Rn. 120
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
Auch die technischen Formen, d. h., die Mittel, um die einheitliche Leitung zu verwirklichen, sind vielgestaltig; daher hat der Gesetzgeber bewusst auf eine Begriffsdefinition verzichtet. Für die rechtliche Beurteilung spielen sie keine Rolle (vgl. HB-GesR (2020/IV), § 69, Rn. 71; Emmerich/Habersack (2020), § 4, Rn. 20). Die naheliegendste Form der Durchsetzung von einheitlicher Leitung ist die Erteilung von ausdrücklichen Weisungen. Rechtsgrundlagen zur Erteilung von Weisungen bestehen nur bei Vorliegen eines BHV (vgl. §§ 291, 308 AktG) oder im Falle der Eingliederung (vgl. § 323 AktG). Im faktischen Konzern ist die Erteilung von Weisungen nicht zulässig. "Mithin bildet auch nicht die tatsächliche Ausübung von Weisungen ein entscheidendes Kriterium für das Tatbestandsmerkmal der einheitlichen Leitung, wenngleich sie ein wesentliches Mittel für die Ausübung von Leitungsmacht darstellt" (ADS (1997), § 18 AktG, Rn. 20). Solche Weisungsrechte sind jedoch auch nicht erforderlich (vgl. AktG-GroßKomm. (2017), § 18, Rn. 27; Hüffer-AktG (2022), § 18, Rn. 12). Die einheitliche Leitung kann sich auch in anderen Formen vollziehen, z. B. in Form informeller Einflussnahme, wie bloße Wünsche, Ratschläge, Empfehlungen oder Zielvorgaben (vgl. Emmerich/Habersack (2020), § 4, Rn. 20). Weit verbreitet und von außen am besten erkennbar ist auch die personelle Verflechtung zwischen den Organen, die i. d. R. "mit einer kapitalmäßigen Verflechtung und den entsprechenden Möglichkeiten der Einflußnahme in der Hauptversammlung einhergeht" (ADS (1997), § 18 AktG, Rn. 25; vgl. auch OLG Saarland, Beschluss vom 04.07.2013, 4U 4/13, ZfIR 2013, S. 787ff.). Sehr beliebt ist die Doppelmitgliedschaft im Vorstand oder in der Geschäftsführung bei MU und TU, oder die Mitglieder des Vorstands des MU werden in den AR der TU entsandt. Weitere Möglichkeiten der Leitungsausübung sind Richtlinien, Genehmigungen und Prüfungen; hierzu hat die Praxis eine Vielzahl von ausdifferenzierten Führungsmodellen entwickelt. Es genügt die Koordination über die Auswahl der Personen für die mit Hilfe der Mehrheitsmacht zu besetzenden Organe, ohne dass es hierzu einer weiteren rechtlichen Absicherung bedarf. "Entscheidend ist allein, dass im Ergebnis eine Konzernleitung festgestellt werden kann" (MünchKomm. AktG (2019), § 18, Rn. 36).