Prof. Dr. Hartmut Bieg, Prof. Dr. Gerd Waschbusch
Rn. 142
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Wie der Übersicht unter HdR-E, HGB § 271, Rn. 145, zu entnehmen ist, führen die beiden Verbundkonzeptionen zu verschiedenen Ergebnissen. Zahlreiche "verbundene UN" des AktG erfüllen den Verbundtatbestand gemäß § 271 Abs. 2 nicht, während nur in wenigen und zudem praktisch bedeutungslosen Fällen ein UN-Verbund nach HGB vorliegt, ohne dass damit ein aktienrechtlicher Verbundtatbestand einhergeht. Die in praxi vorzufindenden UN-Verbindungen dürften jedoch größtenteils sowohl den Verbundtatbestand des HGB als auch den des AktG erfüllen.
Rn. 143
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Zusammenfassend sei hier auf die folgenden Punkte besonders hingewiesen:
(1) |
Das Vorliegen einer reinen Kap.-Mehrheit, eines Gleichordnungskonzerns, einer einfachen wechselseitigen Beteiligung sowie der meisten Vertragsteile eines UN-Vertrags führt allein zu einem aktienrechtlichen UN-Verbund. |
(2) |
Der größte Teil an UN-Verbindungen dürfte deckungsgleich sein; denn der Hauptfall des Unterordnungskonzerns führt sowohl zu einem "verbundenen UN" i. S. d. HGB als auch AktG. |
(3) |
Während vor der Umsetzung des BilMoG der Verbundbegriff des HGB nur in ganz wenigen Ausnahmesituationen weitreichender als der des AktG war (hier ist auf die unter C.1. der Übersicht in HdR-E, HGB § 271, Rn. 145, erläuterte mittelbare Stimmrechtsmehrheit an einem EU hinzuweisen; vgl. dazu auch nachstehendes Beispiel), erfuhr der Kreis "verbundener UN" nach HGB infolge der Implementierung des § 290 Abs. 2 Nr. 4 (vgl. HdR-E, HGB § 271, Rn. 119ff.) eine neuerliche Erweiterung. Schließlich liegt ein Mutter-Tochter-Verhältnis i. S. d. § 290 bereits auch dann vor, sofern ein MU bei wirtschaftlicher Betrachtung die Mehrheit der Chancen und Risiken des betreffenden UN (Zweckgesellschaft) trägt. Im Gegensatz dazu muss die Abhängigkeit i. S. d. § 17 AktG gesellschaftsrechtlich fundiert sein (vgl. lediglich Hüffer-AktG (2023), § 17, Rn. 4, m. w. N.). |
Rn. 144
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Beispiel:
Liegen zwischen A/B und B/C lediglich Stimmrechtsmehrheiten vor, ohne dass gleichzeitig auch der Abhängigkeitstatbestand gegeben ist, werden im Kontext des HGB (vgl. § 290 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. Abs. 3 Satz 1) die von B an C gehaltenen Stimmrechte A zugerechnet, während aktienrechtlich eine solche Zurechnung lediglich dann möglich wäre, sofern zwischen A/B ein Abhängigkeitsverhältnis i. S. d. § 17 AktG vorläge. Ergo liegt nach HGB zwischen A, B und C ein UN-Verbund vor, wohingegen in aktienrechtlicher Hinsicht ein UN-Verbund nur zwischen A/B sowie B/C, nicht aber zwischen A/C gegeben wäre. Klarstellend sei an dieser Stelle noch einmal darauf hingewiesen, dass sich UN-Verbindungen i. d. S. grds. als direkte bzw. bilaterale Beziehungen zwischen zwei UN verstehen, lediglich der Verbundtatbestand (wie auch der Konzernbegriff des 18 AktG) begründet dagegen multilaterale Beziehungen zwischen allen MU und TU.
Rn. 145
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Ähnlich gelagert verhält es sich bei dieser Fallkonstellation: Den einem MU an einem anderen UN zustehenden Rechten werden diejenigen Rechte hinzugerechnet, über die es selbst oder eines seiner TU aufgrund einer Vereinbarung mit anderen Gesellschaftern dieses UN verfügen kann (vgl. § 290 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. Abs. 3 Satz 2); hier sei beispielhaft insbesondere auf Pool-, Stimmbindungs- und Konsortialvereinbarungen hingewiesen (vgl. auch HdR-E, HGB § 271, Rn. 130f.). "Zu einer Unternehmensverbindung i. S. v. § 16 AktG können diese Stimmrechte [jedoch, d.Verf.] nicht führen, ggf. aber zu einer Unternehmensverbindung nach § 17 AktG" (WP-HB (2023), Rn. C 26).
Übersicht: Aktien- und handelsrechtliche Verbundtatbestände im Vergleich