Prof. Dr. Gerrit Brösel, Prof. Dr. Michael Olbrich
Rn. 293
Stand: EL 30 – ET: 5/2020
Bei der beschaffungsmarktorientierten Bewertung sind die fiktiven Wiederbeschaffungskosten inkl. angemessener Anschaffungsnebenkosten (z. B. Transportkosten) und AK-Minderungen (z. B. Skonti) bzw. die fiktiven Wiederherstellungskosten unter Berücksichtigung der zum BilSt bestehenden Kostenstrukturen relevant. Basierend auf den so ermittelten fiktiven Wiederbeschaffungs- bzw. Wiederherstellungskosten kann der Bilanzierende – sofern notwendig – weitere Abschläge vornehmen (z. B. aufgrund technologischen Fortschritts oder geringen Lagerumschlags).
Rn. 294
Stand: EL 30 – ET: 5/2020
Wird für einen VG bei beschaffungsmarktorientierter Bewertung ein Wertminderungsbedarf angezeigt, der zukünftig aber nicht eintreten wird, weil der zu bewertende VG nach Weiterverarbeitung bzw. Weiterverwertung kostendeckend veräußert werden kann, führt die beschaffungsmarktorientierte Bewertung zu einer Überdehnung des Vorsichtsprinzips. In solchen Fällen ist es nicht zu beanstanden, wenn auf eine Abschreibung trotz gesunkener Wiederbeschaffungs- bzw. Wiederherstellungskosten verzichtet wird. Die Voraussetzung für einen solchen Verzicht ist aber der verlässliche Nachweis des Bilanzierenden, dass die mindestens kostendeckende Veräußerung des Fertigprodukts möglich ist (vgl. IDW, FN-IDW 2013, S. 500; WP-HB (2019), Rn. F 189). Ein solcher Nachweis ist etwa gegeben, wenn Abnahmeverpflichtungen mit Dritten existieren, die durch entsprechende Preisbindungsklauseln ein Verlustgeschäft ausschließen (sog. Deckungsgeschäfte). Auch Werthaltigkeitsgarantien durch Dritte, bei denen es zum Ersatz von Mindestwerten kommt, sind denkbar (vgl. ADS (1995), § 253, Rn. 540). Zu Schwierigkeiten bei einer absatzmarktorientierten Bewertung von RHB kann es kommen, wenn ein Wertminderungsbedarf entsteht, der dann u. U. nicht mehr willkürfrei auf die in dem Fertigprodukt enthaltenen RHB verteilt werden kann.
Rn. 295
Stand: EL 30 – ET: 5/2020
Der o. g. Grundsatz gilt nicht nur für RHB, sondern auch für unfertige Erzeugnisse, für die ein Fremdbezug möglich ist und die insofern auch der beschaffungsmarktorientierten Bewertung unterliegen. Ausschlaggebend ist in allen Fällen das Vorliegen des verlässlichen Nachweises einer kostendeckenden Veräußerung des Fertigerzeugnisses. Dieser Nachweis ist als zwingende Voraussetzung zu werten. An ihn sind hohe Anforderungen zu stellen.
Ähnliches gilt für schwebende Beschaffungsgeschäfte über RHB sowie fremdbezogene unfertige Erzeugnisse. So ist eine Drohverlustrückstellung nur dann zu passivieren, wenn für den betreffenden VG nach erfolgter Lieferung voraussichtlich eine Pflicht zur außerplanmäßigen Abschreibung besteht (vgl. IDW RS HFA 4 (2012), Rn. 30f.). Kann jedoch der entsprechende Nachweis einer kostendeckenden Veräußerung des mit den beschafften VG herzustellenden Fertigerzeugnisses verlässlich und objektiv nachprüfbar geführt werden, dann erübrigt sich auch die Bildung einer Drohverlustrückstellung.