Dr. Matthias Heiden, Dr. Christian F. Bosse
Rn. 98
Stand: EL 42 – ET: 05/2024
Wie im Bereich der Buchführung ist auch zur Erfüllung der Anforderungen an den Vorstand im Bereich der Risikofrühwarnung eine Delegation der Verpflichtung möglich, da sich der Vorstand in der UN-Praxis regelmäßig nicht selbst der täglichen Abwicklung der Risikofrüherkennung widmen können dürfte (vgl. auch Weber, BB 2002, Heft 44, S. I). Für den Bereich der Verlagerung auf UN-Externe sind systembedingt engere Grenzen zu ziehen als bei der Buchführung. Der Vorstand kann durch Einschaltung Dritter weder von seiner Gesamtverantwortung noch von seiner Überwachungspflicht entbunden werden (vgl. Kohlhoff/Langenhan/Zorn, ZIR 2000, S. 2f.; Zimmer/Sonneborn (2001), Rn. 187; zudem Wirtz, WuW 2001, S. 342ff., für einen Vergleich der Aufsichtspflichten des Vorstands nach OWiG und KonTraG). Für den Fall einer Ressortaufteilung kann auf das zu Abs. 1 Gesagte verwiesen werden (vgl. HdR-E, AktG § 91, Rn. 29, 140).
Rn. 99
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Leitgedanken der anzustellenden Vorstandsüberlegungen bei der Implementierung entsprechender Organisationsstandards sowie in der späteren Praxis können folgende Überlegungen sein: „Der Vorstand hat die ihm nach § 91 Abs. 2 obliegenden Maßnahmen erfüllt, wenn er vernünftigerweise annehmen kann, dass
- in seiner Entscheidungsfindung die Risiken einer Bestandsgefährdung angemessen berücksichtigt sind (Funktion des Frühwarnsystems) und
- die darauf aufbauenden unternehmerischen Vorgaben und die gesetzlichen Vorschriften in seiner Unternehmung beachtet werden (Funktion des Internen Kontrollsystems). [...]
Zur erfolgreichen Früherkennung im Sinne einer rechtzeitigen Schadenverhinderung verpflichtet die Norm nicht” (Schäfer (2001), S. 110f.; vgl. auch Zimmer/Sonneborn (2001), Rn. 184).
Rn. 100
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Eine erneute Wiederholung dieser Tatsache erscheint einleitend angebracht, da die nachfolgenden Ausführungen mithin auch die nach hier vertretener Auffassung notwendigen betriebswirtschaftlichen Grundlagen und organisatorischen Maßnahmen beschreiben. Diese (auch) dem betriebswirtschaftlichen Risikomanagement zuzuordnenden organisatorischen Maßnahmen sind jedoch notwendig, um Risiken als bestandsgefährdend einstufen zu können (vgl. Wall (2001), Rn. 141). Zur Erfüllung der gesetzlichen Grundlagen im vorgenannten Sinne sind andere Vorgehensweisen durchaus denkbar (vgl. Zimmer/Sonneborn (2001), Rn. 184) und im Schrifttum vorgestellt worden. Der Gesetzgeber hat es ob der Vielfalt der betroffenen UN bewusst unterlassen, die Ausgestaltung des Risikofrüherkennungssystems weiter zu konkretisieren. Die Angemessenheit der einzelnen Maßnahmen im jeweiligen UN kann in letzter Konsequenz nur durch die Rspr. beurteilt werden.
Rn. 101
Stand: EL 42 – ET: 05/2024
Die Maßnahmen sind i. S.e. kontinuierlich systematisch durchzuführenden Risikofrüherkennung einzurichten und regelkreislaufartig zu durchlaufen. Die Übergänge zwischen den einzelnen Phasen sind in der UN-Praxis oftmals fließend.
Übersicht: Regelkreislauf der Risikofrüherkennung
Rn. 101a
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Für Aktienbanken (vgl. Art. 435 der sog. Kapitaladäquanz- (CRR) bzw. Kapitalanforderungs-VO (EU) Nr. 575/2013 (ABl. EU, L 176/1ff. vom 27.06.2013)) und Versicherungs-UN (vgl. § 23 VAG) können aufsichtsrechtliche Sonderregelungen zur Konkretisierung der Anforderungen herangezogen werden (vgl. Hüffer-AktG (2024), § 91, Rn. 12; LG Berlin, Urteil vom 03.07.2002, 2 O 358/01, AG 2002, S. 682ff. (nicht rechtskräftig)).