Prof. Dr. Michael Dusemond, Prof. Dr. Sabine Heusinger-Lange
Rn. 34
Stand: EL 34 – ET: 12/2021
Diese Position hat den Sinn, die im GJ noch nicht endgültig abgeschlossenen Investitionen sichtbar zu machen. Bei den hier auszuweisenden geleisteten Anzahlungen handelt es sich um Vorleistungen auf im Übrigen noch schwebende Geschäfte, die den Erwerb von VG des Sach-AV zum Inhalt haben. Aktiviert wird der Sach- oder Dienstleistungsanspruch aus dem zugrunde liegenden schwebenden Geschäft (vgl. Beck Bil-Komm. (2020), § 247 HGB, Rn. 545). Faktisch wird hiermit die Erfolgsneutralität des schwebenden Geschäftes erreicht.
Anzahlungen unterscheiden sich von RAP durch den fehlenden Zeitraumbezug (vgl. HdR-E, HGB § 250, Rn. 61). Von den sonstigen VG mit Vorleistungscharakter unterscheiden sich die Anzahlungen durch ihre Entstehungsursache; während Anzahlungen durch einen Mittelabfluss (Zahlung) begründet werden, entstehen sonstige VG mit Vorleistungscharakter durch eine Lieferung oder Leistung. Eine Abgrenzung zwischen den geleisteten Anzahlungen und den Anlagen im Bau erscheint überaus problematisch und auch nicht zweckmäßig im Hinblick auf Bilanzierungsfragen. Diese Problematik wird deutlich, wenn man an Zahlungen gemäß Baufortschritt im Zusammenhang mit der Erstellung von Gebäuden auf einem eigenen Grundstück denkt. Hier lassen sich sowohl Argumente für eine geleistete Anzahlung als auch Argumente für Anlagen im Bau finden.
Rn. 35
Stand: EL 34 – ET: 12/2021
Entscheidend – und insofern ist der gesonderte Ausweis zu begrüßen – ist lediglich die Verdeutlichung, dass hier Mittel abgeflossen sind, die noch nicht zu voll einsatzfähigen produktiven Anlagen geführt haben.
Die bloße Mittelbindung in Form von Selbstbeschränkungen oder vergleichbaren Maßnahmen – z. B. Mittel, die für Investitionen bereitgestellt werden – darf jedoch nicht zu einem Ausweis unter dieser Position führen, da kein Mittelabfluss erfolgt ist. Vielmehr besteht stets die Möglichkeit, diese Selbstbindung aufzugeben und die Mittel wiederum einer freien Verwendung zuzuführen. Insoweit unterscheiden sich diese Beträge wesentlich von den geleisteten Anzahlungen und den Anlagen im Bau. Es dürfte jedoch als zulässig angesehen werden, diese durch eine autonome Zwecksetzung des UN gebundenen Mittel in einer gesonderten Position auszuweisen.
Rn. 36
Stand: EL 34 – ET: 12/2021
Verlorene Baukostenzuschüsse, die häufig von Mietern geleistet werden, stellen keine Anzahlung auf einen VG dar, der später in das wirtschaftliche Eigentum des Zahlenden übergeht. Sie sind daher nicht unter dieser Position, sondern allenfalls als RAP zu aktivieren (vgl. ADS (1997), § 266, Rn. 63) oder unmittelbar als Aufwand zu erfassen. Dies gilt grds. auch für sonstige langfristige Mietvorauszahlungen bzw. alle Vorleistungen auf nicht aktivierungsfähige Tatbestände (vgl. Beck Bil-Komm. (2020), § 247 HGB, Rn. 545). Ebenfalls keine Anzahlungen stellen Kautionen im Zusammenhang mit Miet- und Pachtverträgen dar. Dies ist durch den Verwendungszweck einer Kaution begründet. Derartige Kautionen sind aus der Sicht des Zahlenden nicht eine Vorleistung im Zusammenhang mit einem Investitionsvorhaben, sie dienen vielmehr zur Absicherung des Vermieters für Mietausfall oder notwendige Instandsetzungsarbeiten, die bei Beendigung des Miet- oder Pachtvertrags anfallen. In Abhängigkeit von der Fristigkeit des Miet- oder Pachtvertrags hat ein Ausweis entweder unter den "Ausleihungen" oder "Sonstigen VG" zu erfolgen (vgl. für langfristige Ausleihungen zustimmend ADS (1997), § 266, Rn. 63; überdies WP-HB (2021), Rn. F 353).
Rn. 37
Stand: EL 42 – ET: 05/2024
Die Bezeichnung dieser Bilanzposition legt die Vermutung nahe, dass Anzahlungen im Zusammenhang mit Gebäuden bzw. noch nicht fertig gestellten Gebäuden nicht unter dieser Position zu erfassen sind, da die Formulierung einen engen Bezug zu den Bilanzpositionen A. II. 2. und 3. beinhaltet. Für bilanzielle Zwecke ist jedoch davon auszugehen, dass die Formulierung "Anlagen im Bau" die allg. Umschreibung sämtlicher noch nicht abgeschlossener Investitionsvorhaben umfasst und nicht nur unfertige technische und andere Anlagen. Dies insbesondere aus zwei Gründen: Zum einen ist das Informationsbedürfnis eines Bilanzadressaten im Zusammenhang mit noch nicht abgeschlossenen Investitionen sowohl bei Gebäuden als auch bei technischen und anderen Anlagen gegeben. Ein zusammengefasster Ausweis aller noch nicht beendeten Investitionsvorhaben ist i. d. S. informativer als der Ausweis der noch nicht fertig gestellten Gebäude mit den fertig gestellten Gebäuden und den noch nicht abgeschlossenen sonstigen Investitionen als gesonderte Bilanzposition. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass bereits nach dem AktG 1965 eine solche Bilanzposition existierte und damals die Formulierungen "Technische Anlagen" und "Andere Anlagen" bilanztechnisch nicht bekannt waren. Eine Anpassung der Formulierung für diese Bilanzposition zwecks Klarstellung sollte jedoch nicht gleichzeitig zu einer anderen inhaltlichen Abgrenzung anderer, ansonsten unverändert belassene...