs am BilSt umzurechnen. Ist die Forderung durch ein Devisentermingeschäft kursgesichert und liegen die Voraussetzungen für die Zusammenfassung von Forderung und Termingeschäft zu einer Bewertungseinheit vor (vgl. Scharpf, HdR-E, HGB § 254, Rn. 242), bestimmen sich die AK des Anspruchs nach dem Terminkurs. Zur Bewertung von Sachleistungsansprüchen sind die Grundsätze der Drohverlustermittlung bei schwebenden Beschaffungsgeschäften entspr. anzuwenden. Danach ist zu unterscheiden, ob der Anspruch auf die Lieferung eines aktivierungsfähigen VG oder auf die Erbringung einer nicht aktivierungsfähigen Leistung gerichtet ist. Im ersten Fall ist der Lieferanspruch mit dem Wert anzusetzen, mit dem auch die VG bei erfolgter Lieferung zum BilSt in die Bilanz aufzunehmen wären (vgl. BFH-Urt. v. 25.02.1986, BStBl. II 1986, S. 466; sowie HdR-E, HGB § 249, Rn. 350, NR. (29)). Zur Bewertung nicht aktivierungsfähiger Leistungen bestehen unterschiedliche Auffassungen. Diese sollen grds. mit ihrem wirtschaftlichen Wert für den Betrieb anzusetzen sein, wobei allerdings umstritten ist, wie dieser Wert zu bestimmen ist (näher hierzu vgl. HdR-E, HGB § 249, Rn. 192ff.).
Rn. 190
Stand: EL 19 – ET: 05/2014
Verpflichtungen aus Dauerabsatzgeschäften sind mit dem Geldwert der Aufwendungen anzusetzen, der erforderlich ist, um die geschuldete Leistung zu bewirken (vgl. BFH-Urt. v. 11.02.1988, BStBl. II 1988, S. 662, m. w. N.; Schubert, in: Beck Bil-Komm. 2014, § 253, Rn. 169; IDW RS HFA 4, Rn. 35f.;). Das sind die Vollkosten (EK und GK) unter Berücksichtigung hinreichend wahrscheinlicher Preis- und Kostenänderungen (vgl. HdR-E, HGB § 249, Rn. 32ff.).
Rn. 190a
Stand: EL 19 – ET: 05/2014
In den Saldierungsbereich einbezogene Ansprüche und Verpflichtungen, deren Restlaufzeit am BilSt mehr als ein Jahr beträgt, sind abzuzinsen. Als maßgebliche Restlaufzeit ist der Mittelwert der Zeitpunkte zu wählen, zu denen der Bilanzierende Zahlungen empfängt bzw. Aufwendungen tätigt. Die Restlaufzeit kann als gewogener Mittelwert der Zahlungszeitpunkte auf Basis der nominellen oder der abgezinsten Zahlungen bzw. Aufwendungen (Duration) bestimmt werden (vgl. HdR-E, HGB § 249, Rn. 342).
Beispiel:
U hat Büroräume untervermietet. Der Mietvertrag hat am BilSt (31.12.X1) eine Restlaufzeit von fünf Jahren. Die jeweils am Jahresende anfallenden Mieteinnahmen betragen 10 000 p. a., die Mietausgaben 12 000. Die Deutsche Bundesbank veröffentlicht am 31.12.X2 die folgenden durchschnittlichen Marktzinsen:
Restlaufzeit |
1 |
2 |
3 |
4 |
5 |
Marktzins |
3,0 |
3,2 |
3,5 |
4,3 |
4,8 |
Der gewogene Mittelwert der Zahlungszeitpunkte auf Basis der nominellen Zahlungen beträgt drei Jahre [(1 + 5) / 2]. Die Duration (Mittelwert der Zahlungszeitpunkte auf Basis abgezinster Zahlungen) beträgt demgegenüber rund 2,9 Jahre, wie die nachstehende Berechnung für die Mieteinnahmen verdeutlicht:
RLZ |
Zahlung |
Zinssatz |
Barwert |
Duration |
1 |
10 000 |
3,0 % |
9.708,74 |
0,218 |
2 |
10 000 |
3,2 % |
9.389,46 |
0,422 |
3 |
10 000 |
3,5 % |
9.019,43 |
0,608 |
4 |
10 000 |
4,3 % |
8.450,12 |
0,760 |
5 |
10 000 |
4,8 % |
7.910,31 |
0,889 |
|
50 000 |
|
44 478,05 |
2,898 |
Rn. 191
Stand: EL 19 – ET: 05/2014
Für die ausweistechnische Erfassung eines Verpflichtungsüberschusses aus einem Dauerabsatzgeschäft gelten die Grundsätze für Einmalgeschäfte entspr. Danach ist zunächst die Möglichkeit einer aktivischen Absetzung des Drohverlusts von den zur Erfüllung der eigenen Leistungsverpflichtung vorgesehenen VG zu prüfen (vgl. ausführlich hierzu IDW RS HFA 4, Rn. 21ff.). Diese Möglichkeit dürfte nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen (z. B. bei Sukzessivlieferungsverträgen), da Dauerabsatzgeschäfte ganz überwiegend auf die Erbringung nicht aktivierungsfähiger Leistungen gerichtet sind. Ein nicht aktivisch zu berücksichtigender Verlust ist als Rückstellung zu erfassen.