Prof. Paul Scharpf, Dr. Joachim Brixner
Rn. 16
Stand: EL 27 – ET: 04/2018
Führt das Gegengeschäft nicht nur wirtschaftlich, sondern auch rechtlich zu einer Aufhebung der gegenseitigen Rechte und Pflichten (also z. B. bei einem Ausgangsgeschäft an einer Terminbörse und einem Gegengeschäft in Form eines "Closing"-Auftrags), ist eine vollständige Realisation der daraus resultierenden Aufwendungen und Erträge vorzunehmen (vgl. IDW RS BFA 6 (2011), Rn. 23); die Geschäfte sind vollständig abgewickelt. Eine rechtliche Aufhebung gegenseitiger Rechte und Pflichten kann bei an Börsen gehandelten Optionen durch sog. Glattstellungstransaktionen erreicht werden.
Bei einer lediglich wirtschaftlichen Glattstellung der gegenseitigen Rechte und Pflichten (bspw. durch den Aufbau einer gegengerichteten Position von OTC-Optionen) bleiben beide Optionen im Bestand. Beide Geschäfte bilden eine Bewertungseinheit, sofern die Voraussetzungen hierfür erfüllt sind; sie sind in diesem Fall kompensierend zu bewerten (vgl. ausführlich HdR-E, HGB § 254, Rn. 1ff.). Eine imparitätische Einzelbewertung wäre bei Vorliegen einer Bewertungseinheit nicht korrekt. Bezüglich der Wirksamkeit der Bewertungseinheit sind die Bestimmungen des § 254 zu beachten (vgl. HdR-E, HGB § 254, Rn. 1ff.).
Im Beck Bil-Komm. ((2018), § 254 HGB, Rn. 72ff.) wird für den Fall einer wirtschaftlichen Glattstellung (Abschluss eines entsprechenden Gegengeschäfts ohne rechtliche Beendigung des ursprünglichen Geschäfts), sofern für beide Kontrakte ausschließlich ein Differenzausgleich (net cash settlement) vorgesehen ist, die Ansicht vertreten, dass der Buchwert der Optionsprämie im Ausgangsgeschäft sofort ergebnismindernd gebucht und die i. R.d. Gegengeschäfts erhaltene Optionsprämie sofort ergebniserhöhend vereinnahmt wird. Da beide Geschäfte nach wie vor Bestand haben, ist dies nach der hier vertretenen Ansicht abzulehnen. Somit kann ein sich aus der Position insgesamt ergebender Gewinn – dem Realisations- bzw. Imparitätsprinzip folgend – nicht vereinnahmt werden, während ein nicht realisierter Verlust mittels Drohverlustrückstellung zu erfassen ist (vgl. ebenso Bieg/Waschbusch (2017), S. 615f., m. w. N.; WP-HB (2017) Rn. F 1301).
Werden auf physische Lieferung des Basisobjekts ausgerichtete Optionen wirtschaftlich glattgestellt, so ist nach der im Beck Bil-Komm. ((2018), § 254 HGB, Rn. 72ff.) vertretenen Ansicht eine Gewinnrealisierung im Zeitpunkt des Abschlusses der Gegenoption abzulehnen; dies wird mit dem verbleibenden Erfüllungsrisiko begründet.