Prof. Dr. Rolf U. Fülbier, Florian Federsel
Rn. 122
Stand: EL 32 – ET: 06/2021
Der Gesetzgeber beschränkt das Beibehaltungsgebot auf Bewertungsmethoden. Der in § 252 Abs. 1 Nr. 6 verwendete Begriff der Bewertungsmethode ist im Gesetz ebenso wenig definiert wie das Gebot der Beibehaltung. Der Grundsatz der Beibehaltung der Bewertungsmethoden i. A. und der Begriff der Bewertungsmethoden im Besonderen sind damit auslegungsbedürftig (vgl. die Übersicht bei Rümmele (1991), S. 19; zudem Förschle/Kropp, ZfB 1986, S. 873 (878)). Die Auslegung hat sich auf den "Wortsinn" (Förschle/Kropp, ZfB 1986, S. 873 (878)) und die gesetzessystematische Einordnung der Vorschrift zu stützen. Der Zweck der Vorschrift – die Vergleichbarkeit zwischen aufeinanderfolgenden JA herzustellen – kann der Auslegung nur hilfsweise dienen.
Rn. 123
Stand: EL 32 – ET: 06/2021
Bewertung kann allg. im Zusammenhang mit dem Rechnungswesen verstanden werden als eine Tätigkeit, mit der ein Bewertender einem Bewertungsgegenstand einen in GE ausgedrückten Wert beimisst (vgl. Kupsch, DB 1987, S. 1101 (1102f.); HB-RP (1995), § 252 HGB, Rn. 48ff.). Dabei sind unter dem Terminus der Bewertungsmethode "bestimmte, in ihrem Ablauf definierte Verfahren der Wertfindung" (Beck Bil-Komm. (2020), § 252 HGB, Rn. 56; vgl. so auch IDW RS HFA 38 (2011), Rn. 8ff., zum Grundsatz der Bewertungsstetigkeit; DRS 13.6) zu verstehen. Diese (Bewertungs-)Methode muss im Einklang mit den GoB stehen.
Methodisches Bewerten ist durch die Ausrichtung auf ein Ziel gekennzeichnet (griechisch: "méthodos"; deutsch: "Weg oder Gang einer Untersuchung", "Weg zu etwas hin"). Das in § 264 Abs. 2 Satz 1 formulierte Ziel, ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der VFE-Lage zu vermitteln (vgl. Forster, in: FS v. Wysocki (1985), S. 29 (34)), das sich eigentlich nur an KapG und diesen gleichgestellten PersG wendet, kann in dem Zusammenhang für alle Kaufleute übernommen werden. Mit diesem Zielbezug der Bewertungsmethode ist verbunden, dass die Schrittfolge zwangsläufig oder planmäßig (vgl. auch Eckes, BB 1985, S. 1435 (1435), der in diesem Zusammenhang von "Planmäßigkeit" spricht) und immer wieder zur Anwendung gelangen soll, und zwar unabhängig von Unterschieden in der Anwendungssituation (in Bezug auf das Bewertungsobjekt oder die Bewertungsbedingungen); immer vorausgesetzt, dass die Methode im Hinblick auf das Ziel der Vermittlung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bilds der VFE-Lage des UN geeignet oder zumindest nicht ungeeignet erscheint (vgl. Bonner-HdR (2012), § 252 HGB, Rn. 68, 72; Pfleger, DB 1984, S. 785 (786); Selchert, DB 1984, S. 1889 (1890ff.)). Fehlt die Zwangsläufigkeit der Wiederholung, so liegt nicht-methodisches Bewerten vor (vgl. HdR-E, HGB § 252, Rn. 128, 131f.).
Rn. 124
Stand: EL 32 – ET: 06/2021
Indem der Gesetzgeber in § 252 Abs. 1 Nr. 6 ausdrücklich und exklusiv von Bewertungsmethoden spricht (im Unterschied zu § 284 Abs. 2 Nr. 1f., der "Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden" adressiert), ist klargestellt, dass sich die kodifizierte Beibehaltung in Nr. 6 nicht auf den Bilanzansatz oder Darstellungsfragen bezieht. Vor Einführung des BilMoG waren z. T. hierunter auch Ansatzfragen erfasst (vgl. so Bonner HGB-Komm. (2011), § 252, Rn. 241, 251); allerdings wurde die Ansatzstetigkeit mit dem BilMoG in § 246 Abs. 3 kodifiziert. Unter Berücksichtigung auch der Darstellungsstetigkeit (andere sprechen von formeller Stetigkeit, die dann auch die Ausweisstetigkeit beinhaltet; vgl. z. B. Küting/Tesche, DStR 2009, S. 1491ff.) in § 265 Abs. 1 wird insofern auch dem deutlich erweiterten Wortlaut des Art. 6 Abs. 1 lit. b) der Bilanz-R, der auf "Rechnungslegungsmethoden und Bewertungsgrundlagen" zielt, im HGB insgesamt entsprochen, wenn auch getrennt von § 252 Abs. 1 Nr. 6. An dieser Stelle war Art. 31 Abs. 1 lit. b) der 4. EG-R enger gefasst und zielte allein auf "Bewertungsmethoden".
Rn. 125
Stand: EL 32 – ET: 06/2021
Unterschiedliche Bewertungsmethoden können nur da bestehen, wo (zumindest theoretisch) die Möglichkeit zur alternativen Wertermittlung gegeben ist (vgl. Eckes, BB 1985, S. 1435 (1438ff.)). Lediglich in diesen Fällen ist es sinnvoll, die Auswahl der Bewertungsalternativen mit einem Stetigkeitsgebot einzugrenzen bzw. zu beschränken (vgl. Forster, in: FS v. Wysocki (1985), S. 29 (36)). Unterschiedliche Bewertungsmethoden ergeben sich regelmäßig aus folgenden Sachverhalten (vgl. NWB HGB-Komm. (2021), § 252, Rn. 214):
(1) |
gesetzlichen Regelungen: z. B. der Umfang der AHK sowie der Abschreibungsverlauf nach § 253 Abs. 3 Satz 2 ("Der Plan muss die Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf die Geschäftsjahre verteilen, in denen der Vermögensgegenstand voraussichtlich genutzt werden kann."); |
(2) |
nicht-kodifizierten GoB ("GoB-indizierte Regeln"); |
(3) |
steuerlich geprägten Regelungen: z. B. die sofortige Aufwandsverrechnung von GWG; |
(4) |
UN- und Konzernvorgaben: z. B. "Hausmeinungen" der großen WPG oder Bewertungs-R; |
(5) |
bislang angewandten Vorgehensweisen: z. B. stehen bei einer UN-Bewertung mehrere Ausprägun... |