Prof. Dr. Christian Zwirner, Dr. Corinna Boecker
Rn. 6
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Im Zusammenhang mit der Auswahl der Vertragsprüfer und dem Verweis auf die entsprechenden Vorschriften des HGB in § 293d AktG legt der Gesetzgeber fest, wer überhaupt als Vertragsprüfer in Frage kommt – d. h. welche Qualifikationen ein solcher Prüfer erfüllen muss – und welche Ausschlussgründe einer Bestellung als Vertragsprüfer entgegenstehen. Grds. bezieht sich § 293d AktG auf Gesellschaften in der Rechtsform einer AG, KGaA bzw. SE (vgl. Art. 9 Abs. 1 lit. c) ii) der SE-VO (EG) Nr. 2157/2001 vom 08.10.2001 (ABl. EG, L 294/1ff. vom 10.11.2001)). Hieraus folgt nach § 319 Abs. 1 Satz 1, dass es sich bei den zu bestellenden Prüfern um WP bzw. WPG handeln muss (vgl. MünchKomm. AktG (2023), § 293d, Rn. 2), d. h. es handelt sich um eine Vorbehaltsaufgabe für WP (vgl. Humbeck, BB 1995, S. 1893 (1895)). Sofern an der Vertragsschließung ausschließlich AG, KGaA oder SE beteiligt sind, ist die Vorschrift damit eindeutig und die Regelungen des AktG gelangen vollumfänglich zur Anwendung.
Rn. 7
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Fraglich ist allerdings die Vorgehensweise für den Fall, dass der UN-Vertrag mit einer GmbH als Vertragspartner geschlossen wird. Hier ist nach Ansicht der Literatur zudem danach zu differenzieren, ob die GmbH das abhängige UN (TU) oder das herrschende UN (MU) ist (vgl. weiterführend zu dieser Diskussion HdR-E, AktG § 293a, Rn. 6ff.). Letztendlich ist festzuhalten, dass bei einer Übertragung der Vorschriften über die UN-Verträge auf eine GmbH für die Auswahl der Prüfer auch § 319 Abs. 1 Satz 2 zu beachten ist, wonach bei (i. S. v. § 267 Abs. 2) mittelgroßen GmbH auch vBP bzw. BPG als AP und damit als Vertragsprüfer i. S. v. § 293d AktG zulässig sind (vgl. MünchKomm. AktG (2023), § 293d, Rn. 2).
Rn. 8
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Die vielfältigen Ausschlussgründe für mögliche Vertragsprüfer ergeben sich nach dem Gesetzeswortlaut aus den §§ 319 Abs. 1 bis 4, 319b Abs. 1 sowie (seit dem FISG) aus Art. 5 Abs. 1 der AP-VO. Im Einzelnen gehören hierzu die folgenden Sachverhalte:
- § 319 Abs. 1: Vertragsprüfer muss ein WP bzw. eine WPG sein (im Fall von mittelgroßen GmbH sind auch vBP/BPG zulässig; vgl. HdR-E, AktG § 293d, Rn. 7). Da § 319 Abs. 1 Satz 3f. nicht ausgeschlossen wird, gilt auch für Vertragsprüfer das Erfordernis, über einen Auszug aus dem Berufsregister zu verfügen.
- § 319 Abs. 2: Ein Ausschluss als Vertragsprüfer ist gegeben, sofern Gründe vorliegen, aus denen die Besorgnis der Befangenheit des AP resultiert.
§ 319 Abs. 3: Der Katalog der besonderen Ausschlussgründe umfasst folgende Tatbestände:
- gemeinsame Berufsausübung,
- finanzielle Interessen,
- Funktionen in dem zu prüfenden UN,
- Mitwirkung an der Buchführung und der Aufstellung des JA sowie der internen Revision, Erbringung von UN-Leitungs- und Finanzdienstleistungen, von versicherungsmathematischen Leistungen und Bewertungsleistungen, sofern nicht von untergeordneter Bedeutung,
- Einsatz von befangenen Personen,
- Umsatzabhängigkeit,
- Bedeutung von Ehegatten und Lebenspartnern.
- § 319 Abs. 4: Übertragung der in § 319 Abs. 2f. genannten Sachverhalte auf WPG bzw. BPG.
Art. 5 Abs. 1 der AP-VO regelt das Verbot der Erbringung von Nichtprüfungsleistungen im Zusammenhang mit der Prüfung von PIE. Die in der dortigen sog. Black List aufgeführten Nichtprüfungsleistungen gelten allesamt als Ausschlussgründe für eine Bestellung als Prüfer:
- Erbringung bestimmter Steuerberatungsleistungen,
- Teilnahme an der Führung oder Entscheidungen der betreffenden PIE,
- Mitwirkung bei Buchhaltung, Erstellung von RL-Unterlagen und Abschlüssen,
- Durchführung der Lohn- und Gehaltsabrechnung,
- Mitwirkung bei der Gestaltung oder Umsetzung interner Kontroll- und Risikomanagementverfahren mit Bezug zu finanziellen Informationen,
- Erbringung bestimmter Bewertungsleistungen,
- Erbringung bestimmter juristischer Leistungen,
- Mitwirkung bei der internen Revision,
- Erbringung bestimmter Leistungen im Zusammenhang mit der Finanzierung,
- Erbringung bestimmter Leistungen im Zusammenhang mit Aktien,
- Erbringung bestimmter Personaldienstleistungen.
In zeitlicher Hinsicht liegt nach § 293d Abs. 1 Satz 2 AktG ein diesbezüglicher Ausschlussgrund vor, sofern entsprechende Leistungen zwischen dem Beginn desjenigen GJ, das dem GJ vorausgeht, in dem der zu prüfende UN-Vertrag geschlossen wurde, und dem Zeitpunkt, in dem der Vertragsprüfer den Prüfungsbericht gemäß § 293d AktG erstattet, erbracht wurden. Hiermit sollen auch solche Tätigkeiten des Vertragsprüfers Berücksichtigung finden, die in zeitlicher Nähe zur Vertragsprüfung angefallen sind. Anknüpfungspunkt ist hierbei der Zeitpunkt des tatsächlichen Vertragsschlusses, etwaige aufschiebende Bedingungen o. Ä. spielen keine Rolle (vgl. Philipps, WPP 2021, S. 251 (259)).
§ 319b Abs. 1: Durch die Ausweitung der Unabhängigkeitsvorschriften auf das Netzwerk eines AP (vgl. Petersen/Zwirner (2009), Kap. LXVIII, S. 625 (627)) gelten die folgenden sechs widerlegbaren Ausschlussgründe des § 319 auch mit Blick auf Netzwerkmitglieder, wobei auf die s...