Dr. Tobias Brembt, Dr. Katrin Rausch
Rn. 97
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Hat der AP über die Prüfungstätigkeit hinaus an der Führung der Bücher oder Aufstellung des zu prüfenden JA bzw. KA unmittelbar mitgewirkt (vgl. § 319 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 lit. a)) und war seine Mitwirkung nicht von untergeordneter Bedeutung, ist unwiderlegbar eine Besorgnis der Befangenheit begründet, da ein informierter Dritter nicht davon ausgehen würde, dass er unvoreingenommen geprüft hat und die Gefahr besteht, dass er während seiner Mitwirkung erfolgte Fehler nicht aufdeckt. Folgende Tätigkeiten führen mithin zu einer Inhabilität des AP (vgl. MünchKomm. HGB (2024), § 319, Rn. 77):
(1) |
Führung der Grund-, Haupt- oder Nebenbücher; |
(2) |
Überführung von Konten in die Bilanz oder GuV; |
(3) |
Führen der Anlageverzeichnisse; |
(4) |
Erstellung von Anhang und/oder Lagebericht; |
(5) |
Vornahme der Inventur (statt deren Überwachung); |
(6) |
Übernahme von (Teilbereichen) der Buchführung, speziell der Lohn- und Gehaltsbuchhaltung, sofern der Personalaufwand nicht unwesentlich ist; |
(7) |
Erstellung einer sowohl die handels- als auch steuerrechtlichen Zwecke gleichermaßen erfüllende Einheitsbilanz; |
(8) |
Erstellung des VJ-Abschlusses durch den AP, falls dieser nicht durch einen anderen WP/vBP geprüft wurde, |
sowie speziell mit Blick auf KA-Prüfungen:
(1) |
Erstellung eines lokalen JA durch den KA-Prüfer vor Abschluss der Prüfung des KA; |
(2) |
Mitwirkung an der Konsolidierung der JA; |
(3) |
Beteiligung an der Erstellung von Abschlüssen, die ihrerseits speziell für die Konsolidierung aufgestellt wurden. |
Nach dem (nicht rechtskräftigen) Urteil des OLG Hamm ist die Übernahme der Gehaltsbuchhaltung für eine kleine Gruppe leitender Angestellter kein Ausschlussgrund für die Durchführung der AP (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 27.01.2009, 25 U 57/08, WPK-Magazin 4/2009, S. 56ff.). Dem indes ist nur dann zuzustimmen, sofern die Anzahl der leitenden Angestellten sehr gering und die Beträge nicht wesentlich sind.
Rn. 98
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Zulässig und geboten ist dagegen, auf den JA bzw. KA i. R.d. Prüfungstätigkeit korrigierend einzuwirken, damit der BV erteilt werden kann. Dabei ist eine Beschränkung auf allg. Hinweise nicht erforderlich; fernerhin darf der AP auch konkrete Hinweise für eine zutreffende Behandlung geben, solange (auch bei einer größeren Anzahl von Korrekturhinweisen) das UN den Buchungsstoff weiterhin verarbeitet (vgl. Erläuterung zu § 33 Abs. 3 BS WP/vBP). Auch ein Lese-Zugang zum Buchführungssystem des betreffenden UN ist unkritisch. Voraussetzung ist jedoch, dass dem AP ein prüffähiger Abschluss vorgelegt wird, mithin die Korrekturvorschläge nicht dazu führen, dass der AP den zu prüfenden JA bzw. KA letztlich selbst erstellt hat (vgl. MünchKomm. HGB (2024), § 319, Rn. 73, m. w. N.). Im Schrifttum wird darüber hinaus vertreten, dass etwa folgende Tätigkeiten nicht zur Inhabilität des AP führen (vgl. Beck Bil-Komm. (2022), § 319 HGB, Rn. 48):
(1) |
Beratung bei der Entwicklung von Sollobjekten; |
(2) |
theoretische Hinweise zum Aufbau der Arbeits- und Ablauforganisation, namentlich: Beratung
- bei der Ausgestaltung von Erfassungs-, Bearbeitungs- und Überwachungssystemen,
- bei der Entwicklung von Kontenplänen,
- in Bezug auf allg. Inventur- und Bilanzierungsanweisungen;
|
(3) |
Beratung hinsichtlich spezifischer Organisationshilfen, wenn diese nur konditional für bestimmte Geschäftsvorfälle sind, z. B. Zurverfügungstellung einer Berater-Nr. bei DATEV (wobei hier zu berücksichtigen ist, dass die DATEV derweil ein mitgliedsgebundenes Mandantengeschäft anbietet, ergo betreffende UN mit Genehmigung eines StB eine eigene Mitglieds-Nr. bei der DATEV erhalten können); |
(4) |
Durchsicht von durch das UN erstellten Bilanzierungs-HB. |
Dieser Auffassung ist für Gesellschaften, die nicht als UN von öffentlichem Interesse (PIE) i. S. d. AP-VO gelten, zuzustimmen.
Rn. 99
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Unterzieht die BaFin den JA bzw. KA des geprüften UN einem Enforcement-Verfahren nach Maßgabe der §§ 106ff. WpHG, so kann der AP zu einem bilanziellen Sachverhalt (erneut) Stellung nehmen, ohne damit seine Unabhängigkeit zu gefährden.