Dr. Eberhard Mayer-Wegelin, Prof. Dr. Harald Kessler
Rn. 109
Stand: EL 19 – ET: 05/2014
Zu dieser Gruppe gehören alle lfd. Verpflichtungen zur Beseitigung von Abfällen, Verwertung von Reststoffen, Entsorgung radioaktiver Abfälle, Rücknahme von Verpackungen u. Ä. Rechtsgrundlagen sind u. a. das AbfallG von 1986, die AltölVO von 1987, das AtomG 1985, die Abfall- und ReststoffüberwachungsVO von 1990, die VerpackungsVO von 1991 (zuletzt geändert 2008) und die AltfahrzeugVO v. 2002.
Rn. 110
Stand: EL 19 – ET: 05/2014
Die darin enthaltenen Verpflichtungen haben unterschiedlichen Charakter. Die Abfallbeseitigung hinsichtlich eigenen Abfalls sieht der BFH (Beschl. v. 08.11.2000, DB 2001, S. 410; vgl. dazu Moxter, A. 2001, S. 569 sowie Christiansen, A. 2002, S. 163) als nicht hinreichend konkretisierte Verpflichtung an; das AbfallG enthalte keinen konkreten Gesetzesbefehl, so dass nicht rückstellbarer eigenbetrieblicher Aufwand vorliege. Andererseits ergibt sich aus den Bestimmungen die Notwendigkeit für den Kaufmann, sich bei der Abfallentsorgung an die gesetzl. Rahmenrichtlinien zu halten. Damit wird ihm eine bestimmte Handlungsweise vorgeschrieben, was nach der hier vertretenen Auffassung für die Konkretisierung ausreicht. Auf den Erlass einer Vfg. kommt es daher nicht an. Im Übrigen ergeht ein Verwaltungsakt der zuständigen Behörde oft deshalb nicht, weil das UN seine Verpflichtung auch ohne behördliche Maßnahme erfüllt. In diesem Zusammenhang kann sich die Frage ergeben, was unter Abfällen zu verstehen ist bzw. ab wann bestimmte Gegenstände als Abfälle zu behandeln sind. So sieht die Finanzverwaltung (vgl. BMF 1992, S. 554) gelagerte Altreifen erst dann als Abfall an, wenn der Unternehmer den Entschluss fasst, sie zu entsorgen, oder wenn eine entspr. Vfg. der zuständigen Behörde vorliegt. Aber auch wenn es sich um Abfall handelt, soll die Beseitigungspflicht vor dem Ergehen eines behördlichen Verwaltungsakts nicht hinreichend konkretisiert und damit nicht rückstellungsfähig sein. Diese Auffassung ist zu eng. Lagert ein Unternehmer Altreifen und besteht keine Verwertungsmöglichkeit, so handelt es sich bereits mit der Annahme um Abfall, insbes. wenn die Annahme gegen eine Gebühr oder als Nebenleistung i. R. e. anderen Vertrags erfolgt. Im letzteren Fall würde auch nach den Grundsätzen der BFH-Urt. v. 25.03.2004 (BB 2004, S. 1620) und v. 21.09.2005 (DB 2006, S. 1678) eine Außenverpflichtung vorliegen. Die Beseitigungsverpflichtung ist sowohl in der Art der Erfüllung als auch in zeitlicher Hinsicht konkret (vgl. HdR-E, HGB § 249, Rn. 95). Ähnlich werden Reststoffe, bei denen keine Verwertungsabsicht mehr besteht, zu Abfällen; dies gilt nicht bei Reststoffen, deren Verwertung möglich und beabsichtigt ist (vgl. Herzig, N. 1990, S. 1348; Klein, M. 1992, S. 1775). Für die Verpflichtung zur Abfallverwertung besteht zwar ebenfalls Passivierungspflicht; dies gilt aber nicht, wenn bei der Verwertung neue aktivierungspflichtige VG hergestellt werden (vgl. Bartels, P. 1992b, S. 1316); sind deren HK höher als die zu erwartenden Erlöse, so sind sie auf den beizulegenden Wert abzuschreiben. Beim Betrieb von Recyclinganlagen – z. B. für Bauschutt – sind Rückstellungen für noch ausstehende Bauschuttverarbeitungskosten zulässig, da auch für (angekaufte) eigene Abfälle eine öffentlich-rechtl. Außenverpflichtung vorliegt (vgl. BFH-Urt. v. 25.03.2004, BB 2004, S. 1620, mit Anm. v. Berndt, und v. 21.09.2005, DB 2005, S. 1678).
Die auferlegten Arbeiten müssen nicht detailliert vorgegeben sein; es reicht, dass der herbeizuführende Erfolg bezeichnet ist (vgl. HdR-E, HGB § 249, Rn. 95). Die Abfallbeseitigung und Reststoffverwertung richtet sich wie die Beseitigung von Altlasten nach den technischen Möglichkeiten, die sich ändern und zu denen neue hinzutreten. Wann der Unternehmer die Entsorgung vornimmt, kann nicht entscheidend sein, da die Verpflichtung nicht durch Zeitablauf erlischt. Außerdem kann es zu Verzögerungen wegen fehlender ausreichender Verbrennungskapazitäten o. Ä. kommen, die der Kaufmann nicht zu vertreten hat. Dass eine vollständige Beseitigung technisch überhaupt möglich ist, kann nicht verlangt werden; die Ablagerung auf Sondermülldeponien erfüllt die Verpflichtung ebenso wie die Vernichtung. In bestimmten Fällen fehlt auch noch ein Entsorgungskonzept.
Rn. 111
Stand: EL 15 – ET: 11/2012
Demgegenüber ist im Bereich der Entsorgungsverpflichtungen die Rücknahmeverpflichtung für Altbatterien eine vertragliche Verpflichtung gegenüber Dritten (entweder rechtlich oder faktisch über eine freiwillige Erklärung), so dass der BFH die verschärften Anforderungen an die Konkretisierung hier nicht verlangt. Dasselbe gilt für die Rücknahme von Altfahrzeugen nach §§ 3 – 5 der AltfahrzeugVO v. 2002; zur zeitlichen Bildung der Rückstellung s. § 53 EGHGB (allg. hierzu Hug, J./Ross, N./Seidler, H. 2000, S. 2510 und Hug, J./Ross, N./Seidler, H. 2002, S. 1013 sowie Kessler, H. 2001, S. 1903); ferner für die Verpflichtungen aus der VerpackungsVO betr. Transport- und Umverpackungen, sowie Verkaufs- und ...