Dr. Wolfgang Knop, Dr. Peter Küting
Rn. 302
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Die Einbeziehung von Finanzierungsaufwendungen in die pagatorischen HK wird hinsichtlich der EK-Zinsen nach h. M. unter Berufung auf das Realisationsprinzip zu Recht abgelehnt und ist daher verboten (vgl. Grützner, BBK 1996, S. 3169 (3172)).
Rn. 303
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Die Einbeziehung der FK-Zinsen in die handelsrechtlichen HK ist im betriebswirtschaftlichen Schrifttum strittig (vgl. zu Einzelfragen Köhler, StBp 1992, S. 220ff.; Pyszka, DStR 1996, S. 809ff.; Selchert, DB 1985, S. 2413f.; IDW RS HFA 31 (2010), Rn. 23ff.).
Rn. 304
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Das HGB ermöglicht in § 255 Abs. 3 die Aktivierung von FK-Zinsen bei der HK-Bewertung von VG des AV und UV nur, soweit
(1) |
es sich um Zinsen für FK handelt, das zur "Finanzierung der Herstellung eines Vermögensgegenstands verwendet wird" (sachlicher Bezug), und |
(2) |
sie auf den "Zeitraum der Herstellung entfallen" (zeitlicher Bezug), wobei der Zeitraum nicht näher spezifiziert abgegrenzt wird. |
Rn. 305
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Werden FK-Zinsen aktiviert, müssen KapG und PersG i. S. d. § 264a die Einbeziehung dieser Zinsen im Anhang angeben (vgl. § 284 Abs. 2 Nr. 4). Es ist ausreichend, wenn auf den Tatbestand der Einbeziehung hingewiesen wird; eine Angabe über die Höhe der aktivierten Zinsen ist nicht erforderlich (vgl. im Übrigen HdR-E, HGB §§ 284–288, Rn. 136ff.).
Rn. 306
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Der Gesetzgeber betrachtet die Nichtaktivierung von FK-Zinsen als Normalfall und sieht in der Aktivierung der FK-Zinsen den Ausnahmefall (vgl. IDW RS HFA 31 (2010), Rn. 24). Zu Recht bemerken Wohlgemuth/Radde, dass diese für FK-Zinsen vorgesehene Regelung nur schwer zu verstehen ist; denn es handelt sich hierbei um Aufwand, der – ebenso wie alle anderen aktivierungsfähigen Aufwandsarten – zumindest im Zusammenhang mit der Produktion angefallen ist (HdJ, Abt. I/5 (2020), Rn. 26f.).
Rn. 307
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Ein Großteil der in einem Produktionsbetrieb vorhandenen Produktionsfaktoren, sowohl Maschinen und maschinelle Anlagen als auch RHB, sind fremdfinanziert und verursachen demnach FK-Zinsen. Es ist daher davon auszugehen, dass "in mehr oder weniger großem Umfang die Produktion nur aufgrund der Entrichtung von FK-Zinsen durchgeführt werden kann" (HdJ, Abt. I/5 (2020), Rn. 26). Der durch die Fremdfinanzierung bedingte Werteverzehr entspricht dem Werteverzehr anderer GK-Arten (vgl. so auch Rudolph, DB 1974, S. 64, der die FK-Zinsen den AfA auf Anlagegegenstände gleichstellt), so dass die Einbeziehungsfähigkeit als Regelfall gelten müsste und nicht – wie nach § 255 Abs. 3 vorgesehen – als Ausnahmefall anzusehen ist. Denkbare Praktikabilitätsprobleme bei der Bestimmung der auf den Zeitraum der Herstellung entfallenden FK-Aufwendungen können ebenfalls nicht als Rechtfertigung für die restriktive Vorschrift des § 255 Abs. 3 angesehen werden. Denn da der aktivierbare Teil der FK-Zinsen "mit dem gleichen Genauigkeitsgrad zugerechnet werden kann, wie das für andere allgemeine Kosten möglich ist" (HFA 1974, WPg 1974, S. 324f.), sind die hier auftretenden Ermittlungsprobleme nicht größer als bei anderen GK-Arten.
Rn. 308
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Das Einbeziehungswahlrecht für FK-Zinsen gilt unabhängig davon, ob die zu bewertenden VG dem AV oder UV zuzuordnen sind bzw. lang- oder kurzfristige Herstellungsprozesse vorliegen. Das Wahlrecht wird auch dann gewährt, wenn der Anteil der Finanzierungsaufwendungen an den gesamten HK gering ist (vgl. mit a. A. noch zur aktienrechtlichen Rechtsauffassung HFA 1974, WPg 1974, S. 324 (325); von deren ggf. geringer quantitativer Bedeutung kann nicht auf ein Aktivierungsverbot im Einzelfall geschlossen werden.
Rn. 309
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Das Wahlrecht, Finanzierungsaufwendungen in die HK einzubeziehen, wurde in § 255 Abs. 3 in Form einer gesetzlichen Fiktion niedergelegt: "Zinsen für Fremdkapital [...] dürfen angesetzt werden; [...] in diesem Falle gelten sie als Herstellungskosten des Vermögensgegenstands." Folglich gehören FK-Zinsen erst dann zu den HK eines VG, wenn die Bewertungsentscheidung zugunsten ihrer Einbeziehung getroffen wurde (vgl. Seeger, in: StbJb (1987/88), S. 91 (108)).
Nach hier vertretener Auffassung zählen zu den aktivierungsfähigen Finanzierungsaufwendungen folgende Aufwandskategorien: FK-Zinsen, Disagio und Kosten der Kreditbeschaffung (vgl. ebenso ADS (2023), § 255, Rn. 337; z. T. a. A. IDW RS HFA 31 (2010), Rn. 27; Köhler, StBp 1992, S. 220 (222f.)).