Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Dr. Dirk Fey
Rn. 100
Stand: EL 35 – ET: 03/2022
Bei KapG ebenso wie ihnen gleichgestellten PersG i. S. d. § 264a (vgl. § 335b) gilt ein Verstoß gegen § 243 Abs. 1 oder 2 durch ein Mitglied des vertretungsberechtigten Organs oder AR gemäß § 334 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) als Ordnungswidrigkeit (vgl. HdR-E, HGB § 334). Gleiches gilt nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) PublG für UN, die nach den Vorschriften des PublG berichtspflichtig sind.
Rn. 101
Stand: EL 35 – ET: 03/2022
Darüber hinaus können Kaufleute, die ihre JA so aufstellen, dass der Überblick über die Lage ihres UN erschwert wird, nach dem Gesetz bestraft werden. Dabei können auch Verstöße gegen den Grundsatz der Klarheit und Übersichtlichkeit Ursachen für solche Sachverhalte darstellen. Teils mit ausdrücklichem, teils mit implizitem Bezug auf § 243 Abs. 1 oder 2 – gelten die folgenden gesetzlichen Strafvorschriften (vgl. Bonner HGB-Komm. (2018), § 243, Rn. 131ff.):
Derartige Verstöße können Freiheits-, Geldstrafen, Zahlung von Bußgeldern oder die Nichtigkeit des JA zur Folge haben. In schweren Fällen droht bei prüfungspflichtigen UN außerdem eine Einschränkung des BV gemäß § 322 Abs. 4 (vgl. Bonner HGB-Komm. (2018), § 243, Rn. 131ff.; Beck Bil-Komm. (2020), § 243 HGB, Rn. 68).
Rn. 102
Stand: EL 35 – ET: 03/2022
Ein Verstoß gegen die Aufstellungsfrist des § 243 Abs. 3 wird handelsrechtlich hingegen nicht unmittelbar sanktioniert, § 334 führt § 243 Abs. 3 nicht explizit auf. Ob darüber hinaus ein materiell richtiger, aber nicht fristgerecht aufgestellter JA eines Kaufmanns in solchem Maße den GoB widerspricht, dass damit eine Ordnungswidrigkeit nach § 334 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) gegeben ist (vgl. ADS (1995), § 243, Rn. 45), erscheint sehr zweifelhaft. Zum einen bezieht sich § 334 ausdrücklich nur auf KapG wie auch diesen gleichgestellte PersG i. S. d. § 264a. Zum anderen hat der Gesetzgeber auf die Festlegung von unmittelbaren Sanktionen bei verspäteter Aufstellung von JA selbst bei diesen Gesellschaften verzichtet, da in § 334 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) Abs. 3 und damit die Aufstellungsfrist gerade nicht genannt wird. Man wird daher davon ausgehen können, dass zumindest ein nicht erhebliches Überschreiten der Aufstellungsfrist nicht als wesentlicher Verstoß gegen die GoB angesehen werden kann (vgl. so auch Beck-HdR, B 434 (1987), S. 9). Unberührt davon bleibt die ggf. erforderliche strafrechtliche Würdigung.