Rn. 147

Stand: EL 32 – ET: 06/2021

Mit dem BilMoG wurde die bis dato kodifizierte – allerdings vom Schrifttum als solche nicht verstandene – Soll-Vorschrift in eine Muss-Vorschrift überführt (vgl. stellvertretend für viele ADS (1995), § 252, Rn. 109, 112; Pfleger, DB 1986, S. 1133). Dementsprechend ist vom Grundsatz der Beibehaltung von Bewertungsmethoden zwingend auszugehen. Allerdings rückt damit auch die Bedeutung des § 252 Abs. 2 in den Vordergrund, denn lediglich in begründeten Ausnahmefällen darf vom Grundsatz der Bewertungsstetigkeit abgewichen werden.

 

Rn. 148

Stand: EL 32 – ET: 06/2021

Da die Bewertungsmethoden die Wertermittlung ungeachtet marginaler Änderungen im Bewertungsziel und in den Bewertungsbedingungen festlegen (vgl. Selchert (1987), S. 206, sowie HdR-E, HGB § 252, Rn. 26ff.), kann ein Abweichen von Bewertungsmethoden nur dann begründet werden, wenn weitreichende, jedenfalls über alle bei der Festlegung der Bewertungsmethoden absorbierten Ziel- oder Bedingungsänderungen hinausgehende Veränderungen eingetreten sind (vgl. Kupsch, DB 1987, S. 1157 (1159f.)). Die Ziel- oder Bedingungsänderungen müssen der Wahrung der Vergleichbarkeit bei Beibehaltung der Bewertungsmethoden entgegenstehen oder die Wirkung der Bewertungsmethoden in Widerspruch zum Ziel des JA bringen (vgl. Kupsch, DB 1987, S. 1157 (1159f.)). Gerade letzteres dürfte auch der durch Art. 4 Abs. 4 der Bilanz-R veränderten Interpretation des § 252 Abs. 2 i. S.e. "true and fair view"-Abweichungsregel genügen (vgl. Wengerofsky, DB 2015, S. 873 (875ff.); Wengerofsky, StuB 2015, S. 172 (174ff.); ferner HdR-E, HGB § 252, Rn. 22ff.). Ein Methodenwechsel soll vor diesem Hintergrund primär der verbesserten Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bilds der VFE-Lage des UN dienen.

 

Rn. 149

Stand: EL 32 – ET: 06/2021

I.R.d. handelsrechtlichen Zielformulierung i. S. d. § 264 Abs. 2 Satz 1 kommen Zieländerungen auch durch eine andersartige Gewichtung der VFE-Lage in Betracht (vgl. Förschle/Kropp, ZfB 1986, S. 873 (888)). Innerhalb der Teilziele, z. B. der Ertragslage, sind Verschiebungen ebenfalls denkbar. Ausgelöst werden solche Zieländerungen mitunter durch veränderte Gegebenheiten im Kreis derer, denen die Zielbestimmung zusteht, bspw. veränderte Gesellschafterverhältnisse, Börsennotierung oder grundlegend veränderte Managementstrategien z. B. im Hinblick auf die Internationalisierung eines UN (vgl. Forster, in: FS v. Wysocki (1985), S. 29 (41); kritisch dazu Müller, BB 1987, S. 1629 (1637); Beck-HdR, B 161 (2011), Rn. 69; WP-HB (2021), Rn. F 101f.; IDW RS HFA 38 (2011), Rn. 15; DRS 13.8).

 

Rn. 150

Stand: EL 32 – ET: 06/2021

In den Bewertungsbedingungen, welche bei der zieladäquaten Entscheidung über die Bewertungsmethoden bestanden, können in rechtlicher, wirtschaftlicher und organisatorischer Hinsicht grundlegende Änderungen eingetreten sein, welche Abweichungen von den Bewertungsmethoden rechtfertigen.

Rechtliche Änderungen können sich sogar in Zieländerungen auswirken, wenn etwa die Entscheidungsfreiheit durch den Abschluss eines Geschäftsführungsvertrags oder die Zugehörigkeit zu einem Konzern bzw. durch die Auflösung eines Geschäftsführungsvertrags oder das Ausscheiden aus einem Konzern beeinflusst wird. Davon abgesehen können mit einer Konzernzugehörigkeit oder einem Geschäftsführungsvertrag rechtliche Verpflichtungen verbunden sein, die sich auch auf die Anwendung von Bewertungsmethoden auswirken (vgl. ADS (1995), § 252, Rn. 113; Müller, BB 1987, S. 1629 (1637)). Zu den rechtlichen Gründen für ein Abweichen von Bewertungsmethoden können nicht zuletzt Gesetzesänderungen und Änderungen in der Rspr. gezählt werden (vgl. Beck-HdR, B 161 (2011), Rn. 67).

Wirtschaftliche Änderungen, welche Abweichungen von Bewertungsmethoden rechtfertigen, können z. B. eintreten in Bezug auf gravierende Änderungen (vgl. auch ADS (1995), § 252, Rn. 113; Beck Bil-Komm. (2020), § 252 HGB, Rn. 61):

(1) mengenmäßiger Kapazitäten und Bestände (vgl. Müller, BB 1987, S. 1629 (1636));
(2) des Geschäftsmodells oder zumindest der Art der ausgeübten Leistungsfunktionen;
(3) der Produktionstechnik, -typen, -dauer und -programme;
(4) der UN-Existenz, z. B. die Einleitung von wesentlichen Sanierungsmaßnahmen oder die Aufgabe der UN-Fortführung (vgl. HdR-E, HGB § 252, Rn. 54ff.).
 

Rn. 151

Stand: EL 32 – ET: 06/2021

Ob eine "grundlegend andere Einschätzung der Unternehmensentwicklung" (ADS (1995), § 252, Rn. 113) eine Ausnahme begründen kann, erscheint zweifelhaft (vgl. Hafner, WPg 1985, S. 593 (599); ablehnend WP-HB (2021), Rn. F 102f., sowie Beck-HdR, B 161 (2011), Rn. 69, mit Bezug auf eine "Änderung der Konjunktur oder der Branchensituation"). Zumindest würde damit ein sehr weiter Ermessensspielraum geschaffen, der sich nur schwerlich mit dem Sinn einer Ausnahmevorschrift und ihrem Zweck, der Wahrung der Vergleichbarkeit, vereinbaren lässt (vgl. Müller, BB 1987, S. 1629 (1637)).

 

Rn. 152

Stand: EL 32 – ET: 06/2021

Auch ein eher vorübergehender Umsatzrückgang, u...

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