Prof. Dr. Michael Dusemond, Dr. h.c. Armin Pfirmann
Rn. 53
Stand: EL 30 – ET: 5/2020
Verbindlichkeiten sind in der HB zu dem Betrag anzusetzen, der zur Erfüllung der Verbindlichkeiten aufgebracht werden muss. Der Erfüllungsbetrag entspricht bei Geldleistungsverpflichtungen dem Rückzahlungsbetrag. Nicht aus einem Geldfluss entstandene Sachleistungs- und Sachwertverpflichtungen sind mit dem im Erfüllungszeitpunkt zur Begleichung der Verbindlichkeiten voraussichtlich aufzuwendenden Geldbetrag zu bewerten (vgl. BT-Drs. 16/10067, S. 52).
Rn. 54
Stand: EL 30 – ET: 5/2020
Beim Ansatz einer Verbindlichkeit zum Erfüllungsbetrag ist grds. von einer normalen Abwicklung auszugehen. Ein Aufgeld, das beim Eintritt besonderer Umstände (z. B. bei Verzug) zu entrichten ist, darf nur dann zum Erfüllungsbetrag hinzugerechnet werden, wenn mit überwiegender Wahrscheinlichkeit damit gerechnet werden muss, dass die die Zahlung des Aufgelds auslösenden Umstände auch eintreten (vgl. ADS (1995), § 253, Rn. 73, 151). Eine Minderung des Erfüllungsbetrags durch ein Abgeld (z. B. bei vorzeitiger Rückzahlung eines Darlehens) ist entsprechend dem Realisationsprinzip erst dann vorzunehmen, wenn die das Abgeld begründenden Umstände eingetreten sind (vgl. Beck Bil-Komm. (2020), § 253 HGB, Rn. 50).
Rn. 55
Stand: EL 30 – ET: 5/2020
Erlässt der Gläubiger dem UN rechtsverbindlich eine Schuld ganz oder auch teilweise, so ist der Erfüllungsbetrag der Verbindlichkeit entsprechend herabzusetzen. Für das UN entsteht handelsrechtlich ein Ertrag in Höhe der Minderung der Verbindlichkeit. Steht eine Minderung des Erfüllungsbetrags jedoch in einem unmittelbaren Zusammenhang mit einer Gegenleistung (z. B. Korrektur der AK durch nachträgliche Kaufpreisminderung), sind sowohl die Verbindlichkeit als auch die Gegenleistung entsprechend, d. h. erfolgsneutral, zu korrigieren, es sei denn, die Gegenleistung wird nicht mehr bilanziert (z. B. Verbrauch von Rohstoffen). In diesem Fall entsteht ein Ertrag in Höhe der Minderung des Erfüllungsbetrags.
Rn. 56
Stand: EL 30 – ET: 5/2020
Bei Verbindlichkeiten, deren Erfüllungsbetrag im Zeitpunkt der Einbuchung und an den folgenden BilSt – z. B. aufgrund von Wertschwankungen – nicht genau bekannt ist (z. B. Währungsverbindlichkeiten, Sachleistungsverbindlichkeiten, Verbindlichkeiten mit Wertsicherungsklauseln), sind die Verhältnisse im Zeitpunkt der Einbuchung der Verbindlichkeiten zugrunde zu legen. Im Zeitablauf ansteigende Erfüllungsbeträge sind bereits bei voraussichtlich vorübergehendem Charakter der Erhöhung (erst recht bei dauerhaften Wertsteigerungen) bei der Folgebewertung zu berücksichtigen (HWP) (vgl. Beck Bil-Komm. (2020), § 253 HGB, Rn. 50). Dagegen darf der Einbuchungsbetrag bei sinkenden Erfüllungsbeträgen nicht unterschritten werden, da anderenfalls ein Verstoß gegen das Realisationsprinzip gegeben wäre. Wird eine Verbindlichkeit aufgrund steigender Erfüllungsbeträge erhöht und sinken diese in einer Folgeperiode, dann ist die Verbindlichkeit bis max. zum Einbuchungsbetrag entsprechend zu vermindern.
Rn. 57
Stand: EL 30 – ET: 5/2020
Für die Bewertung von Verbindlichkeiten in der StB verlangt § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG eine sinngemäße Anwendung der Vorschriften des § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Als "AHK" einer Verbindlichkeit gilt ihr Erfüllungsbetrag gemäß § 253 Abs. 1 Satz 2 (vgl. Schmidt: EStG (2020), § 6, Rn. 441). Bei in Geld zu erbringenden Leistungen ist dies der Nennwert (vgl. BFH, Urteil vom 15.07.1998, I R 24/96, BStBl. II 1998, S. 728 (728) unter II.3.a)), bei Sachleistungsverpflichtungen der Betrag der zur Begleichung der Verbindlichkeit zu erbringenden Aufwendungen (vgl. H/H/R (2017), § 6 EStG, Rn. 692). Steigt die Höhe der Verbindlichkeit dauerhaft an (dauerhafte Werterhöhung), darf gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG auch der höhere Teilwert der Verbindlichkeit angesetzt werden (vgl. weiterführend etwa Schmidt: EStG (2020), § 6, Rn. 451).