Dr. Tobias Brembt, Dr. Katrin Rausch
I. Ausschluss eines Prüfers wegen Anteilsbesitzes sowie sonstiger finanzieller Interessen am zu prüfenden Unternehmen gemäß § 319 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1
1. Allgemeiner Ausschlusstatbestand
Rn. 68
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Nach Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 ist ein WP oder vBP von der AP einer KapG ausgeschlossen, wenn er
(1) |
Anteile oder |
(2) |
andere nicht nur unwesentliche finanzielle Interessen |
an der zu prüfenden KapG hält. Weiterhin führt eine indirekte Beteiligung an der zu prüfenden KapG über ein verbundenes UN sowie eine Beteiligung des WP an einer Gesellschaft, die an der zu prüfenden KapG beteiligt ist, zur gesetzlichen Befangenheit des WP. Aufgrund der jeweiligen Verweise sind der Anteilsbesitz und die finanziellen Interessen, die zum Ausschluss als AP führen, für die Bestellung zum AP auch dann schädlich, wenn sie von folgenden Personen gehalten werden:
Zudem ist der Ausschlusstatbestand im Fall von WPG nicht nur von bestimmten Funktionsträgern der WPG (vgl. HdR-E, HGB § 319, Rn. 79), sondern gleichermaßen auch bezüglich der entsprechenden Anwendung auf den KA-Prüfer (vgl. HdR-E, HGB § 319, Rn. 80ff.) zu beachten. Durch diese Vorschrift soll verhindert werden, dass sich aus dem Prüfungsurteil finanzielle Konsequenzen für den AP selbst ergäben, die ihn in seinem Urteil unsachgemäß beeinflussen könnten (vgl. BT-Drs. 10/317, S. 96). Weiterhin wäre es im Fall eines wesentlichen Anteilsbesitzes auch nicht mit einer unabhängigen AP vereinbar, wenn betreffender AP als Gesellschafter die Geschäftsführung beeinflussen könnte sowie bei seiner eigenen Wahl zum AP mitwirken dürfte (vgl. bereits Hönle (1978), S. 141ff.). Fernerhin bestünde bei handelbaren Anteilen die Gefahr, dass der AP sich aus der Prüfung gewonnene Insiderinformationen für spekulative Zwecke zunutze machen könnte.
Rn. 69
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Als Anteile sind Beteiligungen am gezeichneten Kap. einer KapG zu verstehen (vgl. Beck Bil-Komm. (2022), § 319 HGB, Rn. 38). Dies sind bei einer AG und SE solche Aktien, die Anteile am Grundkap. begründen. Der Begriff des Anteils umfasst sämtliche Aktiengattungen einschließlich stimmrechtsloser Vorzugsaktien. Bei einer GmbH sind Anteile solche Geschäftsanteile, die einen Anteil am Stammkap. der GmbH vermitteln. Als Anteile im Fall einer KGaA gelten die Aktien sowie die Kap.-Anteile des persönlich haftenden Gesellschafters. Für die Qualifikation als "Anteile" ist es unerheblich, ob die Einlage auf den Anteil eingefordert oder geleistet ist. Entgegen dem strengen Wortlaut der Vorschrift ("Anteile") ist der Ausschlusstatbestand bereits erfüllt, wenn nur ein Anteil durch den WP gehalten wird, da einerseits keine Wesentlichkeitsschwelle für den Anteilsbesitz in der Vorschrift erwähnt wird und andererseits z. B. bei einer GmbH ein Geschäftsanteil häufig schon einen hohen Anteil am Stammkap. repräsentiert.
Rn. 70
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Der Wortlaut der Vorschrift des Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 behandelt ausdrücklich "Anteile [...] an der zu prüfenden Kapitalgesellschaft" – allerdings können gemäß 264a Abs. 1 i. V. m. § 316 Abs. 1 auch Nicht-KapG bzw. haftungsprivilegierte PersG nach den Vorschriften des Dritten Buchs des HGB prüfungspflichtig sein. Damit der Zweck der Vorschrift auch für diese prüfungspflichtigen UN erfüllt werden kann, ist der Anteilsbegriff sinngemäß anzuwenden. Bei nach den Vorschriften des PublG prüfungspflichtigen PersG sind die Vorschriften zur Prüfung ohnehin sinngemäß anzuwenden (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 2 PublG). Dementsprechend ist der Begriff des Anteils bei Nicht-KapG i. S. v. Mitgliedschaftsrechten zu interpretieren, die im Unterschied zu KapG nicht zwangsläufig durch eine Kap.-Beteiligung repräsentiert werden (müssen). Daher sind bei Nicht-KapG auch die Beteiligung als unbeschränkt haftender Gesellschafter sowie Kommanditist unter den Anteilsbegriff zu subsumieren.
Rn. 71
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Fraglich ist, ob bestimmte Instrumente der mezzaninen Finanzierung, wie stille Gesellschaften und Genussrechte, die auch bei der bilanziellen Zuordnung zum EK bzw. FK problematisch sein können, als Anteile zu qualifizieren sind. Stille Gesellschaften und Genussrechte stellen keine gesellschaftsrechtliche Mitgliedschaft an der zu prüfenden Gesellschaft dar und fallen daher grds. nicht unter den Begriff der Anteile (vgl. HdR-E, HGB § 319, Rn. 69ff.), sondern verkörpern vielmehr sonstige finanzielle Interessen, deren Inhaber bezüglich der emittierenden Gesellschaft nur dann als AP ausgeschlossen sind, wenn diese sonstigen finanziellen Interessen nicht unwesentlich sind (vgl. HdR-E, HGB § 319, Rn. 77f.). Allerdings würde der Zweck der Vorschrift umgangen, wenn vergleichbar ausgestattete Finanzinstrumente in einem Fall in jeder Höhe zum Ausschluss des WP führten und im anderen Fall nur, wenn die Höhe nicht unwesentlich ist. Daher sind stille ...