Prof. Dr. Gerrit Brösel, Prof. Dr. Michael Olbrich
I. Vorbemerkung
Rn. 268
Stand: EL 30 – ET: 5/2020
Der Ansatz von VG des UV erfolgt bei der Zugangsbewertung gemäß § 253 Abs. 1 Satz 1 mit ihren AHK (vgl. ausführlich HdR-E, HGB § 255, Rn. 7ff.). Bei der Folgebewertung sind gemäß § 253 Abs. 4 Abschreibungen auf den niedrigeren Wert vorzunehmen (strenges NWP), der sich aus
- einem Börsen- oder Marktpreis für die entsprechenden VG zum BilSt ergibt oder – sofern ein solcher Wert nicht feststellbar ist –
- dem beizulegenden Wert dieses VG entspricht.
Solche Abschreibungen sind grds. unter Berücksichtigung des Vorsichtsprinzips (vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 4) unabhängig von der geschätzten Dauer der Wertminderung durchzuführen (vgl. zu Ausnahmen HdR-E, HGB § 253, Rn. 285, 293ff.). Anders als im AV kann nicht damit gerechnet werden, dass innerhalb kurzer Zeit Wertaufholungen eintreten, welche die Abschreibung gegenstandslos werden lassen. Die VG des UV verbleiben i. d. R. nur vorübergehend im UN und werden schnell wieder umgesetzt.
Planmäßige Abschreibungen sind bei VG des UV nicht zulässig. Insoweit ist die Abgrenzung zwischen AV und UV nicht nur für den Ausweis relevant, sondern zieht auch Unterschiede in Bezug auf die Folgebewertung nach sich.
II. Strenges Niederstwertprinzip
1. Vorbemerkung
Rn. 269
Stand: EL 30 – ET: 5/2020
Das NWP lässt sich aus dem Imparitätsprinzip (vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 4; HdR-E, Kap. 4, Rn. 105ff.) ableiten. Das Imparitätsprinzip verpflichtet den Bilanzierenden, eingetretene Verluste bereits zum Zeitpunkt ihrer Entstehung zu erfassen. Für VG des UV ist daher an jedem BilSt (Bewertungszeitpunkt) zu prüfen, ob der Börsen- oder Marktpreis respektive der beizulegende Wert des einzelnen VG unter seinen Buchwert gefallen ist. In einem solchen Fall ist in Höhe der Differenz zwischen beizulegendem Wert und dem Buchwert eine Abschreibung vorzunehmen.
Rn. 270
Stand: EL 30 – ET: 5/2020
Bei der Bewertung sind auch vorhersehbare Risiken und Verluste zu berücksichtigen, die vor dem BilSt eingetreten sind, aber erst zwischen dem BilSt und dem Tag der Aufstellung des JA bekannt werden (wertaufhellende Ereignisse; vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 4; zur Wertaufhellung ausführlich HdR-E, HGB § 252, Rn. 71f., 87ff.). Dadurch sollen Überbewertungen vermieden werden.
Rn. 271
Stand: EL 30 – ET: 5/2020
Das strenge NWP gilt unabhängig von der Bewertungsmethodik im UV. Damit ist das NWP auch anzuwenden, wenn VG des UV mit der Durchschnittsmethode, der Festbewertung oder anderer zulässiger Bewertungsvereinfachungsverfahren bewertet werden (vgl. Beck Bil-Komm. (2020), § 253 HGB, Rn. 509).
2. Bestimmung des aktuellen Stichtagswerts (Niederstwert)
a) Relevanter Wertmaßstab
aa) Vorbemerkung
Rn. 272
Stand: EL 30 – ET: 5/2020
§ 253 Abs. 4 nennt zur Ermittlung potenzieller Abschreibungen die folgenden drei Wertmaßstäbe:
(1) |
Börsenpreis, |
(2) |
Marktpreis und |
(3) |
beizulegender Wert. |
Rn. 273
Stand: EL 30 – ET: 5/2020
Bereits beim Börsen- oder Marktpreis handelt es sich um Ausprägungen des beizulegenden Werts (vgl. Haufe HGB-Komm. (2019), § 253, Rn. 282). Da sich die Bewertungsgenauigkeit der o. g. drei Wertmaßstäbe jedoch mit absteigender Reihenfolge reduziert, ist ein aktueller und valider Börsenpreis vorzugsweise der Bewertung zugrunde zu legen. Existiert kein Börsenpreis, ist auf den nächstbesten Wertmaßstab, den Marktpreis, zurückzugreifen. Als aktueller Stichtagswert gilt nach § 253 Abs. 4 Satz 1 allerdings nicht der Börsen- oder Marktpreis unmittelbar, sondern der Wert, der sich aus dem Börsen- oder Marktpreis am Abschlussstichtag "ergibt". Dem Wortlaut folgend ist damit nicht der Börsen- oder Marktpreis am BilSt als solcher relevant, sondern ein insbesondere um Transaktionskosten modifizierter Börsen- oder Marktpreis. Diese Transaktionskosten wirken sich bei einer beschaffungsmarktorientierten Bewertung erhöhend und bei einer absatzmarktorientierten Bewertung mindernd aus (vgl. Haufe HGB-Komm. (2019), § 253, Rn. 281).
Rn. 274
Stand: EL 30 – ET: 5/2020
Sind weder Börsen- noch Marktpreise verfügbar, ist der beizulegende Wert ganz allg. maßgeblich, d. h., die verbleibenden Ausprägungen des beizulegenden Werts sind zu ermitteln (vgl. auch HdR-E, HGB § 253, Rn. 282ff.).
bb) Ableitung aus dem Börsenpreis
Rn. 275
Stand: EL 30 – ET: 5/2020
Unter dem Börsenpreis ist der Kurs zu verstehen, der an einer regulierten Börse zum BilSt festgestellt wird, sofern es zu Umsätzen am entsprechenden Marktplatz gekommen ist (vgl. WP-HB (2019), Rn. F 187). Dabei können sowohl Kurse an inländischen als auch an ausländischen Börsen wertrelevant sein (vgl. ADS (1995), § 253, Rn. 504f.).
Rn. 276
Stand: EL 30 – ET: 5/2020
Bei der Festlegung des Börsenpreises ist zunächst auf den Kurs abzustellen, der sich am Hauptmarkt gebildet hat. Der Hauptmarkt ist der Markt, an dem die zu bewertenden VG (z. B. Waren, Wertpapiere) primär gekauft oder verkauft werden (vgl. ADS (1995), § 253, Rn. 505). Sofern der Kurs einer ausländischen Börse herangezogen wird, hat eine Umrechnung in die inländische Währung zu erfolgen. Als Umrechnungskurs kommt analog § 256a Satz 1 insbesondere der Devisenkassamittelkurs am BilSt infrage.
Rn. 277
Stand: EL 30 – ET: 5/2020
Fraglich ist, ob der Kurs, den freie Makler i. R.d. geregelten Freiverkehrs ermitteln, als "B...