Dr. Karl Petersen, Prof. Dr. Christian Zwirner
Rn. 1
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
§ 319b wurde durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) vom 25.05.2009 (BGBl. I 2009, S. 1102ff.) neu in das HGB eingefügt (vgl. für einen Überblick über das BilMoG z. B. Petersen/Zwirner, KoR 2009, Beilage Nr. 1 zu Heft 5, S. 1ff.; Bieg et al. (2009)) und zuletzt durch das Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (FISG) vom 03.06.2021 (BGBl. I 2021, S. 1534ff.) geändert. Gemäß Art. 66 Abs. 2 EGHGB war die ursprüngliche Gesetzesvorschrift erstmals auf die Prüfung von JA und KA für nach dem 31.12.2008 begonnene GJ anzuwenden. Seit diesem Zeitpunkt sind die Regelungen zum Netzwerk im Zusammenhang mit den Vorschriften zur AP, insbesondere der zulässigen Erbringung von AP-Leistungen als Mitglied eines Netzwerks, zu beachten. Infolge des mit dem FISG erfolgten Wegfalls von § 319a (a. F.) wurden die diesbezüglichen Verweise in § 319b (a. F.) ebenfalls eliminiert (vgl. BT-Drs. 19/26966, S. 102). Gemäß Art. 86 Abs. 1 EGHGB galten sowohl § 319a (a. F.) als auch § 319b (a. F.) noch für alle gesetzlichen AP für vor dem 01.01.2022 begonnene GJ, d. h., sie fielen nicht sofort weg.
Rn. 2
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Die ursprüngliche Neueinfügung von § 319b reihte sich ein in eine Vielzahl von Modifikationen im Bereich der AP-Unabhängigkeit, die in den letzten Jahren bzw. Jahrzehnten das Denken und Handeln auf europäischer Ebene sowie in der Folge auch in Deutschland geprägt haben. Vorreiter für die Gesetzgebung in Deutschland waren dabei insbesondere die Empfehlung der EU-KOM vom 16.05.2002 zur Unabhängigkeit des AP in der EU (ABl. EG, L 191/22ff. vom 19.07.2002) sowie die sog. AP-R 2006/43/EG vom 17.05.2006 über Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen, zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 84/253/EWG des Rates (ABl. EU, L 157/87ff. vom 09.06.2006). Bereits im Vorgriff zur Verabschiedung der endgültigen AP-R hatte der deutsche Gesetzgeber mit dem Bilanzrechtsreformgesetz (BilReG) vom 04.12.2004 (BGBl. I 2004, S. 3166ff.) eine Vielzahl der aus damaliger Sicht zu erwartenden Neuregelungen im Bereich der handelsrechtlichen JA-Prüfung umgesetzt. Aus diesem Grund verblieben lediglich wenige offene Punkte der AP-R, die noch einer Umsetzung in nationales Recht durch das BilMoG bedurften (vgl. Petersen/Zwirner, WPg 2008, S. 967; Heininger, WPg 2008, S. 535 (541); ferner auch Bonner HGB-Komm. (2022), § 319b, Rn. 2f.).
Rn. 3
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Im Nachgang zu der Anpassung der Regelungen des § 319b durch das BilMoG gingen auf EU-Ebene die Bestrebungen zu einer Reform der AP weiter. Schließlich mündeten diese in zwei neuen Rechtsakten, namentlich der AP-VO (EU) Nr. 537/2014 vom 16.04.2014 über spezifische Anforderungen an die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse und zur Aufhebung des Beschlusses 2005/909/EG der Kommission (ABl. EU, L 158/77ff. vom 27.05.2014) sowie der AP-R 2006/43/EG vom 17.05.2006 über Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen, zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 84/253/EWG des Rates i. d. F. der R 2014/56/EU zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG über Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen (ABl. EU, L 158/196ff. vom 27.05.2014). Die notwendige Umsetzung der Inhalte der AP-R in nationales Recht erfolgte seitens des deutschen Gesetzgebers mit dem Abschlussprüfungsreformgesetz (AReG) vom 10.05.2016 (BGBl. I 2016, S. 1142ff.) sowie dem Abschlussprüferaufsichtsreformgesetz (APAReG) vom 31.03.2016 (BGBl. I 2016, S. 518ff.). Über den durch das FISG neu geschaffenen § 316a ist geregelt, dass im Fall von PIE-Prüfungen die AP-VO unmittelbar gilt (vgl. HdR-E, HGB § 316a, Rn. 1ff.).
Rn. 4
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§ 319b stellt die den EU-Vorgaben entsprechende Umsetzung der Regelungen zur netzwerkweiten Prüferunabhängigkeit in nationales Recht dar und legt fest, dass die Erfüllung bestimmter Ausschlussgründe gemäß § 319 durch ein Mitglied des Netzwerks des AP zu einem Ausschluss des AP von der betreffenden Prüfung führt, d. h., dem AP werden diese Ausschlussgründe zugerechnet (vgl. BilR-Komm. (2024), § 319b HGB, Rn. 2). Diese Regelung basiert unmittelbar auf Art. 22 der AP-R (i. d. F. vom 17.05.2006), wonach Prüfer bzw. Prüfungsgesellschaften eine AP dann nicht durchführen dürfen, wenn zwischen ihnen oder einem Mitglied ihres Netzwerks und dem zu prüfenden UN ›unmittelbar oder mittelbar eine finanzielle oder geschäftliche Beziehung, ein Beschäftigungsverhältnis oder eine sonstige Verbindung – wozu auch die Erbringung zusätzlicher Leistungen, die keine Prüfungsleistungen sind, zählt – besteht, aus der ein objektiver, verständiger und informierter Dritter den Schluss ziehen würde, dass ihre Unabhängigkeit gefährdet ist (Art. 22 Abs. 2 der AP-R (2006)). Somit kommt es durch § 319b zu einer Übertragung einzelner bislang schon im HGB zur Sich...