Rn. 108
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Sind vGA nach den vorstehenden Ausführungen handelsrechtlich zulässig, so werden sie als Aufwand gebucht und schmälern den handelsbilanziellen Gewinn. Die Gesellschaft wird entsprechende Zahlungen in aller Regel auch steuerrechtlich als Aufwendungen behandeln, weil sie davon ausgehen wird, dass die entsprechenden Vorteilsgewährungen auch unter steuerrechtlichen Gesichtspunkten wirksam Aufwand sind. Gelangt die Finanzverwaltung, z. B. aufgrund einer Betriebsprüfung, zu einer anderen Auffassung, so wird der steuerpflichtige Gewinn in den Jahren, in denen die Aufwendungen gebucht wurden, entsprechend erhöht. Durch die vGA wird die GmbH mit zusätzlicher GewSt belastet.
Die im Einzelfall z. T. sehr einschneidenden zusätzlichen Belastungen mit KSt und GewSt haben zu ausführlichen Diskussionen darüber geführt, auf welchem Wege die steuerrechtlichen Wirkungen einer vGA rückgängig gemacht werden könnten (vgl. aus der umfangreichen Literatur zu den sog. "Steuerklauseln" Döllerer, DStR 1980, S. 395; Lempenau, BB 1984, S. 263; Fasold, DStR 1978, S. 366 (368), sowie BMF, Schreiben vom 23.04.1985, IV B1 – S 2176 – 41/85, DB 1985, S. 1437). Inzwischen hat der BFH die Auffassung der Finanzverwaltung (auch niedergelegt in H 8.6 KStH (2022)) mehrfach bestätigt, wonach die steuerrechtliche Rückgängigmachung einer vGA abgelehnt und die Rückzahlung als Einlage behandelt wird (vgl. BFH, Urteil vom 23.05.1984, I R 266/81, BStBl. II 1984, S. 723; BFH, Urteil vom 29.04.1987, I R 176/83, BStBl. II 1987, S. 733; BFH, Urteil vom 03.08.1993, VIII R 82/91, BStBl. II 1994, S. 561). Der Entwurf des JStG 1996 sah eine gesetzliche Neuregelung der Rückgängigmachung von vGA vor, die allerdings nicht ins Gesetz übernommen wurde. Auch nach dem Systemwechsel bei der KSt (vgl. HdR-E, GmbHG § 29, Rn. 100) sind die steuerlichen Konsequenzen von vGA abhängig vom Einzelfall (vgl. MünchKomm. GmbHG (2022), § 29, Rn. 273f.). So kann im Einzelfall auch eine Schenkung vorliegen, die Schenkungsteuer auslöst (vgl. BFH, Urteil vom 13.09.2017, II R 54/15, DStRE 2018, S. 224; BFH, Urteil vom 13.09.2017, II ZR 32/16, DStRE 2018, S. 227; BeckOK-GmbHG (2013), § 29, Rn. 38a).
Rn. 109
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Sind einzelnen Gesellschaftern Vorteile gewährt, die ihnen richtigerweise nicht hätten gewährt werden dürfen, ist ein Rückgewähr- oder Schadensersatzanspruch seitens der Gesellschaft (vgl. § 43 Abs. 3 GmbHG) zu aktivieren, soweit er durchsetzbar ist. Durch die Aktivierung dieses Anspruchs wird die vGA wirtschaftlich gesehen rückgängig gemacht. Unterbleibt trotz Unzulässigkeit der vGA eine Aktivierung, ist die Bilanz unvollständig und damit unrichtig.
Rn. 110
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Eine vGA darf das körperschaftsteuerliche Einkommen nicht mindern (vgl. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG). Grds. begründet eine vGA auch KESt-Pflicht. Wird bspw. i. R.e. Betriebsprüfung eine vGA aufgedeckt, ist KESt im Regelfall einzubehalten (vgl. BFH, Urteil vom 04.07.1984, I R 295/81, BStBl. II 1984, S. 842). Ist jedoch der begünstigte Gesellschafter Inländer und wird er zur ESt veranlagt, wird in der Praxis vom Steuerabzug Abstand genommen. Dies gilt allerdings nicht für einen durch die vGA begünstigten ausländischen Gesellschafter. Den Vorrang der Veranlagung vor dem Abzugsverfahren hat der BFH mit Urteil vom 28.11.1961 (I R 40/60, BStBl. II 1962, S. 107) und Urteil vom 03.07.1968 (I 191/65, BStBl. II 1969, S. 4) bestätigt. Ebenso kann der KESt-Abzug unterbleiben, wenn im vGA-Fall bereits andere Abzugsteuern (z. B. Lohnsteuer für ein überhöhtes Gesellschafter-Geschäftsführergehalt) angefallen sind (vgl. zur Abgrenzung von vGA und nicht abziehbare BA sowie deren Rechtsfolgen BFH, Urteil vom 04.12.1996, I R 54/95, DB 1997, S. 707).