Dr. Robert Weber, Julia Sieber
Tz. 1
Stand: EL 36 – ET: 06/2022
Die Vorschrift beruht auf § 84 AktG 1937, dessen Regelungen mit einigen sachlichen Änderungen in § 93 AktG 1965 übernommen worden sind. Geändert wurden § 93 Abs. 3 Nr. 4 AktG durch das Gesetz über die Zulassung von Stückaktien (StückAG) vom 25.03.1998 (BGBl. I 1998, S. 590ff.), § 93 Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 4 AktG mit Wirkung zum 01.01.1999 durch Art. 47 Nr. 5 EGInsO (BGBl. I 1994, S. 2911ff.) sowie § 93 Abs. 1 AktG, in den durch das Bilanzkontrollgesetz (BilKoG) vom 15.12.2004 (BGBl. I 2004, S. 3408ff.) mit Wirkung vom 16.12.2004 ein neuer Satz 3 und durch das Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) vom 22.09.2005 (vgl. BR-Drs. 454/05) mit Wirkung zum 01.11.2005 ein neuer Satz 2 eingefügt wurde; mit dem Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG) vom 10.11.2006 (BGBl. I 2006, S. 2553ff.) wurde dann lediglich in Satz 4 die Angabe "Satzes 2" durch die Angabe "Satzes 3" ersetzt. Durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom 23.10.2008 (BGBl. I 2008, S. 2026ff.) wurde der – mittlerweile gestrichene – Abs. 3 Nr. 6 (a. F.) neugefasst. Das sog. Vorstandsvergütungs-Angemessenheitsgesetz (VorstAG) vom 31.07.2009 (BGBl. I 2009, S. 2509ff.) hat dem § 93 Abs. 2 AktG einen neuen Satz zum Selbstbehalt im Falle des Abschlusses von D&O-Versicherungen angefügt und durch das Restrukturierungsgesetz vom 09.12.2010 (BGBl. I 2010, S. 1900ff.) wurde durch eine Änderung des Abs. 6 die Verjährungsfrist bei börsennotierten Gesellschaften auf zehn Jahre erhöht. Durch das Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG) vom 22.12.2020 (BGBl. I 2020, S. 3256ff.) wurde der spezielle Haftungstatbestand des § 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG (a. F.) gestrichen; die Haftung der Vorstandsmitglieder gegenüber der Gesellschaft ergibt sich für die bislang von § 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG erfassten Fälle jetzt in modifizierter Form aus § 15b Abs. 4 InsO (vgl. Hüffer-AktG (2022), § 93, Rn. 152; § 92 AktG, Rn. 2). Infolge des Gesetzes zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (FISG) vom 03.06.2021 (BGBl. I 2021, S. 1534ff.) wurde mit Wirkung ab dem 01.01.2022 § 93 Abs. 1 Satz 4 AktG aufgehoben. Zahlreiche Gesetze, die zu mitunter bedeutenden Änderungen des AktG führten, ließen § 93 AktG indes auch vollständig unberührt. Bspw. haben
- das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) vom 27.04.1998 (BGBl. I 1998, S. 786ff.),
- das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG) vom 20.12.2001 (BGBl. I 2001, S. 3822ff.),
- das Transparenz- und Publizitätsgesetz (TransPuG) vom 19.07.2002 (BGBl. I 2002, S. 2681ff.),
- das Bilanzrechtsreformgesetz (BilReG) vom 04.12.2004 (BGBl. I 2004, S. 3166ff.),
- das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) vom 25.05.2009 (BGBl. I 2009, S. 1102ff.),
- das Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) vom 30.07.2009 (BGBl. I 2009, S. 2479ff.)
und in jüngerer Zeit etwa
- die Aktienrechtsnovelle 2016 vom 22.12.2015 (BGBl. I 2015, S. 2565ff.),
- das CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (CSR-RUG) vom 11.04.2017 (BGBl. I 2017, S. 802ff.) sowie
- das Gesetz zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie (ARUG II) vom 12.12.2019 (BGBl. I 2019, S. 2637ff.)
den Wortlaut des § 93 AktG nicht geändert. Die Vorschrift des § 93 AktG regelt die Pflichten und die Voraussetzung der Haftung der Vorstandsmitglieder. Zweck der Regelung ist neben dem auf den Schutz des Gesellschaftskap. gerichteten Schadensausgleich auch die Schadensprävention (vgl. BGH, Urteil vom 10.07.2018, II ZR 24/17, NJW 2018, S. 3574 (3579)). § 93 AktG hat die folgende Struktur: § 93 Abs. 1 AktG enthält Pflichten der Vorstandsmitglieder. Die Haftung bei Verstoß gegen diese Pflichten regelt § 93 Abs. 2–6 AktG. Dabei sind die Anspruchsvoraussetzungen in § 93 Abs. 2 Satz 1 AktG, der von der Beweislastregel des § 93 Abs. 2 Satz 2 AktG ergänzt wird, sowie in dem den § 93 Abs. 2 Satz 1 AktG präzisierenden § 93 Abs. 3 AktG enthalten. § 93 Abs. 4 AktG enthält Gründe, die den Ersatzanspruch gegenüber der Gesellschaft ausschließen. Unter den Voraussetzungen des § 93 Abs. 5 AktG kann der Ersatzanspruch der Gesellschaft von deren Gläubigern geltend gemacht werden. § 93 Abs. 6 AktG bestimmt die Verjährung. Der nicht direkt die Haftung regelnde § 93 Abs. 2 Satz 3 AktG legt bei D&O-Versicherungen für Vorstandsmitglieder einen Mindestselbstbehalt fest. Die Vorschrift des § 93 AktG ist zwingend. Sie kann weder durch die Satzung noch durch den Anstellungsvertrag abgeschwächt oder verschärft werden (vgl. Hüffer-AktG (2022), § 93, Rn. 4). Zulässig ist aber nach heute h. M. die einvernehmliche Verlängerung der Verjährungsfrist des § 93 Abs. 6 AktG für einen schon entstandenen Ersatzanspruch (strittig; vgl. nur Hüffer-AktG (2022), § 93, Rn. 182, m. w. N.). § 93 AktG gilt nicht nur für Vorstandsmitglieder. Die Vorschrift findet über § 116 AktG – mit Ausnahme ihres Abs. 2 S...