Prof. Dr. Michael Dusemond, Prof. Dr. Sabine Heusinger-Lange
Rn. 73
Stand: EL 34 – ET: 12/2021
Als fertige Erzeugnisse sind nur solche VG auszuweisen, die versandfertig und unmittelbar der Veräußerung zugänglich sind. Solange dieser Zustand nicht erreicht ist, liegt ein unfertiges Erzeugnis vor. Ebenfalls nicht als fertiges Erzeugnis sind VG zu zeigen, die aufgrund des technischen Fertigungsprozesses zwar fertig, jedoch noch nicht veräußerbar sind, weil bspw. ein biologischer Reifeprozess noch abzuwarten ist, so z. B. bei Käse, Wein oder sonstigen Spirituosen.
Rn. 74
Stand: EL 34 – ET: 12/2021
Zusammen mit fertigen Erzeugnissen sind solche VG auszuweisen, die das bilanzierende UN erworben hat und ohne Be- oder Verarbeitung veräußern möchte (Waren). Dies gilt grds. sowohl für bewegliche als auch für unbewegliche VG. Letztere sollten jedoch gesondert ausgewiesen werden, da sie aus der Natur der Sache heraus schwerer veräußerbar sind als bewegliche VG (vgl. MünchKomm. AktG (1973), § 151, Rn. 48). Waren, die gekauft aber noch nicht geliefert wurden (unterwegs befindliche Waren), sind ab dem Zeitpunkt des Gefahrenübergangs (vgl. §§ 446, 447 BGB) beim Erwerber bilanziell zu erfassen (vgl. ADS (1997), § 266, Rn. 116; WP-HB (2021), Rn. F 398).
Rn. 75
Stand: EL 34 – ET: 12/2021
Befinden sich Materialien zwecks Veredelung auf Lager des bilanzierenden UN, so hängt der Bilanzausweis davon ab, ob das bilanzierende UN (Verarbeiter) das wirtschaftliche Eigentum an diesen Waren erlangt hat oder nicht. Ist das wirtschaftliche Eigentum auf den Verarbeiter übergegangen, so kommt ein Ausweis als Rohstoff, unfertiges Erzeugnis oder fertiges Erzeugnis in Betracht. Der Ausweis hängt davon ab, ob bereits Veredelungsarbeiten stattgefunden haben bzw. abgeschlossen sind. Erwirbt der Verarbeiter nicht das wirtschaftliche Eigentum, so kommt nur ein Ausweis der vor dem Abschlussstichtag erfolgten Veredelungsarbeiten in Betracht, wobei diese als unfertige oder noch nicht abgerechnete Leistungen ausgewiesen werden sollten (vgl. auch ADS (1997), § 266, Rn. 108; Beck Bil-Komm. (2020), § 266 HGB, Rn. 94; WP-HB (2021), Rn. F 399).
Rn. 76
Stand: EL 34 – ET: 12/2021
Inwieweit erworbene VG, die zum Einbau in ansonsten selbst gefertigte Erzeugnisse bestimmt sind, als Waren und nicht als Rohstoffe auszuweisen sind, hängt entscheidend davon ab, inwieweit der einzubauende VG durch den Einbau seine Eigenständigkeit verliert oder nicht. Lediglich in dem zuletzt genannten Fall erscheint ein Ausweis als Ware zulässig. Ein Ausweis unter "Waren" dürfte jedoch in jedem Fall dann gerechtfertigt sein, wenn der VG auch selbst veräußert wird und somit nicht nur zum Einbau bestimmt ist. Ein Ausweis als Forderung kommt grds. erst dann in Frage, wenn ein Umsatz notiert worden ist.
Rn. 77
Stand: EL 34 – ET: 12/2021
Der Ausweis vollständig abgeschlossener Auftragsarbeiten eines Dienstleistungs-UN ist im HGB nicht geregelt. Denkbar wäre der Ausweis als fertiges Erzeugnis oder als Forderung. Anders als materielle VG sind vollständig erbrachte Dienstleistungen physisch nicht vorhanden. Gegen einen Ausweis als Vorratsvermögen könnte demnach vorgebracht werden, dass ein Bilanzleser beim Vorratsvermögen i. d. R. von der vorhandenen Existenz der Substanz ausgeht. Aus diesem Grund könnte eine Zuordnung dieser Dienstleistungen zu den Forderungen – als solche gelten sie im juristischen Sinn – gerechtfertigt werden. In Übereinstimmung mit der Bilanz-R (zuvor: 4. EG-R) wird jedoch ein Ausweis der noch nicht abgerechneten Dienstleistungen im Vorratsvermögen für zulässig erachtet (vgl. BT-Drs. 10/4268, S. 105). In jedem Fall sollte jedoch ein Ausweis als gesonderte Position, z. B. "noch nicht abgerechnete Leistungen", erfolgen. Die bilanzielle Zuordnung der vollständig abgeschlossenen, jedoch noch nicht abgerechneten Leistungen sollte daran orientiert werden, ob unter Beachtung des Vorsichts- und Realisationsprinzips bei der konkreten Auftragsarbeit bereits eine Gewinnrealisation nach § 252 Abs. 1 Nr. 4 zu erfolgen hat oder nicht. Liegt eine Gewinnrealisation vor, die bspw. dann unterstellt werden kann, wenn die abgeschlossene Leistung auch abgenommen wurde (vgl. z. B. ADS (1997), § 266, Rn. 118; Beck Bil-Komm. (2020), § 266 HGB, Rn. 107f.), so hat ein Ausweis als Forderung zu erfolgen, anderenfalls kommt nur ein (erfolgsneutraler) Ausweis im Bereich des Vorratsvermögens in Betracht.
Rn. 78
Stand: EL 34 – ET: 12/2021
Ebenfalls keinen Einfluss auf den Bilanzausweis haben dingliche Besicherungen des Vorratsvermögens. So bleiben zur Sicherheit übereignete Gegenstände in der Bilanz des Sicherungsgebers ausgewiesen. Unter Eigentumsvorbehalt erworbene VG sind beim Erwerber auszuweisen (vgl. HdR-E, Kap. 6, Rn. 15). Die beim Kommittenten zu erfassenden Kommissionswaren (vgl. HdR-E, HGB § 240, Rn. 22) sind bei ihm als Waren zu bilanzieren.