Prof. Dr. Rolf U. Fülbier, Florian Federsel
Rn. 111
Stand: EL 32 – ET: 06/2021
Obwohl § 252 Abs. 1 Nr. 5 auf eine periodengerechte und pagatorisch abgesicherte Erfolgsermittlung abzielt, enthält diese Norm keine konkreten Angaben darüber, nach welchem Kriterium Aufwendungen und Erträge bestimmten Abrechnungsperioden zuzurechnen sind. Sie besagt lediglich, dass diese Zuordnung nicht ausschließlich nach dem Zahlungszeitpunkt erfolgen darf. Ein anderes Kriterium ist insofern erforderlich, um eine Periodenzuordnung der Aufwendungen bzw. Erträge vorzunehmen. Mangels ausdrücklicher handelsrechtlicher Regelung ist dieses Kriterium den (nicht-kodifizierten) GoB zu entnehmen (vgl. HdJ, Abt. I/7 (2013), Rn. 173; Leffson (1987), S. 301ff.).
Rn. 112
Stand: EL 32 – ET: 06/2021
Maßgebend für die Zuordnung von Aufwendungen und Erträgen zu bestimmten Abrechnungsperioden ist nach den GoB das Verursachungs- sowie das Realisations- und Imparitätsprinzip (vgl. ADS (1995), § 252, Rn. 97, 101; Beck Bil-Komm. (2020), § 252 HGB, Rn. 52; WP-HB (2021), Rn. F 95). Nach dem Verursachungsprinzip sind Aufwendungen grds. in der Periode zu berücksichtigen, in der der entsprechende Werteverzehr des Rein- bzw. Nettovermögens wirtschaftlich begründet wurde (vgl. auch BFH, Urteil vom 24.04.1968, I R 50/67, BStBl. II 1968, S. 544 (545); BFH, Urteil vom 24.06.1969, I R 15/68, BStBl. II 1969, S. 581 (582); BFH, Urteil vom 23.09.1969, I R 22/66, BStBl. II 1970, S. 104 (106); BFH, Urteil vom 19.01.1972, I 114/65, BStBl. II 1972, S. 392 (394); BFH, Urteil vom 13.12.1972, I R 7–8/70, BStBl. II 1973, S. 217; BFH, Urteil vom 07.03.1973, I R 48/69, BStBl. II 1973, S. 565 (566); BFH, Urteil vom 26.10.1977, I R 148/75, BStBl. II 1978, S. 97 (99); BFH, Urteil vom 20.03.1980, IV R 89/79, BStBl. II 1980, S. 297 (298f.); BFH, Urteil vom 18.06.1980, I R 72/76, BStBl. II 1980, S. 741 (742)). Dies dürfte auch im Einklang mit dem in Art. 6 Abs. 1 lit. h) der Bilanz-R festgelegten Grundsatz der wirtschaftlichen Betrachtungsweise stehen, wonach GuV-Posten "unter Berücksichtigung des wirtschaftlichen Gehalts des betreffenden Geschäftsvorfalls oder der betreffenden Vereinbarung" zu erfassen sind. Im Regelfall dürfte hier entweder keine Abweichung zur rechtlichen Verursachung vorliegen oder nur eine wirtschaftliche Verursachung. Im Ausnahmefall, in dem eine Verpflichtung am BilSt zwar rechtlich, aber noch nicht wirtschaftlich entstanden ist, zielt die Finanz-Rspr. auf die rechtliche Verursachung und würde eine Verpflichtung bereits passivieren (vgl. BFH, Urteil vom 27.06.2001, I R 45/97, BStBl. II 2003, S. 121ff.). Hier dürfte auch das Vorsichts- bzw. Imparitätsprinzip eine Rolle spielen. Als Grundsatz taugt das Abstellen auf die rechtliche Verursachung indes nicht. Dies wird der inzwischen gestärkten Bedeutung des Grundsatzes der wirtschaftlichen Betrachtungsweise nicht wirklich gerecht. Stärkung erfuhr die wirtschaftliche Betrachtungsweise im HGB sowohl durch das BilMoG als auch durch die Bilanz-R, wo sie als allg. RL-Grundsatz in Art. 6 Abs. 1 lit. h) nun explizit festgeschrieben worden ist. Auf die wirtschaftliche Verursachung kommt es insofern sehr wohl an; es ist in diesen (seltenen) Abweichungsfällen wohl einzelfallorientiert auch unter Berücksichtigung des Realisations- und Imparitätsprinzips zu entscheiden.
Rn. 113
Stand: EL 32 – ET: 06/2021
Voraussetzung für eine verursachungsgerechte Zuordnung von Aufwendungen ist grds. die Ermittlung der wirtschaftlichen Ursachen als Zuordnungskriterium unter Berücksichtigung auch des Imparitätsprinzips; denn nur die Kenntnis der wirtschaftlichen Ursachen ermöglicht die Bestimmung der Verursachungsperiode und damit eine periodengerechte (aber auch imparitätische) Berücksichtigung von Aufwendungen. Die Klärung, wodurch betriebliche Wertabgänge wirtschaftlich verursacht werden, ist insofern problematisch, als der "Tatbestand der Verursachung [...] sich nur allgemein, nicht exakt definieren" (Moxter (1962), S. 178) lässt. Wertminderungen lassen sich zwar stets auf inner- oder außerbetriebliche Tätigkeiten bzw. Ereignisse (wie z. B. auf den Brand einer Produktionshalle oder die Anschaffung einer neuen Großanlage) zurückführen; diese Tätigkeiten und Ereignisse stehen jedoch teilweise selbst in einem Ursachenzusammenhang (bspw. stellt sich bei einem Brand die Frage, wodurch dieser ausgelöst wurde). Daher ist der für die Entstehung von Aufwendungen wirtschaftlich ursächliche, m.a.W. der letztlich eine Reinvermögensminderung bewirkende Sachverhalt, nicht stets eindeutig bestimmbar.
Rn. 114
Stand: EL 32 – ET: 06/2021
Um beim Bestehen von Ursachenketten die Gefahr manipulativer Periodenzuordnungen von Aufwendungen zu vermeiden, bedarf es einer engen Auslegung des Verursachungsprinzips. Danach ist als maßgebliche wirtschaftliche Ursache für den betrieblichen Werteverzehr nur das jeweils letzte Glied einer denkbaren Ursachenkette zu erfassen. Dessen Periodenzugehörigkeit ist folglich für die zeitliche Zuordnung der entsprechenden Aufwendungen ausschlaggebend. Bei dieser Abgrenzung sc...