a) Abgrenzung
Rn. 113
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
Sowohl beim Unterordnungs- als auch Gleichordnungskonzern müssen rechtlich selbständige UN unter einheitlicher Leitung zusammengefasst sein. Somit sind Konzern-UN durch drei Merkmale gekennzeichnet:
- Zusammenfassung,
- rechtliche Selbständigkeit und
- einheitliche Leitung,
wobei der einheitlichen Leitung die größte Bedeutung zukommt.
Rn. 114
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
Die noch auf das AktG 1937 zurückgehende Formulierung "Zusammenfassung" von herrschenden und abhängigen UN, hatte in jener Zeit zu der Diskussion geführt, ob damit die Forderung verbunden ist, dass "neben der einheitlichen Leitung eine Zusammenfassung im Sinne eines die Unternehmen zusammenhaltenden Bandes vorliegen" (ADS (1997), § 18 AktG, Rn. 24) muss, welches ein jederzeitiges Auseinandergehen verhindert. Diesem Merkmal wird heute keine Bedeutung mehr beigemessen. "Wenn einheitliche Leitung vorliegt, dann braucht m.a.W. nicht auch noch festgestellt zu werden, ob die davon betroffenen Unternehmen auch zusammengefasst sind" (KK-AktG (2011), § 18, Rn. 4; vgl. so explizit auch Hüffer-AktG (2022), § 18, Rn. 7; ebenso MünchKomm. AktG (2019), § 18, Rn. 27).
Rn. 115
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
Konzern-UN sind stets rechtlich selbständige UN. Diese rechtliche Selbständigkeit ändert sich auch durch die Konzernzugehörigkeit nicht. Nach wie vor obliegen ihnen alle Pflichten, die das jeweilige Gesetz für ein einzelnes rechtlich selbständiges UN vorsieht. Allerdings wird damit klargestellt, dass es zwischen dem Stammhaus und rechtlich unselbständigen Betriebsstätten, Filialen, Vertriebsniederlassungen u.Ä. desselben Rechtsträgers zu keinem Konzernverhältnis kommen kann, "mögen die Niederlassungen oder Betriebsstätten wirtschaftlich auch noch so selbständig sein" (MünchKomm. AktG (1973), § 18, Rn. 13). Werden diese aber in einer rechtlich selbständigen Form betrieben, sei es als KapG, PersG oder auch als Einzel-UN, so wäre der Konzernbegriff erfüllt. Auch muss die Konzernspitze nicht in der Rechtsform einer AG, KGaA bzw. SE betrieben werden. Zur Anwendung der aktienrechtlichen Vorschriften über Konzerne reicht es aus, wenn nur eines der beteiligten UN diese Rechtsform besitzt und die Konzernspitze den UN-Begriff i. S. d. § 15 AktG erfüllt (vgl. HdR-E, AktG §§ 15–19, Rn. 16ff.).
b) Begriff der einheitlichen Leitung
Rn. 116
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
Die Zusammenfassung unter einheitlicher Leitung stellt das zentrale Tatbestandsmerkmal dar, und zwar sowohl für den Unterordnungs- als auch Gleichordnungskonzern. Im Gesetz selbst ist der Begriff der einheitlichen Leitung allerdings nicht definiert. Wegen der großen Vielfalt der in der Praxis anzutreffenden Konzerngestaltungen erschien es dem Gesetzgeber nicht ratsam, die an die einheitliche Leitung zu stellenden Anforderungen gesetzlich zu fixieren (vgl. KonzernR (2019), § 18 AktG, Rn. 9). Ein wesentliches Erfordernis für den Konzernbegriff ist es, dass die einheitliche Leitung tatsächlich ausgeübt wird. Ob eine einheitliche Leitung ausgeübt wird, muss daher zumindest für den faktischen Konzern von Fall zu Fall untersucht werden (vgl. dies etwa trotz Mehrheitsbeteiligung an zwei Gesellschaften verneinend OLG Thüringen, Beschluß vom 07.04.1998, 8 W 15/98 (1), NZG 1998, S. 858ff.). Die Beantwortung dieser Frage kann hier im Gegensatz zur Abhängigkeit i. S. d. § 17 AktG nur aus der Sicht des unmittelbar die Leitung betreibenden UN erfolgen. Lediglich aus der Leitungsperspektive lässt sich erkennen, ob die Ausübung der einheitlichen Leitung nur eine Einzelmaßnahme darstellt oder eine Gesamtkonzeption beinhaltet (vgl. AktG-GroßKomm. (2017), § 18, Rn. 21). Zur Bestimmung von Begriff und Umfang der einheitlichen Leitung konkurrieren i.W. zwei unterschiedliche Auffassungen miteinander, die in der Literatur üblicherweise als enger oder weiter Konzernbegriff bezeichnet werden (vgl. Emmerich/Habersack (2020), § 4, Rn. 12ff.; Hüffer-AktG (2022), § 18, Rn. 9; MünchKomm. AktG (2019), § 18, Rn. 28ff.; HB-GesR (2020/IV), § 69, Rn. 70; WP-HB (2021), Rn. C 137).
c) Umfang der einheitlichen Leitung
Rn. 117
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
Der enge Konzernbegriff orientiert sich an der wirtschaftswissenschaftlichen Betrachtung des Konzerns als einheitliches UN (vgl. HdR-E, AktG §§ 15–19, Rn. 106). Eine wirtschaftliche Einheit liegt vor, wenn die Konzernspitze die wesentlichen unternehmerischen Leitungsfunktionen in wichtigen Bereichen der UN-Politik wahrnimmt, d. h. "für die zentralen unternehmerischen Bereiche in ihrer Gesamtheit eine einheitliche Planung aufstellt und diese bei den Konzerngliedern ohne Rücksicht auf deren rechtliche Selbständigkeit durchsetzt" (Emmerich/Habersack (2020), § 4, Rn. 13). Nicht erforderlich ist die Erteilung von Einzelanweisungen oder der laufende Eingriff in die Geschäftsführung. Zu den zentralen unternehmerischen Bereichen gehört in diesem Zusammenhang in erster Linie das Finanzwesen, ohne dessen zentrale Steuerung ein Konzern nicht denkbar ist. "Die Folge ist, dass ein Konzern – nach dieser Sicht der Dinge – grds. nur angenommen werden kann, wenn für die...