Prof. Dr. Rolf U. Fülbier, Florian Federsel
Rn. 48
Stand: EL 32 – ET: 6/2021
Die Fortführung der UN-Tätigkeit beinhaltet in sachlicher Hinsicht, dass das UN "bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung seine Tätigkeit [...] wird fortsetzen können" (ADS (1995), § 252, Rn. 24). Eine Fortführung der UN-Tätigkeit ist auch dann anzunehmen, wenn keine durchgehende aktive Teilnahme am Wirtschaftsleben besteht, sondern es sich vielmehr z. B. um ruhende oder vermögensverwaltende UN oder um Mantelgesellschaften handelt (vgl. ADS (1995), § 252, Rn. 27). Selbst bei einer Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist nicht zwangsläufig die Annahme der UN-Fortführung zu verwerfen (vgl. BGH, Urteil vom 26.01.2017, IX ZR 285/14, NJW 2017, S. 1611 (1614); Eickes, DB 2015, S. 933ff.). Die Prämisse der UN-Fortführung soll lediglich zum Ausdruck bringen, dass bei der Bewertung die Beendigung der Existenz des UN (Liquidation) keine Beachtung findet. Aus der Formulierung des Grundsatzes der UN-Fortführung geht nicht hervor, auf welchen zukünftigen Zeitraum sich die Prämisse der Fortführung der UN-Tätigkeit erstrecken muss, d. h., "wie lang der Zeitraum sein muss, für den die UN-Fortführung noch mit hinreichender Sicherheit erwartet werden kann" (Beck Bil-Komm. (2020), § 252 HGB, Rn. 11). Aufgrund der Unwägbarkeiten zukünftiger wirtschaftlicher Entwicklungen sowie der Probleme von Prognosen tatsächlicher oder rechtlicher Gegebenheiten, die gegen eine Annahme der UN-Fortführung sprechen (vgl. HdR-E, HGB § 252, Rn. 49f.), kann sich die Prämisse der Fortführung der UN-Tätigkeit nur auf einen "übersehbaren Zeitraum" (ADS (1995), § 252, Rn. 24) beziehen. Mit Bezug auf die Länge eines GJ kann als angemessen gelten, den "Zeitraum, für den ein Unternehmen zumindest going concern sein muß (soll), [...] auf 12 Monate nach dem Bilanzstichtag" (Janssen, WPg 1984, S. 341 (346); vgl. so auch der BGH (Urteil vom 26.01.2017, IX ZR 285/14, NJW 2017, S. 1611 (1613), m. w. N.) sowie IDW PS 270 (2018), Rn. 18) festzulegen (vgl. dagegen ADS (1995), § 252, Rn. 24, die die generelle Angabe eines nach Monaten bestimmten Zeitraums nicht für möglich halten und auf die Verhältnisse im Einzelfall abstellen). Außerdem dürfen zum Zeitpunkt des Abschlusses der Aufstellung des JA keine begründeten Anhaltspunkte vorliegen, dass zu einem Zeitpunkt nach diesem 12-Monats-Zeitraum die Fortführungsprognose nicht aufrechterhalten werden kann (vgl. IDW PS 270 (2018), S. 762; Beck Bil-Komm. (2020), § 252 HGB, Rn. 11). Die Meinung des Schrifttums kann insofern zusammengefasst werden, dass in diesem 12-Monats-Zeitraum nur ein Richtwert zu sehen ist, von dem im Einzelfall je nach verfügbaren Informationen abgewichen werden kann. Ein Abweichen nach oben (Ausweitung des Zeitraums, für den die UN-Fortführung erwartet werden kann) scheint hierbei unproblematisch bzw. ist u. U. angezeigt (vgl. Beck Bil-Komm. (2020), § 252 HGB, Rn. 11, m. w. N.), entbindet jedoch nicht von der Pflicht zur erneuten Fortführungsprognose am Folgestichtag. Sehr viel problematischer und nach hier vertretener Ansicht, wenn überhaupt, nur in sehr seltenen Ausnahmefällen akzeptabel erscheint die Abweichung nach unten (vgl. noch strenger Sarx (1987), S. 25 (29), der ein Abweichen nach unten für unzulässig hält; ferner auch den Literaturüberblick im Bonner HGB-Komm. (2011), § 252, Rn. 58, wonach auf eine eigene diesbezügliche (zeitliche) Festlegung verzichtet wird). Schließlich bedeutet ein Abweichen nach unten, dass i. R.d. Jahresberichterstattung die Fortführungsprämisse noch nicht einmal für die Folgeperiode, also bis zum nächsten Abschlussstichtag, gilt.