Dr. Alfred Simlacher, Dr. Stephan Vossel
Rn. 570
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Die bilanzielle Erfassung eines durch den Gesellschafter gewährten Vermögensvorteils im JA der empfangenden Gesellschaft setzt einen einlagefähigen VG voraus. Zum einen erfüllen Bareinlagen unzweifelhaft die Aktivierungskriterien. Zudem werden sie im handels- und steuerrechtlichen JA dem Grunde und der Höhe nach grds. im Gleichlauf angesetzt. Somit entstehen keine temporären Differenzen, die einer Steuerlatenzierung zugänglich wären.
Rn. 571
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Als Sacheinlagen kommen einzelne VG und Sachgesamtheiten in Betracht. Diese werden nachfolgend untersucht. Offene Einlagen stellen eine auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhende Leistung des Gesellschafters unter Gewährung einer Gegenleistung (Gewährung von Gesellschaftsrechten) dar. Dieses Verständnis gilt übereinstimmend im Handels- und Steuerrecht, so dass offene Einlagen in beiden Rechtskreisen dem Grunde nach einheitlich behandelt werden. Die Terminologie "verdeckte Einlage" entstammt einem steuerlichen Begriffsverständnis und bildet eine durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Leistung ohne Gegenleistung ab (vgl. Vossel (2012), S. 234). Vielfach handelt es sich um Transaktionen zwischen Gesellschafter und Gesellschaft, die auf einer schuldrechtlichen Vereinbarung beruhen. Zudem stellen sie aufgrund ihrer Unentgeltlichkeit kein Veräußerungsgeschäft dar (vgl. BFH, Urteil vom 20.04.2011, I R 2/10, BStBl. II 2011, S. 761; BFH, Urteil vom 24.04.2007, I R 35/05, BStBl. II 2008, S. 253). Handelsrechtlich werden sie nicht "verdeckt" und damit als nicht erfasste Vorteilsgewährung oder als Ertragsposten in der GuV behandelt, sondern offen als Zugänge im EK als andere Zuzahlungen (vgl. § 272 Abs. 2 Nr. 4) erfasst, wenn der Einlagewille erkennbar ist und kein Ertragszuschuss gewährt werden soll (vgl. Beck Bil-Komm. (2024), § 272 HGB, Rn. 196, m. w. N.). Handelsrechtlich sind derartige Einlagen daher als offene Einlagen zu qualifizieren.
Rn. 572
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Die Bewertung von Sacheinlagen weicht im Steuer- und Handelsrecht voneinander ab. Steuerlich stellen offene Einlagen tauschähnliche Vorgänge dar, so dass beim Gesellschafter ein Veräußerungs- und bei der Gesellschaft ein Anschaffungsgeschäft vorliegt (vgl. BFH, Urteil vom 20.04.2011, I R 2/10, BStBl. II 2011, S. 761; BFH, Urteil vom 07.04.2010, I R 55/09, BStBl. II 2010, S. 1094; BFH, Urteil vom 24.04.2007, I R 35/05, BStBl. II 2008, S. 253). Daher hat die Gesellschaft den Gegenstand der Sacheinlage – sofern es sich nicht um eine Umwandlung handelt, die vom Anwendungsbereich des UmwStG erfasst wird – mit ihrem gemeinen Wert zu bewerten (vgl. § 6 Abs. 6 Satz 1 EStG). Verdeckte Einlagen stellen wegen ihres unentgeltlichen Charakters kein Anschaffungsgeschäft dar und sind daher mit dem Teilwert zu bewerten (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG).
Rn. 573
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Handelsrechtlich existieren keine konkreten Vorschriften für die Bewertung von offenen Einlagen gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten. Es besteht ein Wahlrecht, die Sacheinlage mit dem Ausgabebetrag der ausgegebenen Anteile oder mit dem Zeitwert der Sacheinlage zu bewerten (vgl. HdR-E, HGB § 253, Rn. 12). Der vorsichtig ermittelte Zeitwert (beizulegender Zeitwert) der Sacheinlage stellt für beide Optionen die Bewertungsobergrenze dar (vgl. Vossel (2012), S. 240), wobei die Wertuntergrenze bei KapG durch das Verbot einer Unterpari-Emission eingezogen ist (vgl. § 9 Abs. 1 AktG). Die handelsrechtliche Zugangsbewertung entspricht bei KapG daher dem festgesetzten Nennbetrag zzgl. eines vereinbarten Agios. Für offene Einlagen ohne Gewährung von Gesellschaftsrechten existieren ebenfalls keine gesetzlich kodifizierten Wertmaßstäbe. Da von der Gesellschaft keine Gegenleistung gewährt wird, kann eine Sacheinlage zum Zeitwert, zu jeglichem geringeren Wert oder sogar mit einem Wert von Null abgebildet werden (vgl. Ross/Drögemüller, DB 2009, S. 580 (581)).
Rn. 574
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Wegen des breiten Spektrums handelsrechtlicher Bewertungsmöglichkeiten und in Abweichung von den steuerlichen Bewertungsmaßstäben können Einlagen auf Ebene der Gesellschaft zu temporären Differenzen der eingelegten einzelnen VG oder Sachgesamtheiten führen. Der die Wertdifferenz begründende Sachverhalt, die Anschaffung der einzelnen VG oder Sachgesamtheiten im Zuge der Einlage, ist erfolgsneutral abzubilden. Korrespondierend hierzu sind latente Steuern für diese temporären Differenzen – als Ausnahme vom Grundsatz der erfolgswirksamen Erfassung latenter Steuern – im Zugangszeitpunkt erfolgsneutral gegen das EK zu berücksichtigen (vgl. DRS 18.51a; Herzig/Fuhrmann (2012), Kap. V/B, Rn. 97). Infolge der Nutzung des Einlagegegenstands in der Folgezeit verändert sich die Wertdifferenz in HB und StB respektive entsteht ein handels- und steuerliches Ergebnis, so dass die latenten Steuern erfolgswirksam aufzulösen sind (vgl. DRS 18.50).
Rn. 575
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Einer steuerlichen Einbringung i. S. d. §§ 20, 24 Umw...