Prof. Dr. Martin Henssler, Dr. David Markworth
Rn. 21
Stand: EL 38 – ET: 01/2023
Auch wenn das nachteilige Rechtsgeschäft bzw. die nachteilige Maßnahme auf einem HV-Beschluss beruht, der durch das Abstimmungsverhalten des Allein- oder Mehrheitsgesellschafters geprägt ist, kann eine Einflussnahme i. S. v. § 311 AktG vorliegen. In Betracht kommen neben den eindeutig erfassten Beschlüssen über Maßnahmen der Geschäftsführung, die nach § 119 Abs. 2 AktG nur auf Verlangen des Vorstands zulässig sind (vgl. nur KK-AktG (2004), § 311, Rn. 25; ADS (1997), § 311 AktG, Rn. 30; BeckOGK-AktG (2022), § 311, Rn. 82; KonzernR (2022), § 311 AktG, Rn. 29),
- Beschlüsse über UN-Verträge nach § 292 AktG (vgl. MünchKomm. AktG (2020), § 311, Rn. 119; KonzernR (2022), § 311 AktG, Rn. 29),
- Beschlüsse über eine Verschmelzung oder Spaltung nach dem UmwG (vgl. MünchKomm. AktG (2020), § 311, Rn. 119; KK-AktG (2004), § 311, Rn. 25; a. A. ADS (1997), § 311 AktG, Rn. 30: organisationsrechtliche Vorgänge, die durch eigenständige Schutzmechanismen erfasst werden), sowie
- Gewinnverwendungsbeschlüsse und Beschlüsse über die Änderung des UN-Gegenstands oder gar die Auflösung der Gesellschaft (vgl. KonzernR (2022), § 311 AktG, Rn. 29; MünchKomm. AktG (2020), § 311, Rn. 127; BeckOGK-AktG (2022), § 311, Rn. 82; a. A. ADS (1997), § 311 AktG, Rn. 30; KK-AktG (2004), § 311, Rn. 26f.).
Allerdings ist die nachteilige Wirkung des Beschlusses jeweils gesondert festzustellen, so dass etwa Gewinnverwendungsbeschlüsse, die weder einzelne Aktionäre benachteiligen noch Gläubigerinteressen verletzen, (selbstverständlich) nicht erfasst werden (vgl. MünchKomm. AktG (2020), § 311, Rn. 121ff.; die Nachteiligkeit grds. ablehnend: KonzernR (2022), § 311 AktG, Rn. 30). Im Schrifttum werden die Fragen, ob bestimmte Beschlüsse veranlassend wirken können und nachteilige Wirkung nach sich ziehen, nicht immer deutlich genug voneinander getrennt (vgl. etwa ADS (1997), § 311 AktG, Rn. 30). Die Zustimmung der HV zu einem BHV oder GAV oder einer Eingliederung fällt dagegen ebenso wie der Beschluss über den Formwechsel per se nicht unter § 311 AktG (vgl. Müller, in: FS Goerdeler (1987), S. 375 (383); Emmerich/Habersack (2020), § 25, Rn. 6; MünchKomm. AktG (2020), § 311, Rn. 128; KonzernR (2022), § 311 AktG, Rn. 29; zum Verhältnis des § 311 AktG zu § 243 AktG HdR-E, AktG § 311, Rn. 83).