Dr. Wolfgang Knop, Dr. Peter Küting
Rn. 13
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Berücksichtigt man, dass vielfach die Schaffung eines betriebsbereiten Zustands durch das erwerbende UN selbst durchgeführt wird, z. B. Fundamentierungsarbeiten im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Maschine, Einlagerung erworbener Materialien in das eigene Vorratslager, so wird deutlich, dass die Abgrenzung des Anschaffungs- vom Herstellungsvorgang im Einzelfall wohl zu nicht unwesentlichen Problemen führen kann. Aus diesem Grund erscheint es notwendig, zunächst die Abgrenzung des Anschaffungs- vom Herstellungsvorgang zu erörtern (vgl. auch HdR-E, HGB § 255, Rn. 133).
Allg. lässt sich festhalten, dass eine Anschaffung auf den Erwerb bestehender VG abzielt, während die Herstellung auf die Schaffung bisher in dieser Form nicht vorhandener VG gerichtet ist (vgl. ADS (2023), § 255, Rn. 272; L/B/P (2021), § 6 EStG, Rn. 153). Für den Bereich der AK wird dabei auf das subjektive Element des angestrebten Erfolgs bzw. Zustands abgestellt, deren Existenz regelmäßig aus objektiv erkennbaren Umständen abgeleitet werden muss (vgl. BFH, Urteil vom 07.06.1984, IV R 79/82, BStBl. II 1984, S. 584ff.). Analog müsste dies für den Bereich der HK gelten. Mithin sind zunächst allg.-gültige objektive Kriterien zugrunde zu legen, die möglicherweise unter Berücksichtigung der individuellen Situation des bilanzierenden UN im Hinblick auf die Einordnung eines Tatbestands als Anschaffungs- bzw. Herstellungsvorgang hilfreich sind. Zu diesem Zweck bietet es sich zunächst an, auf den einzelnen VG abzustellen.
Handelt es sich um einen VG, der nur erworben werden kann, so kommt nur eine Bewertung mit AK in Betracht. Dies dürfte bspw. bei Grund und Boden, Finanzanlagen, Forderungen und sonstigen VG der Fall sein.
Sind VG gegeben, die nur hergestellt werden können, kommt lediglich eine Bewertung mit HK in Betracht. Derartige VG dürften relativ selten gegeben sein; allenfalls im Bereich der Urproduktion wäre eine solche Situation denkbar.
Rn. 14
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Weiterhin wäre es denkbar, dass VG weder angeschafft noch hergestellt werden (können), so z. B. bei der Schaffung eines VG kraft Hoheitsakts oder der Aufteilung eines einheitlichen VG in verschiedene VG (vgl. L/B/P (2021), § 6 EStG, Rn. 155). In diesem Fall kommen lediglich fiktive oder gesetzlich fixierte AK bzw. HK zur Anwendung.
Sind VG gegeben, die sowohl angeschafft als auch hergestellt werden können, kommt eine Bewertung zu AK bzw. HK in Betracht. Derartige Tatbestände sind insbesondere im Bereich des Sach-AV, bei immateriellen VG, beim Vorratsvermögen und bei den sonstigen VG denkbar. Die gesetzliche Umschreibung der AK beinhaltet eindeutig sämtliche "Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen". Aus dieser Formulierung ist abzuleiten, dass der Anschaffungsvorgang individuell für jeden VG ("ihn") abzugrenzen ist, d. h., der Anschaffungsvorgang ist beendet, wenn der konkrete VG einen betriebsbereiten Zustand erreicht hat.
Rn. 15
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Für Gegenstände des AV ist die Betriebsbereitschaft eines VG und somit die Beendigung des Anschaffungsvorgangs dann erreicht, wenn der Gegenstand für seinen vorgesehenen Zweck in dem UN eingesetzt werden kann. Erfolgt danach eine Änderung dieser erstmaligen Zwecksetzung, so liegt dies jenseits des ursprünglichen Anschaffungsvorgangs, da die geänderte Zwecksetzung und der damit verbundene Aufwand als zur Schaffung von etwas Neuem anzusehen sind. Für diesen Fall ist jedoch die Abgrenzung zu Instandhaltungsarbeiten (Erhaltungsaufwendungen) sowie die Abgrenzung zu den nachträglichen AK (vgl. HdR-E, HGB § 255, Rn. 43ff.) von Bedeutung.
Rn. 16
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Für Gegenstände des UV ist die Betriebsbereitschaft gegeben, wenn der Gegenstand für seinen vorgesehenen Zweck eingesetzt werden kann. Die wesentliche Abgrenzungsproblematik dürfte hier für Gegenstände des Vorratsvermögens gegeben sein. I.S.d. gesetzlich geforderten, individuell auf den einzelnen VG abzustellenden Betrachtungsweise ist die Betriebsbereitschaft und damit die Beendigung des Anschaffungsvorgangs gegeben, sofern der entsprechende Gegenstand bei dem bilanzierenden UN den für diesen Gegenstand gewollten Zustand erreicht hat. Inwieweit die Aufwendungen zur Einlagerung bzw. für das Verbringen an einen bestimmten Ort noch dem Anschaffungsvorgang zuzurechnen sind, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab. Verfügungsmacht i. d. S. darf jedoch nicht formaljuristisch i. S. v. Eigentumsübertragung verstanden werden, sondern der im Bilanzrecht üblichen wirtschaftlichen Betrachtungsweise folgend unter Berücksichtigung des UN-Zwecks und der mit dem Gegenstand verfolgten Absicht.
Diese Abgrenzung hat zur Folge, dass beim Erwerb von Lagergegenständen der Anschaffungsvorgang mit dem Zeitpunkt der Einlagerung beendet ist, während bei auftragsbezogenen Gegenständen der Anschaffungsvorgang erst mit der organisatorischen (räumlichen und sachlichen) Zuordnung zum ...