Dr. Wolfgang Knop, Dr. Peter Küting
Rn. 259
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
§ 255 Abs. 2 Satz 3 gewährt – in Analogie zur steuerrechtlichen Regelung (vgl. aber HdR-E, HGB § 255, Rn. 265) – ein Aktivierungswahlrecht für die Kosten der allg. Verwaltung (vgl. Moxter, in: FS Schneider (1995), S. 445 (453)). Mit der Formulierung "Kosten der allgemeinen Verwaltung" wird zugleich klargestellt, dass Kosten, soweit sie aus einer funktionsorientierten Verwaltungstätigkeit resultieren, abzugrenzen und den Kostenstellen der entsprechenden betrieblichen Teilbereiche zuzuordnen sind. Handelt es sich dabei um Kosten der Material- oder Fertigungsverwaltung, so müssen sie handels- wie steuerrechtlich als Bestandteil der Material- oder Fertigungs-GK aktiviert werden.
Rn. 260
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Wird allerdings nur ein einziger Gegenstand hergestellt, so gibt es nach einer Entscheidung des BFH (vgl. Urteil vom 22.04.1980, III R 149/75, BStBl. II 1980, S. 441 (444)) neben dem Herstellungsbereich keinen Bereich der allg. Verwaltung. Die zwangsläufig i. V. m. der Herstellung anfallenden Verwaltungskosten sind danach aufgrund einer weiten finalen Interpretation des HK-Begriffs unmittelbar der Herstellung des VG zuzuordnen. Sie sind damit nach h. M. aktivierungspflichtig.
Rn. 261
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Zu den Kosten der allg. Verwaltung rechnen nach überwiegender Ansicht die in R 6.3 Abs. 3 Satz 1 EStR (2012) aufgeführten "Aufwendungen für Geschäftsleitung, Einkauf und Wareneingang, Betriebsrat, Personalbüro, Nachrichtenwesen, Ausbildungswesen, Rechnungswesen – z. B. Buchführung, Betriebsabrechnung, Statistik und Kalkulation, Feuerwehr, Werkschutz sowie allgemeine Fürsorge einschließlich Betriebskrankenkasse". Hierunter fallen insbesondere (anteilige) Löhne und Gehälter, Büromaterial, AfA, Kosten des Personalwesens, der Rechts-, Versicherungs- und sonstigen Stabsabteilungen (vgl. auch Wöhe (1997), S. 400f.).
Rn. 262
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Strittig ist in der Literatur die Verrechnung der Kosten des Einkaufs und Wareneingangs. Diese Kosten sollten in der HB – wie auch in R 6.3 Abs. 3 Satz 1 EStR (2012) explizit geregelt – als Verwaltungskosten behandelt werden (vgl. ebenso HB-RP (1995), Teil I, Rn. 592). Neben Gründen der Wirtschaftlichkeit der RL spricht hierfür insbesondere die Überlegung, dass die EStR die Aufgabe haben, die handelsrechtlich weitgehend unbestimmten Komponenten der HK zu konkretisieren. Insofern kann regelmäßig zur kasuistischen Bestimmung des Inhalts der handelsrechtlich angeführten HK-Komponenten auf die in R 6.3 EStR (2012) angeführten Beispiele zurückgegriffen werden. Folgt man dieser Ansicht, wäre sowohl in der HB als auch StB ein Aktivierungswahlrecht gegeben.
Schlösse man sich hingegen der hier abzulehnenden Auffassung an, diese Kosten als Material-GK zu betrachten (vgl. i. d. S. ADS (2023), § 255, Rn. 320), so wäre eine Aktivierungspflicht gegeben.
Rn. 263
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Gewinnabhängige Aufwendungen (z. B. Tantiemen) sind aktivierungsfähig, wenn sie auf vertraglicher Grundlage gezahlt werden und auf AN entfallen, die nicht im Fertigungsbereich beschäftigt sind (vgl. HdR-E, HGB § 255, Rn. 257). Folglich können sie auch als Kosten der allg. Verwaltung aktiviert werden, soweit sie die Aufwendungen für die Geschäftsleitung betreffen. Demgegenüber lehnen Adler/Düring/Schmaltz ((2023), § 255, Rn. 330) deren "Aktivierung ab, da sie aus dem Ertrag zu zahlen sind." Für den Verzicht auf die Einbeziehung gewinnabhängiger Aufwendungen sprechen nach hier vertretener Auffassung allerdings eher pragmatische, ermittlungstechnische Gründe.