Dr. Julia Zicke, Prof. Dr. Christoph Hütten
Rn. 6
Stand: EL 38 – ET: 01/2023
Wie die RL-Vorschriften des HGB insgesamt, basieren auch die handelsrechtlichen Offenlegungsvorschriften auf gesellschaftsrechtlichen Richtlinien der EU. Diese wiederum finden ihren Ausgangspunkt im EG-Vertrag vom 25.03.1957. Nach Art. 54 Abs. 3 lit. g) dieses Vertragswerks sollen die Schutzbestimmungen koordiniert werden, die in den Mitgliedstaaten für Gesellschaften im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind.
Rn. 7
Stand: EL 38 – ET: 01/2023
Die R 2017/1132 (ABl. EU, L 169/46ff. vom 30.06.2017) als zweite Nachfolgerin der auch als Publizitäts-R bezeichneten 1. EG-R ((68/151/EWG); ABl. EG, L 65/8ff. vom 14.03.1968) regelte in ihrem Kap. III die "Offenlegung und Vernetzung von Zentral-, Handels- und Gesellschaftsregistern". Dort bestimmte bis zum Jahr 2019 Art. 14 die "Pflicht zur Offenlegung von Urkunden und Angaben" sowie konkret in lit. f), dass die Mitgliedstaaten erforderliche Maßnahmen zu treffen haben, damit Gesellschaften zur Offenlegung der "für jedes Geschäftsjahr offenzulegenden Unterlagen der Rechnungslegung" verpflichtet werden. Art. 16 Abs. 3 jener R verlangte, dass jeder Mitgliedstaat bei einem Zentral-, Handels- oder Gesellschaftsregister für jede der dort eingetragenen Gesellschaften eine Akte anlegt und in dieser alle offenlegungspflichtigen Unterlagen hinterlegt. Die R 2017/1132 wurde durch die R 2019/1151 (ABl. EU, L 186/80ff. vom 11.07.2019) im Hinblick auf den Einsatz digitaler Werkzeuge und Verfahren im Gesellschaftsrecht überarbeitet. Neben einer Vereinheitlichung der Regelungen zur Gründung einer Gesellschaft bzw. Einrichtung einer Zweigniederlassung, die künftig jeweils ausschließlich online ermöglicht werden soll, wurde Art. 16 in Bezug auf die Offenlegung von Unterlagen nach Art. 14 angepasst. Sämtliche Urkunden und Informationen nach Art. 14 sollen demnach in elektronischer Form im Register zur Verfügung stehen. Mithilfe einer europäischen einheitlichen Kennung soll nach Art. 16 Abs. 1 eine Kommunikation zwischen den Registern (Registervernetzung) verwirklicht werden.
Rn. 8
Stand: EL 38 – ET: 01/2023
Nach Art. 16 Abs. 2 sind alle in Art. 14 bezeichneten Unterlagen, unabhängig davon, in welcher Form sie eingereicht werden, in einer Akte im Register aufzubewahren oder direkt in elektronischer Form darin einzutragen. Sämtliche in Papierform eingereichten Unterlagen sollen vom Register in eine elektronische Form überführt werden. Die Offenlegung hat nach Art. 16 Abs. 3 dadurch zu erfolgen, dass die nach Art. 14 bezeichneten Unterlagen im Register öffentlich gemacht werden. Zudem können einzelne oder alle dieser Unterlagen in einem dafür bestimmten ABl. bzw. in anderer ebenso wirksamer Form veröffentlicht werden. Dies erfordert zumindest die Verwendung eines Systems, bei dem die offengelegten Informationen chronologisch geordnet über eine zentrale elektronische Plattform abgerufen werden können. Eine Übermittlung der offen zu legenden Informationen an das ABl. respektive eine zentrale Stelle liegt in der Verantwortung des Registers. Art. 16 Abs. 4 verpflichtet die Mitgliedstaaten darüber hinaus, erforderliche Maßnahmen zu treffen, um zu verhindern, dass der Inhalt der bekanntgemachten Informationen vom entsprechenden Inhalt des Registers oder der Akte abweicht.
Rn. 9
Stand: EL 38 – ET: 01/2023
Konkretisiert werden die Vorschriften der R 2017/1132 (i. d. F. der R 2019/2121 (ABl. EU, L 321/1ff. vom 12.12.2019)) bzw. ihrer Vorgänger durch die Bilanz-R 2013/34/EU (ABl. EU, L 182/19ff. vom 29.06.2013), die Nachfolgerin der 4. EG-R (78/660/EWG). Art. 30 Abs. 1 dieser Bilanz-R bestimmt, dass die Mitgliedstaaten UN verpflichten müssen, den JA und Lagebericht sowie BV nach den Vorschriften der R 2017/1132 (zuvor: R 2009/101/EG (ABl. EU, L 258/11ff. vom 01.10.2009)) offenzulegen, wobei dies innerhalb einer angemessenen Frist zu erfolgen hat, die zwölf Monate nach dem BilSt nicht überschreiten darf.
Rn. 10
Stand: EL 38 – ET: 01/2023
Nach Art. 30 Abs. 1 Satz 2 der Bilanz-R können die Mitgliedstaaten allerdings den Lagebericht von der Offenlegung freistellen, wenn eine vollständige oder teilweise Ausfertigung dieses Berichts einfach auf Antrag zu einem Entgelt erhältlich ist, das die Verwaltungskosten nicht übersteigt.
Rn. 11
Stand: EL 38 – ET: 01/2023
Offenlegungserleichterungen sieht Art. 30 Abs. 2 für haftungsbeschränkte PersG (sog. KapG & Co.) und Art. 31 für kleine und mittlere UN vor.
Rn. 12
Stand: EL 38 – ET: 01/2023
Art. 30 Abs. 3 der Bilanz-R erweitert die o. a. Offenlegungsvorschriften zugleich auf konsolidierte Abschlüsse und dazugehörige Lageberichte.
Rn. 13
Stand: EL 38 – ET: 01/2023
Gemäß Art. 32 Abs. 1 der Bilanz-R sind JA und Lagebericht bei vollständiger Veröffentlichung "in der Form und mit dem Wortlaut" wiederzugeben, in der sie auch vom AP geprüft wurden. Der BV ist in vollem Wortlaut beizufügen. Art. 32 Abs. 2 enthält Vorgaben zur unvollständigen Veröffentlichung. Hierzu gehören das Weglassen des BV sowie Pflichthinweise auf die Verkür...