Prof. Dr. Karlheinz Küting, Dr. Michael Reuter
Rn. 170
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Die Bildung satzungsmäßiger Rücklagen ist für UN in der Rechtsform einer AG/KGaA/SE ausschließlich in § 58 AktG (für die KGaA i. V. m. § 278 Abs. 3 AktG) geregelt. Nach § 58 Abs. 1 AktG kann die Satzung bestimmen, dass die HV bei der Feststellung des JA Beträge aus dem Jahresüberschuss in andere Gewinnrücklagen einzustellen hat. Gleichwohl scheidet in diesem Fall eine Dotierung der satzungsmäßigen Rücklagen aus, weil der Gesetzgeber ausdrücklich von einer Einstellung in andere Gewinnrücklagen spricht und sich damit auf den Gliederungsposten A. III. 4. des § 266 Abs. 3 bezieht (vgl. Selchert (1997), S. 541; Beck Bil-Komm. (2022), § 272 HGB, Rn. 250).
Rn. 171
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Eine Satzungsermächtigung nach § 58 Abs. 2 Satz 2 AktG, nach der Vorstand und AR einer AG respektive (dualistisch strukturierten) SE (bei monistischer Leitungsstruktur: der Verwaltungsrat; bei einer KGaA: der Komplementär bzw. die Komplementäre als Geschäftsführungs- und Vertretungsorgan) mehr als die Hälfte des (korrigierten) Jahresüberschusses in andere Gewinnrücklagen einstellen dürfen, führt nach den gleichen Überlegungen ebenfalls nicht zur Bildung einer satzungsmäßigen Rücklage nach § 272 Abs. 3 Satz 2, sondern lediglich zu einer Einstellung in andere Gewinnrücklagen i. S. d. § 266 Abs. 3 A. III. 4. (vgl. ADS (2024), § 272, Rn. 301; Selchert (1997), S. 541; a. A. Haller, DB 1987, S. 645 (648)).
Rn. 172
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Kontrastierend zu den Fällen des § 58 Abs. 1 bzw. § 58 Abs. 2 Satz 2 AktG, die i. R.d. Bilanzfeststellung lediglich eine Dotierung der anderen Gewinnrücklagen zulassen, bestimmt § 58 Abs. 3 Satz 1 AktG, dass die HV im Gewinnverwendungsbeschluss "weitere Beträge in Gewinnrücklagen" einstellen kann. Die Verwendung des in § 266 Abs. 3 A. III. genannten Oberbegriffs "Gewinnrücklagen" schließt grds. keine der dort bezeichneten vier Unterkategorien der Gewinnrücklagen von einer Dotierung nach § 58 Abs. 3 Satz 1 AktG aus. Da es sich aber auch in diesem Fall regelmäßig um Ermessensrücklagen handelt, darf auch bei einem entsprechenden HV-Beschluss keine Einstellung in die satzungsmäßigen Rücklagen erfolgen; vielmehr sind die thesaurierten Gewinne den anderen Gewinnrücklagen zuzurechnen.
Rn. 173
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Neben dieser auf einem HV-Beschluss beruhenden Dotierung der Rücklagen kann die Satzung der AG/KGaA/SE auch zwingend vorschreiben, dass aus dem Bilanzgewinn weitere Rücklagen zu bilden sind, bevor eine Ausschüttung an die Anteilseigner erfolgt (vgl. § 58 Abs. 4 AktG). In diesem Fall ist der entsprechende Teil des Bilanzgewinns den satzungsmäßigen Rücklagen zuzuweisen. Da das AktG keine weiteren Bestimmungen zur Bildung satzungsmäßiger Rücklagen enthält, stellt die Vorschrift des § 58 Abs. 4 AktG die einzige Grundlage für die Bildung einer satzungsmäßigen Rücklage dar.
Rn. 174
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Wird durch die Satzungsbestimmung die vom Gesetzgeber in § 150 Abs. 2 AktG für die gesetzliche Rücklage und die Kap.-Rücklage vorgesehene Obergrenze von 10 % des gezeichneten Kap. erhöht, führt dies nicht zur Bildung einer satzungsmäßigen Rücklage; (auch) die entsprechenden Beträge werden dann vielmehr Bestandteil der gesetzlichen Rücklage.
Rn. 175
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Satzungsmäßige Rücklagen können entweder zweckgebunden oder aber zweckfrei sein. Zweckgebundene Rücklagen liegen vor, wenn die Satzung die Bildung einer ausschließlich zu einem bestimmten Zweck verwendbaren Rücklage aus dem Bilanzgewinn zwingend vorschreibt. In der Zweckbestimmung der satzungsmäßigen Rücklagen sind die Satzungsgeber völlig frei. Beispiele für satzungsmäßige Rücklagen sind:
(1) |
Substanzerhaltungsrücklage, |
(2) |
Werkerneuerungsrücklage, |
(3) |
Rücklage für Rationalisierungsarbeiten, |
(4) |
Rücklage für den Ausbau der Vertriebsorganisation, |
(5) |
Rücklage für Werbefeldzüge, |
(6) |
Rücklage zur Vorbereitung einer Kap.-Erhöhung aus Gesellschaftsmitteln, |
(7) |
Rücklage zur Abdeckung eines Jahresfehlbetrags, |
(8) |
Bauerneuerungsrücklage, |
(9) |
Rücklage für das Auslandsgeschäft, |
(10) |
Rücklage für die Anlagenausstattung. |
Rn. 176
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist weder eine Gliederung der einzelnen satzungsmäßigen Rücklagen nach ihrer jeweiligen Zweckbestimmung noch ein getrennter Ausweis von zweckgebundenen und zweckfreien Rücklagen erforderlich. Damit dürfte es im Einzelfall genügen, die gesamten satzungsmäßigen Rücklagen in einem Posten anzugeben; gleichwohl ist es im Interesse einer klareren Darstellung zulässig und empfehlenswert, bestimmte, nicht unerhebliche zweckgebundene Rücklagen gesondert unter entsprechender Bezeichnung auszuweisen oder im Anhang zu erläutern.
Rn. 177
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Die Auflösung satzungsmäßiger Rücklagen erfolgt nach § 270 Abs. 2 i. R.d. Aufstellung des JA. Über die Höhe der Entnahme aus der Rücklage entscheidet das für die Aufstellung zuständige Organ, das in seiner Entscheidung lediglich an etwaige satzungsmäßige Zweckbestimmungen gebunden is...