Prof. Dr. Peter Oser, Dipl.-Ök. Jochen Holzwarth
Rn. 439
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Auch der HFA des IDW betont, dass § 286 Abs. 4 eng auszulegen ist, hierbei aber auch die für diese Regelung maßgeblichen Erwägungen des Datenschutzes relevant sind. Der zulässige Verzicht setze daher voraus, dass die Bezüge der einzelnen Organmitglieder feststellbar oder in ihrer Größenordnung zutreffend schätzbar wären. Soweit die in Betracht kommenden Gesellschaftsorgane nur mit zwei oder drei Mitgliedern besetzt sind, wird die Zulässigkeit des Verzichts auf die Angabe gemäß § 286 Abs. 4 demnach regelmäßig außer Frage stehen. In anderen Fällen wäre die Angabe der Organbezüge regelmäßig geboten, sofern nicht im Einzelfall besondere Umstände vorlägen, aufgrund derer die Höhe der individuellen Bezüge von den UN-externen Adressaten festgestellt oder verlässlich geschätzt werden könne. Für eine Unterlassung der Angaben genüge es aber nicht, dass sich bei einer Durchschnittsbildung die Bezüge einzelner Mitglieder mehr oder weniger zufällig ergäben, während die individuellen Bezüge ansonsten ungleich verteilt wären (vgl. IDW, FN-IDW 2011, S. 338 (399f.)). Allein die Tatsache, dass bei einem mit vier Mitgliedern besetzten Vorstand alle Vorstandsmitglieder (annähernd) identisch entlohnt werden, ist nach Ansicht der WPK kein entsprechender besonderer Grund, der die Inanspruchnahme des § 286 Abs. 4 rechtfertige (vgl. WPK-Magazin 4/2018, S. 44). "Ohne das Wissen der Abschlussadressaten, dass alle Vorstandsmitglieder nahezu identisch entlohnt werden, ermöglicht eine Durchschnittsbetrachtung keine ‚zuverlässige’ Schätzung, sondern stellt lediglich eine von vielen möglichen Schätzgrößen dar. Für die zulässige Inanspruchnahme bedürfte es somit des Wissens der Abschlussadressaten, dass eine annähernd identische Entlohnung der Vorstandsmitglieder tatsächlich erfolgt" (WPK-Magazin 4/2018, S. 44).
Rn. 440
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Nicht zulässig ist eine Inanspruchnahme von § 286 Abs. 4 durch eine bewusste Information z. B. über den Verteilungsschlüssel der einzelnen Bezüge der Organmitglieder (inner- oder außerhalb des Anhangs) durch das berichtspflichtige UN. Eine vom Gesetz nicht geforderte Information (hier: über den Verteilungsschlüssel der einzelnen Bezüge der Organmitglieder) kann eine gesetzlich geforderte Angabe (hier: über die Gesamtbezüge der Organe) nicht verdrängen (vgl. ebenso Beck Bil-Komm. (2020), § 286 HGB, Rn. 48: "Umgehungstatbestand").
Rn. 441
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Durch die Verwendung des Begriffs "ferner" in § 285 Nr. 9 lit. b) Satz 3 bringt der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass die Beträge der gebildeten und nicht gebildeten Pensionsrückstellungen nicht zu den "Gesamtbezügen" i. S. d. § 285 Nr. 9 lit. b) Satz 1f. gehören. Folglich fallen diese Beträge nicht in den Schutzbereich von § 286 Abs. 4. Die Angabe kann daher auch dann nicht unterbleiben, wenn die Pensionsverpflichtung nur gegenüber einer Person (z. B. einem bestimmten ehemaligen Vorstandsmitglied) besteht. Die sog. Mittelstands-R 90/604/EWG sah in Art. 4 (unter den gleichen Voraussetzungen wie für die Angabe der Bezüge) auch eine Befreiung von der Angabe der Pensionsrückstellungen vor (vgl. Art. 43 Abs. 3 der 4. EG-R; derweil: Art. 17 Abs. 1 lit. d) Unterabs. 2 der Bilanz-R). Jene Erleichterung wurde seitens des deutschen Gesetzgebers (möglicherweise unbeabsichtigt) nicht umgesetzt.
Rn. 442
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
vorläufig frei